Drehen wir es doch mal um: Welches kleine Team hat es denn im alten Format in den letzten Jahren mal weit gebracht? Richtig, keines. Von daher ändert sich im Prinzip nichts, nur wird es unübesichtlicher.
Das "alte" Format war ja auch schon elitär und bot den Kleineren keine realistischen Chancen auf Weiterkommen oder sogar Teilnahme an sich. Die Gruppenphase ist schon mit vier Mannschaften der Tod der Kleinen und das Grundübel in einem Europapokal, weil sie einen unverhältnismäßig starken Filtereffekt zu Ungunsten der kleineren Länder bewirkt. Je größer die Gruppe, desto stärker dieser Effekt. Und weil das schon seit über zehn Jahren so ist, entwickelt sich auch kein "Kleiner" mehr zu einem Mittleren und kein Mittlerer zu einem Großen. Die Kleinen werden klein gehalten. Dazu kommt, daß der Wettbewerb insgesamt viel zu umfangreich ist. Die EHF macht ihre Europapokale mittlerweile als Hauptwettbewerb des Jahres auf, so daß der eigentlich Hauptwettbewerb eines Jahres - die nationale Meisterschaft - langsam zu einem Qualifikationswettbewerb für das verkommt, das an sich nur eine Zusatzveranstaltung (v.a. im Bezug auf die Termingestaltung) sein sollte. Die Gewichtung ist völlig verschoben.
Das neue Format verstärkt diesen Effekt noch weiter und die Kriterien nach denen nun die Teilnehmer ausgewählt werden sollen sorgen dafür, daß die Großen sich endgültig abschotten. Dieser Wettbewerb hat schon seit Jahren keine Durchlässigkeit und ist nur eine auf Kommerz ausgerichtete Veranstaltung für eine Handvoll etablierter Vereine aus den größeren Handballnationen. Das widerspricht meiner Meinung nach dem Gedanken eines Europapokalwettbewerbs, der eigentlich allen Mitgliedsländern mit gleichem Recht die gleichen Möglichkeit zur internationalen Repräsentation neben den eigentlichen (den jeweiligen nationalen) Hauptwettbewerben der Saison bieten sollte. Diese Verhältnisse zu schaffen, wäre Aufgabe der EHF. Ein Sekt- und Schampusevent für eine Handvoll Auserwählte auf die Beine zu stellen, ist es nicht. Sowas kann man außerhalb der regulären Wettbewerbe zur Bespaßung im Sommer machen. Der Verband interpretiert seine Rolle hier fehl und betätigt sich derzeit als Eventveranstalter und -vermarkter, was er nicht ist. Wie abgehoben die EHF im Bezug auf die CHL mittlerweile ist, zeigt sich ja daran, den Wettbewerb hierzulande ins Pay TV abgeschoben zu haben, wo er wiederum nur von der Handvoll Menschen gesehen werden kann, die bereit sind knapp 500 Euronen TV-Gebühr im Jahr zusätzlich zu bezahlen um Sport im Fernsehen zu sehen. Gedanklich ist das durchaus kongruent - die breite Masse soll draußen bleiben, sportlich wie am Schirm.
Dann ist da der Effekt der vollkommenen Vorhersehbarkeit. Ich kann wie wahrscheinlich jeder hier jetzt schon prophezeien, daß sich das Final Four 2016 mindestens zu 3/4 aus dem Kreis Kiel, Flensburg, Barcelona, Vezsprém, Kielce, Paris rekrutieren wird. Gewinnen wird mit 80% Wahrscheinlichkeit wieder Barcelona oder Kiel. Seit 26 Auflagen gab es kein Finale mehr ohne spanischen oder deutschen Club. Wie spannend ist das denn noch? (... dafür zahle ich persönlich bestimmt keine zusätzliche TV-Gebühr)
Das Hauptproblem ist aber die fehlende Durchlässigkeit und der daraus folgende Effekt der Verfestigung dieser (eintönigen) sportlichen Verhältnisse. Es mag ja sein, daß Flensburg gegen Granollers derzeit das attraktivere Spiel für sky-Kunden ist als Riihimäki gegen Hasselt, aber darum geht es bei einem Europapokal nun mal nicht. Und Letzteres wäre eine Paarung, die in einem Landesmeisterwettbewerb in der nächsten Saison etwas zu suchen hätte, die andere dagegen nicht. Wenn den Kleineren durch ein durchlässiges System (-> kurze bis möglichst keine Gruppenphasen, freies Losen, viel höhere finanzielle Partizipation) mehr Chancen geboten würden, es weiter zu bringen und gleichzeitig die größeren Länder auf Normalmaß gestutzt werden (-> ein Teilnehmer pro Land und Wettbewerb), so daß nicht jährlich die selben Teams das Geschehen unter sich ausmachen, sondern sich ein Achtelfinale auch wirklich aus Teilnehmern aus sechzehn Ländern zusammensetzen würde, dann könnte sich auch außerhalb der Ranglisten-Top 6 ein Interesse an dem Wettbewerb und damit auch ein größeres Interesse an dem Spiel an sich entwickeln und somit mittel- bis langfristig auch stärkere Mannschaften aus anderen Ländern hervorbringen. Das geht natürlich mit einer Umverteilung der Einnahmen einher und wird auch nicht in zwei bis fünf Jahren funktionieren sondern benötigt eher zehn bis zwanzig Jahre Zeit. Aber solange Vereine aus Ländern wie Niederlande, Belgien, Finnland, Tschechien, Italien etc. nur als Lückenfüller für Gruppenspiele oder gleich gar nicht beteiligen dürfen, wird sich in diesen Ländern auch weiterhin kein Mensch (damit auch kein Sponsor) für Handball interessieren. Der EHF scheint das recht zu sein so lange in Köln der Schampus fließt, und da sehe ich eben einen handgemachten Fehler im System, der leider immer weiter perfektioniert wird.