7. Januar 2008 | Home / Lokalsport / Sport in Wuppertal / Handball/TV Beyeröhde: Denkwürdige Aufholjagd
SPORT in WUPPERTAL
Handball/TV Beyeröhde: Denkwürdige Aufholjagd
Bundesliga: Nach einem 8:17 zur Pause siegt der TV Beyeröhde gegen Buxtehude mit 29:26.
Birute Stellbrink sorgte am Sonntag mit ihren Toren für ein kleines Beyeröhder Handball-Wunder. (Foto: Andreas Fischer)
Wuppertal. In all dem Jubel, der von den 600 Besuchern auf die Beyeröhderinnen nach ihrem 29:26 (8:17)-Erfolg herunter prasselte, hörte man immer wieder den Satz: „So etwas habe ich noch nicht erlebt“.
Kurioser kann ein Spiel nicht verlaufen, unterschiedlicher können zwei Halbzeiten nicht sein als am Sonntag in der Sporthalle Heckinghausen, wo der TV Beyeröhde seinen zweiten Bundesligasieg landete und nun noch ein Fünkchen Hoffnung auf den Klassenerhalt zum Glimmen gebracht hat.
Wäre Beyeröhdes Trainer Dieter Trippen ein Box-Coach gewesen, so hätte man ihm in der ersten Halbzeit, als seine hoffnungslos unterlegenen Spielerinnen mit elf Treffern im Rückstand lagen, raten müssen, das Handtuch zu werfen. 8:17 zur Pause, ein Desaster drohte.
Doch dann kehrte eine „andere“ Mannschaft aufs Feld zurück: Birute Stellbrink, die im ersten Durchgang ein Tor erzielte, aber wie ihre desolaten Mitspielerinnen ansonsten durch erschreckende Harmlosigkeit auffiel, explodierte förmlich, riss die Mannschaft mit, und das Unfassbare geschah: Treffer um Treffer wurde aufgeholt, und die Gäste schienen gar nicht zu begreifen, dass ihnen der sicher geglaubte Erfolg wie Sand durch die Finger rann.
25:20 führte Buxtehude in der 48. Minute, als Trippen Inge Roelofs nach 18 minütiger Denkpause wieder ins Tor stellte, und die schien wie „neugeboren“. Sie meisterte auch die härtesten Schüsse, parierte zwei Siebenmeter und gab ihrer Mannschaft noch den letzten „Kick“, der fünf Minuten vor Schluss durch Stella Kramer zum umjubelten Ausgleich führte.
Und während Roelofs noch einige Superparaden zeigte, überwanden Stellbrink und Anna Disselhoff die starke Debbie Klijn im Buxtehuder Tor zum 29:26-Endstand. Der Beyeröhder Sieg verblüfft um so mehr, weil mit Steffi Bergmann (Fußverletzung) und Bianca Trumpf (Beckenverletzung) zwei Stammspielerinnen ins Krankenhaus gebracht werden mussten (genaue Diagnosen stehen noch aus).
Die alte Boxer-Weisheit „angeschlagene Gegner sind die gefährlichsten“ hatte sich bewahrheitet. In Buxtehude kann man jetzt ein Lied davon singen.
Statistik
Ergebnis 29:26 (8:17)
TV Beyeröhde Roelofs, Herrmann (31.- 48.), Kramer (2), Disselhoff(2), Wysinski, Stellbrink (13/3), Karger (1), Nückel (2), Held (5/3), Hanke (1), Trumpf (3), Bergmann.
Buxtehuder SV Klijn, van Holten (bei 2 Siebenmetern), Vogt (6), Kotenko (3), Wode, Neumann (2), Karsten (3), Harms (1), Schulz (1), Henze (5), Lamein (1), Jensen, Stapelfeldt, Nagel (4/3).
Zuschauer 600
Schiedsrichter Biaesch/Sattler
Siebenmeter 8/6 : 5/3
Zeitstrafen 2 Min : 12 Min
Spielfilm 1:0 (1.), 1:7 (14.), 4:15 (23.), 6:17 (27.), 8:17 (30.), 8:18 (31.), 12:18 (36.), 15:20 (38.), 17:20 (43.), 18:23 (46.), 21:26 (49.), 26:26 (55.), 29:26 (60.).
Stimmen: Aus „Lämmern“ wurden plötzlich „Tigerinnen“
Weder Dieter Trippen (41) noch sein Co-Trainer Stephan Bender (36), die beide am Sonntag Geburtstag hatten, dürften je ein so ungewöhnliches Geschenk bekommen haben wie den 29:26-Sieg über Buxtehude. Nach dem niederschmetternden 8:17 zur Pause, begleitet von einer ebensolchen Leistung, hatte Trippen seinen Schützlingen in der Kabine erklärt: „Wenn wir uns so abschlachten lassen, habe ich überhaupt keine Lust, am 16. Januar nach Nürnberg zu fahren.“
Wohl wissend, dass gegen den deutschen Meister ein noch schlimmeres Desaster drohen würde. Während dessen herrschte in der Halle allgemeines Bedauern darüber, dass dem Tabellenletzten der Rest einer „solchen“ Saison nicht erspart bleiben würde.
Doch dann kam alles anders: Die WSV-Torjäger Mahir Saglik und Tobias Damm, die neben Oberbürgermeister Peter Jung Zeugen des 8:17 gewesen waren, rieben sich verwundert die Augen, als aus „Lämmern“ plötzlich „Tigerinnen“ wurden.
„Wir haben im ersten Spiel des neuen Jahres ein deutliches Lebenszeichen gegeben“, sagte Trippen und bescheinigte seiner Mannschaft eine unglaubliche Leistungssteigerung. „So eine Freude. Das habe ich noch nicht erlebt“, meinte Spielerin Birute Stellbrink, die im zweiten Durchgang zwölf Treffer erzielte. „Ich kann es gar nicht fassen“, so Steffi Wysinski.
Buxtehudes knorriger Trainer Wolfgang Pötzsch knurrte nur: „Wer solche Spiele noch aus der Hand gibt, der hat in der deutschen Endrunde nichts zu suchen.“
07.01.2008
Von Friedemann Bräuer