Es gab zum Zeitpunkt der Endspiele nur noch einen Verband. Der DHV wurde am 02.10.1990 (also mitten in der Saion) aufgelöst, die ehemalige DDR-Oberliga wurde unter dem Namen "1.Liga Ost" vom DHB zu Ende ausgetragen, genau wie der vormalige FDGB-Pokal, der dann einfach nur noch "Pokal (Ost)" hieß.
Trotzdem zählt man (jedenfalls ich) die 91er-Titel getrennt, weil es sich eben um zwei verschiedene Wettbewerbe handelte. Den einen hat Gummersbach gewonnen, den anderen Magdeburg. Es gibt ja mit TuSEM Essen und HC Preußen auch zwei Pokalsieger in diesem Jahr. Man müte dem SCM auch einen Meistertitel abziehen, wenn man anders verfahren würde. Das würde dann Empor zum alleinigen Rekordmeister der DDR machen (so ganz streng genommen sind sie das ja auch, denn die DDR existierte beim zehnten SCM-Titel ja nun wirklich nicht mehr). Aber man zählt Titel aber ja in der Regel nicht nach Staaten, sondern nach Verbänden oder Wettbewerben. Obwohl der Verband der DDR nicht mehr existierte, glaube ich, daß man hier aufgrund der erkennbaren Kontinuität der Wettbewerbe nach Wettbewerb zählen muß, also Bundesliga und ehemalige Oberliga getrennt.
Man weiß auch nicht, ob der DHB tatsächlich den SCM als Deutschen Meister 1991 zählen würde, wenn die Magdeburger das Finale gewonnen hätten. Ich denke, daß eher nicht, da der VfL ja den üblichen DHB-Wettbewerb zur Ermittlung des Deutschen Meisters (eben die Bundesliga) zweifelsfrei gewonnen hat. Die Regularien können auch nichts anderes vorgesehen haben, weil zu Saisonbeginn der Zeitpunkt des Beitritts noch nicht feststand (erst Ende August beschlossen), und während der Saison sind sie ja nicht veränderlich.
Dieses "Gesamtdeutsche Finale" wurde also nachträglich situationsbedingt angesetzt und hatte vor allem kosmetische Zwecke. Es wurde darüber noch nicht mal ein EC-Teilnehmer für 91/92 bestimmt, denn die stellte von vornherein nur die Bundesliga (es gab auch nur drei Regelplätze). Woran man auch schon sieht, welchen Stellenwert die ehemalige Oberliga am Ende für den DHB hatte - es ging nur noch darum, diese Liga administrativ einigermaßen ordentlich abzuwickeln, zumal der sportliche Wert ja durch die enorme Westwanderung auch sehr gelitten hatte, wie man an den Tabellen der Folgesaison ja deutlich ablesen kann.
In der zeitgenössischen Berichterstattung (Handballwoche) liest man denn auch vor allem von "Prestigeduellen", wenngleich Gummersbach dort auch als "Erster gesamtdeutscher Meister" betrachtet wird. Für eine wirkliche "gesamtdeutsche" Meisterschaft ist aber aus meiner Sicht auch ein einheitlicher Wettbewerb nötig, und den gab es erst ab der Folgesaison 1991/92.