Erstens bin ich jedenfalls noch nie auf die Platte gerannt, wenn ich nicht selber Spieler war. Zweitens hast Du, wie ich glaube, das Problem nicht als solches erfasst. Es ist nicht normal, wenn Zuschauer den Innenraum stürmen, auch wenn es woanders auch passiert. Das rechtfertigt doch nichts. Wenn mein Nachbar morgen anfinge, auf der Straße mit Bengalos um sich zu werfen und von links kommende Passanten zu verprügeln, dann würde ich mich doch nicht daneben stellen und die von rechts kommenden Passanten verprügeln, "weil das andere ja auch machen und damit angefangen haben". Ich würde mich auch nicht ins Fenster legen und dem applaudieren. Ich würde auch nicht sagen, daß die Passanten ja selber schuld wären, weil sie ja wissen müssten was passiert, wenn sie durch unsere Straße gehen. Sondern ich würde den anzeigen und alles daran setzen, daß dieser Typ aus dem Verkehr gezogen wird.
Es ist auch nicht normal, mitten in einer Menschenmenge Gegenstände anzuzünden und bengalische Feuer abzubrennen. Es ist noch viel weniger normal, brennende Gegenstände umher zu werfen. Auf der Straße oder auf dem Marktplatz genausowenig wie in einem Fußballstadion. Daß das in den letzten ca. zehn Jahren so eingerissen ist, weil die Vereine bisher nicht konsequent genug dagegen vorgehen, heißt noch lange nicht, daß es in Kauf zu nehmen wäre, weil man "ja weiß, worauf man sich einlässt, wenn man da hingeht". Ich kann mich noch an die Anfangstage der Bengalos Anfang der Neunziger Jahre erinnern, wo Leute, die damit erwischt wurden von Ordnern und Polizei an den Schultern aus dem Stadion geschliffen wurden. Und so muß es auch sein. Der Mob darf nicht die Regeln machen.
Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob es sich dabei um Berliner, Düsseldorfer, Kölner, Dortmunder, Kieler, Hannoveraner oder Timbuktuaner handelt. Wer im Fanblock neben mir steht und randaliert, gehört nicht zu meiner Gruppe, egal ob der das gleiche Trikot anhat wie ich. Wer das im Block gegenüber macht, gehört ebenfalls nicht zur gegnerischen Fangruppe. Diese Randalierer gehören alle zur selben dritten Gruppe, der Gruppe der sich asozial verhaltenden Gefährder. Egal, welches Trikot oder welchen Schal sie tragen, das ist der gleiche Haufen, die stehen nur zufällig nicht nebeneinander und die haben allesamt nichts im Stadion verloren.
Denn warum sollte es sich mit den grundlegenden Regeln des zwischenmenschlichen Zusammenlebens ausgerechnet in einem Fußballstadion anders verhalten als im normalen Leben? Gerade in einem Fußballstadion, wo sich viele Menschen, insbesondere auch viele Kinder, die eigentlich nur "ihre Stars" bewundern wollen, auf engem Raum aufhalten sollte man sich eigentlich besonders rücksichtsvoll verhalten. Und was hat Feuer legen, brennende Gegenstände werfen oder während einer Veranstaltung die Bühne (den Platz) stürmen mit Freude, Feiern oder Leidenschaft zu tun? Nichts. Absolut nichts.
Ich habe in meinem Leben geschätzt rund 250 Erst- und Zweitligaspiele besucht, auch oft auswärts oder als Neutraler. Was sich in den letzten zehn Jahren entwickelt hat, hält mich aber mittlerweile schon seit Jahren davon ab, weiterhin Fußballspiele zu besuchen, weil ich auf diesen Mist überhaupt keine Lust habe.