Fragt sich aber halt, ob das Verhältnis noch stimmt. Und ob es wirklich so viel Sinn macht, daß sich die Sache immer mehr um das Geld dreht. Ich sehe eher eine grundsätzliche Problematik in der Ausbildung des Vollprofitums, das erst dazu führt, daß so viel Geldbedarf existiert.
Es ist ja so, daß sportlich eh schon nur noch 8-10 Teams in Europa faktisch auf einem Level spielen. Dann kommt erstmal nichts, dann der Rest, wieder mit Abstufungen.
In der Bundesliga verhält es sich nicht anders. Die CL-Teilnehmer sind mit zunehmender Häufigkeit auch immer die selben. Heißt, auch hier wird die Schere noch größer.
Das Kernproblem ist eigentlich die Vollprofessionalisierung, die in den letzten ca. zehn Jahren eingesetzt hat, die ohne diese Einnahmen kaum durchzuhalten ist. Eine Folge sind die vielen Pleiten derjenigen Vereine, die nicht den Finger im Topf haben, weil diese gezwungen sind, die volle Professionalisierung ebenfalls mitzugehen, diese aber schlicht nicht bezahlen können.
Wenn man die Halb-Profi-Zeit etwa bis 1998 oder 1999 ansetzt, so gab es in der Bundesliga bis dahin genau zwei Pleiten in 33 Jahren: 1983 Hannover und 1998 Rheinhausen, wo der Hauptsponsor in Konkurs gegangen ist, das also noch nichtmal direkt dem Verein anzulasten war.
Seither gab es Pleiten oder Lizenzentzüge nur in der 1.Liga bei Niederwürzbach, Schutterwald, Delitzsch, Pfullingen, Essen, Wallau, nochmal Essen, Stralsund, Nordhorn. Gummersbach und Hamburg waren eigentlich auch schon "reif". Also elf Pleiten in zehn Jahren, und in der 2.Liga waren es noch mehr, die ich jetzt keine Lust habe zu zählen.
Handball ist eben objektiv betrachtet immer noch eine Randsportart und hat zudem lange nicht die soziokulturelle Bindewirkung wie Fußball, wo (skandalöserweise!) Städte und Gemeinden im Zweifelsfall Millionenbeträge (aus Steuern) reinpumpen, um selbst den örtlichen Viertligisten zu retten oder zu fördern. 300 Profis in einer Liga müssen aber ja irgendwie bezahlt werden. Das funktioniert offensichtlich nur dort, wo ein entsprechendes Sponsorenumfeld und/oder eben solche Zusatzeinnahmen vorhanden sind, also im urbanen Raum mit entsprechendem Werbemarkt, das Ganze muß außerdem mit sportlichen Erfolg verbunden sein, damit sich genügend Interessierte finden, die als Empfänger der Werbebotschaften in Frage kommen.
Das funktioniert "auf dem Dorf" nicht mehr. Alle, die kein urbanes Umfeld im Rücken haben und nicht direkt von solchen Zusatzeinnahmen wie CL-Prämien partizipieren, geraten fast zwangsläufig ins Schwimmen, weil die Einnahmenseite in den letzten Jahren bei Weitem nicht so stark angestiegen ist wie die Ausgabenseite. Größere Hallen gibt es ebenfalls nur in den großen Städten, diese sind zudem teurer. Die Verdoppelung des Zuschauerschnitts in den letzen zehn Jahren betrifft ebenfalls quasi nur die Großclubs und reicht zudem noch lange nicht aus.
Profihandball funktioniert also nur unter bestimmten Bedingungen, mit einem urbanen Umfeld, in dem genügend ausreichend potente Sponsoren gewonnen werden können, und auch nur dann längerfristig, wenn entsprechender sportlicher Erfolg da ist. Insofern ist die Einführung der eingleisigen 2.Bundesliga nur konsequent, weil sich weniger Dorf- und Kleinstadtclubs in diese Sphären verirren werden und gar nicht erst in die Versuchung kommen, vollprofessionelle Strukturen aufbauen zu wollen (wohin das führt, kann man in Willstätt und anderen Orten ja sehr schön beobachten).
Aber der ganze Vorgang führt eben auch dazu, daß sich nur sehr wenige Vereine wirklich im Profihandball dauerhaft einrichten können. Das gilt für die meisten anderen Länder wahrscheinlich noch viel mehr als für Deutschland. Die singulären Verdienstmöglichkeiten in der Champions League befeuern diesen Vorgang und beschleunigen das Wachstum der Lücke.
Es sollte also grundsätzlich mal darüber nachgedacht werden, ob der ganze Prozess der laufenden Vollprofessionalisierung dieses Sports überhaupt sinnvoll ist, oder ob er am Ende nicht den Sport kaputt macht, weil sich nur noch eine vergleichsweisige winzige Elite finanziell behaupten kann, während der Rest schon fast gezwungenermaßen zum Amateur- oder Halbprofisport zurückkehrt. Welche Auswirkungen das sportlich hätte (die ja zum Teil schon zu beobachten sind), kann sich ja jeder ausmalen. Und das wiederum führt auch zu abnehmendem Interesse bei Zuschauern, Medien usw., denn schon Seppl Herberger wusste: "Die Leute kommen deshalb ins Stadion, weil sie vorher nicht wissen, wie's hinterher ausgeht."
Gute Nacht.