Was ist denn die Alternative? In der Champions-League könnten wieder weniger Mannschaften aus einem Land antreten, also nur der Titelträger. Nur dann hast Du in den ersten Runden genau das, was den EHF-Cup bzw. den Pokalsieger-Cup so uninteressant macht: Du hast Ergebnisse der zweiten Garnitur von Kiel, Ciudad Real oder Montpellier gegen Underdogs mit letztlich +30 Toren Differenz, im Gesamtergebnis. Und bis zum Halbfinale hast Du nur bei Lospech mal ein Knaller-Spiel dabei, nur damit am Ende dann die Mannschaften aus Deutschland, Spanien, Frankreich und wahlweise Kroatien, Dänemark oder Russland die Halbfinalteilnehmer stellen. Wo ist da die Spannung?
Und der EHF-Cup sähe ziemlich exakt genauso aus, der Pokalsieger-Wettbewerb vermutlich auch. In 50 % der Fälle wird man ein Endspiel haben zwischen Deutschland und Spanien, wie 2007. Und das ist dann auf Augenhöhe. Aber man hat halt deutlich weniger Statisten als jetzt, was seinerseits die Wettbewerbe in den einzelnen Ländern auch wieder weniger attraktiv macht, wenn insgesamt weniger Mannschaften mitspielen.
Die Dominanz der spanischen Mannschaften in der Spitze bzw. der deutschen Mannschaften in der Breite ist eben gegeben. Wenn man das ändern will, müsste man die spanische bzw. deutsche Liga ändern, so dass die Leistungsdichte nicht mehr gegeben ist, gerade in Deutschland. Wieso schafft es denn Großwallstadt als 10. der Bundesliga erst den THW Kiel in fremder Halle zu besiegen und dann noch ins Halbfinale des EHF-Cup einzuziehen? Da ist doch das Problem. Wenn man in Deutschland eine möglichst starke Liga haben will, um diese spannend zu halten, muss man halt damit rechnen, dass sich die Teams auch international durchsetzen. Zumal ich diese Dominanz nur teilweise sehe. Es gab ja in vergangenen Spielzeiten auch genug Beispiele, als deutsche Mannschaften sogar kläglich gescheitert sind gegen sogenannte "Underdogs". Insofern sehe ich das nicht so krass wie Du.
Es muß ja nicht gleich wieder der Landesmeister-Cup wieder eingeführt werden. Aber ich finde, es reicht auch wenn zwei Mannschaften aus einem Land pro Wettbewerb starten. Wenn der Cup Winners' Cup beibehalten wird (was ja noch nicht raus ist), wären das dann je fünf für Deutschland und Spanien, sonst vier. Das ist doch genug. Daß das deutsche Liga-Mittelfeld den meisten Spitzenteams anderer Länder überlegen ist, weiß ich auch. Daran wird sich aber unter den gegebenen Voraussetzungen auch nicht viel ändern können - es sei denn man lässt anderen bessere Zugangschancen zu den Fleischtöpfen, sprich in die späteren EC-Runden, wo sie auch etwas Geld verdienen können, zumindest in der CHL. Diese Zugangschancen können sich zum Beispiel dadurch verbessern, daß nicht gleich acht deutsche Teams ins Rennen gehen. Die regulären sechs finde ich auch schon zu viel. Es sollte so sein, daß die Zugangsrate pro Land vor allem in der CHL auf zwei gedeckelt wird. Das Gruppensystem und die anschließende Setzliste tragen ja außerdem noch dazu bei, daß "Pokal-Überraschungen" so gut wie ausgeschlossen sind und "Kleinere" nicht mehr vorankommen.
So kommen wir immer mehr an ein "geschlossenes System", in dem sich an dem Punkt, wo der Wettbewerb (auch finanziell) interessant wird, immer die selben Teams einfinden werden, bzw. sind wir ja schon da - in dieser Saison sind sieben Mannschaften im CHL-Viertelfinale, die auch im letzten Jahr schon dort waren. Nur Flensburg ist statt Veszprém neu dabei. Ich finde die Situation mit vier Teams aus einem Land im Viertelfinale eines Wettbewerbs schon extrem, und wenn es dieses Jahr ein 100 oder 75% deutsches Final Four gibt, dann kann es das auch in den kommenden Jahren geben. Das fördert weder den Wettbewerb, weil die "Kleineren" so niemals aufschließen werden, noch die Attraktivität, denn irgendwann wird es - vor allem für die "Unbeteiligten" einfach langweilig. Ich hatte das Beispiel Feldhandball schon angeführt, wo man am Ende Schwierigkeiten hatte, genügend Mannschaften für eine Weltmeisterschaft (!) zu finden, weil die beiden deutschen Mannschaften sich sowieso nur gegenseitig schlagen konnten (1963 zum Beispiel hat man einen Haufen deutscher Emigranten als "Team USA" gecastet, um das Feld voll zu kriegen).
Hallenhandball hat sich vor allem deswegen durchgesetzt, weil es nicht einseitig dominiert war. Genau diese Dominanz zieht wieder herauf und ist ja auch in einem so haarfein austarierten Filtersystem wie der Champions League nicht zu vermeiden. Daß 45 der 51 möglichen Titel in den drei "großen" Wettbewerben nach Deutschland und Spanien gingen, seit die EHF die Europapokalwettbewerbe veranstaltet (ab Saison 1993/94) ist sicher kein Zufall. Im Schnitt gewinnt alle drei Jahre einmal ein Team aus einem anderen Land einen(!) der drei Töpfe. Aus Sicht der deutschen und spanischen Mannschaften zumindest finde ich, daß diese Inflation von Euopacuptiteln dem einzelnen Titel auch das Prestige raubt. In der Bundesliga sind die Mannschaften, die noch nie einen Europapokal gewonnen haben, mittlerweile ja schon in der Unterzahl (im Moment 10:8). Spannend ist das alles im Moment jedenfalls aus meiner Sicht eher nicht. Am Ende wird schon Kiel oder CR oder Hamburg oben stehen und mindestens zwei Silbertöpfe gehen nach Deutschland. Einbrechen in dieses System kann man höchstens mit einer Schatulle wie der von Herrn Nielsen - AGK wird wohl künftig Mannheim in den Top 8 ersetzen. Im Großen und Ganzen kann man den Ausgang schon im September recht sicher voraussehen und damit steht in Frage, ob man künftig, wenn es denn so bleiben soll nicht gleich mit dem Viertelfinale unter direktem Ausschluß der 48 schlechtplatziertesten Länder* im EHF-Ranking startet...
* Achtung, Polemik...