Zumindest die "schwammig" formulierten Regelungen dienen dem Schutz des Spiels an sich. Kein Mensch ist fehlerfrei. Und so macht auch auf und neben dem Spielfeld jeder Fehler. Nur darf nicht jeder Fehler dazu führen, dass das Spielergebnis angefochten werden kann. Mit einer Präzisierung würde man aber genau das erreichen.
Dient es dem Schutz des Spiels oder eher dem Schutz der Schiedsrichter? Eine der wenigen klaren Formulierungen in den Richtlinien zur Durchführung des Videobeweises lautet: "Einsprüche gegen die Anforderung des Videobeweises und die durch die Schiedsrichter oder den Delegierten getroffenen Tatsachenentscheidung sind unzulässig." Ich persönliche habe zwar Zweifel, dass dieser Satz im Gesamtkontext der Handballregeln einer sportrechtlichen Überprüfung standhalten würde, aber solange dies keiner juristisch hinterfragt, gilt dieser Passus und somit ist die Sorge um anfechtbare Spielergebnisse kein valides Argument gegen eine bessere und präzisere Formulierung der Richtlinien.
Alle am Spiel Beteiligten sind "nur" Menschen und Fehler können und dürfen passieren! Aber ich bin der Meinung, dass wenn die Entscheidung in Ruhe und anhand der wiederholten Betrachtung von Kamerabildern aus verschiedenen Blickwinkeln und in verschiedenen Geschwindigkeiten getroffen werden können, dann muss auch ein höherer Anspruch an die Qualität der Schiedsrichterentscheidungen gestellt werden dürfen als bei einer direkten Entscheidung aus dem Spielgeschehen hinaus.
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Ich stimme aber dahingehend zu, dass der Videobeweis gefühlt zu oft bemüht wird. Andererseits verstehe ich dann auch wieder die Schiedsrichter, denn dank der Kameras und Aufzeichnung der Spiele kann heute jede Szene im Nachhinein bis zum Erbrechen analysiert werden, was dann auch die Schiedsrichter wieder in einem schlechten Licht dastehen lässt, wenn sie Dinge nicht erkennen.
Ich habe volles Verständnis dafür, dass zwei Schiedsrichter nicht im Stande sein können beim schnellen, modernen Handball immer alle Spielsituationen vollständig im Blick haben und nicht alle Entscheidungen objektiv richtig treffen können. Ich persönlich finde es viel schlimmer und für die Außendarstellung vernichtender, wenn Schiedsrichter auf Basis des Videobeweises falsche Entscheidungen treffen (und das sehen wir leider an jedem HBL-Spieltag) als wenn sie aus dem laufenden Spiel heraus Spielsituationen falsch beurteilen. Letzteres ist schlicht menschlich, aber ersteres lässt mich an der Qualität und Eignung zweifeln.
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Ein bisschen Verzerrung kommt dazu, wenn die TV-Sender dann nach Abschluss des Videobeweises das perfekte Bild der Szene aus dem Hut zaubern, was den Schiedsrichtern eventuell nicht zur Verfügung stand. Da sitzen halt Profis im Ü-Wagen oder irgendwo, die den ganzen Tag nichts anderes machen als Videos zu schneiden. Und im Gegensatz zum Fußball, wo der VAR auch Minuten später noch eingreifen kann, müssen die Schiedsrichter hier schnell und vor allem selbst zu einem Ergebnis kommen.
Auch das ist nur Ausdruck der mangelnden Schulung seitens der HBL bzw. des DHB! Ja, der Videobeweis ist eine neue technische Herausforderung für die Schiedsrichter, aber es war seit der Einführung mehr als ausreichend Zeit den Umgang mit dieser Technik ausreichend zu schulen und zu üben! Es gibt je nach Spiel zwischen vier und 7 Kameras, die zum Einsatz kommen. Die Positionen der Kameras sind vor Spielbeginn bekannt und die Schiedsrichter können sich vor Spielbeginn in aller Ruhe damit befassen, welche Blickwinkel ihnen bei dem Spiel zur Verfügung stehen werden. In der Regel kommen 3 bis 5 Kameraperspektiven pro Spielhälfte in Frage. In der konkreten Situation haben zwei Schiedsrichter ihre jeweiligen Wahrnehmungen aus zwei diametralen Blickrichtungen, die sie direkt auf dem Spielfeld miteinander abgleichen können. Sind sie sich dann unsicher, müssten sie eigentlich schon beim Gang zum Monitor besprechen, welche Perspektive ihnen fehlt und dann sollte die Auswahl der richtigen Bilder möglich sein. Wenn der Assistent im Übertragungswagen das in derselben Zeit wiederholt besser hinbekommt, dann ist offensichtlich die Herangehensweise der HBL falsch und den "überforderten" Schiedsrichtern muss technisch versierteres Personal an die Seite gestellt werde.
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Es ist auch wenig hilfreich, wenn die TV-Kommentatoren keine Ahnung von den Regeln haben und eigene Entscheidungen treffen, die dann von denen der Schiedsrichter abweichen. Da ist oft zu viel Sensationsgeilheit dabei.
In diesem Punkt stimme ich Dir uneingeschränkt zu. Auch die von DYN in sozialen Netzwerken verbreiteten Videoschnipsel zu vermeintlichen Fehlentscheidungen zeugen regelmäßig von fehlenden Regelkenntnissen.