So, also mal wieder Zeit für etwas grundsätzliche Kritik.
Der Fehler im System ist das hier häufig genannte Wörtchen "Gehalt". Es zeigt sich auch (und besonders) an diesem Beispiel, daß Handball für Voll-Profitum nicht geeignet ist.
Die SG war eine der ersten (die erste?) selbständigen Gesellschaften in der Bundesliga, hat also noch nicht mal einen Hauptverein "durchzuschleppen".
Selbst dieser Club, der jahrelang an der nationalen und internationalen Spitze mitspielt und über eine moderne und annehmbar große Halle verfügt, ist nicht mehr in der Lage, die Kostenexplosion, die das Voll-Profitum mit sich bringt, durchzuhalten, wenn ein, zwei Sponsoren ausfallen.
Das zeigt meiner Ansicht nach (wieder einmal) deutlich, daß die Gehaltsblase derzeit (schon seit Jahren) viel zu heftig aufgeblasen ist und daß die zugehörige Schraube völlig überdreht ist. Und das ist ein hausgemachtes Problem, weil es von kurzsichtigem Wirtschaften zeugt (Das gilt nicht nur für die SG, sondern allgemein). Man kann nur ausgeben, was man hat. Dieser Grundsatz kann in der Bundesliga bei vielen Vereinen schon gar nicht mehr funktionieren, so lange sie Gehälter in der derzeitigen Größenordnung zahlen.
Jahresetats von über 5 Mio. Euro (5,2 Mio. lt. SG-Homepage) müssen eben erst mal eingefahren werden. Das geht kaum mit einem Zuschauerschnitt von 6.000 (Ligaweit nur knapp 5.000) und einem bescheidenen Betrag aus TV-Geldern. Die Merch-Einnahmen, die ein Bundesligist erzielen kann, dürften im Verhältnis zu seiner Ausgabenstruktur ebenfalls eher bescheiden sein.
Kurz: Die meisten Vereine sind überhaupt nicht in der Lage, sich selber finanziell zu tragen und geben grundsätzlich mehr aus als sie einnehmen. Lediglich das Vorhandensein von potenten (und willigen) Sponsoren oder Mäzenen (-> Hamburg, Mannheim) sichert die wirtschaftliche Existenz. Die Bundesliga lebt zu großen Teilen auf Pump und hangelt sich von Monatsende zu Monatsende, das ist ja alles leider nichts Neues mehr.
Der Schritt, jetzt an die Gehälter zu gehen, die den weitaus dicksten Etatposten ausmachen dürften, ist ein vernünftiger Schritt in die grundsätzlich richtige Richtung. Leider wird er kaum nachhaltig sein. Sobald wieder flüssiges Kapital da ist, wird man sich auf Ausgleiche für diese "Einbußen" einigen und wieder rausblasen, was geht. So lange, bis nichts mehr geht, wie gehabt.
Man wird sich langsam die Frage stellen, ob man wirklich so weiter machen will.
Auf der einen Seite gebiert sich die Liga als vollkommen unprofessionelle Veranstaltung ohne übergreifendes Konzept (Anwurfzeiten, TV-Zeiten, andauernde Lizenzierungsblamagen, s.u.), auf der anderen Seite werden Menschen horrende Gehälter (nicht im Vergleich zu Ballack & Co., sondern im Vergleich zur normalschaffenden Bevölkerung) hinterhergeworfen, bloß damit sie Handball spielen - also das machen, was die meisten von uns in ihrer Freizeit tun, manchmal sogar mit ähnlich hohem Aufwand an Zeit und Einsatz.
Das Grundproblem an der Sache ist nicht die Neidfrage, sondern daß der Profihandballer an sich - im Gegensatz zum Fußball - die in ihn getätigten Investitionen nicht wieder reinbringt, da kann er sich so lang machen wie er will. Es kann überhaupt nicht gehen, so lange Handball Randsportart ist - und Handball IST Randsportart, selbst wenn es vielleicht der Ballsport Nr. 2 in Deutschland ist. Die Dominanz des Fußballs ist so erdrückend, daß auch die Nummer zwei nur mehr Randsportart sein kann.
Dazu kommt ergänzend, daß die Bundesliga außerhalb der Szene (wo sie ein negatives hat) überhaupt kein Image besitzt ("Pleiteliga" lassen wir jetzt mal außen vor), weil die HBL es seit Jahren nicht schafft, sich öffentlich irgendwie so zu positionieren, daß man sie wahrnimmt. Außer natürlich ihre Skandälchen, Skandale, vermeintlichen Skandale und die souveränen Versuche, selbige schnellstmöglich unter den Teppich zu kriegen.
Diese Veranstaltung hat es bis heute nicht geschafft, wenigstens eine einheitliche Anfangszeit für ihre Spiele einzuführen. Woran natürlich auch Projekte wie die regelmäßige TV-Sendung scheitern. Anstatt nun wenigstens die 13.30-Eulenspiegelei des DFB auszunutzen und den jetzt freien Termin am Sonntag nachmittag schleunigst exklusiv zu besetzen, kleckert sich der Spielplan immer noch tröpchenweise zusammen, weil man im Dorf A angeblich lieber um 17.45, im Dorf B aber lieber um 19.30 zum Handball geht, und natürlich weil der liebe TV-Partner sich nun sogar zwei Spiele pro Woche raussuchen darf, die man dann schön Dienstag und Mittwoch abends parallel zu den beiden UEFA-Veranstaltungen senden kann. Daß man in der deutschen (TV-)Sportlandschaft nach Möglichkeit dem Fußball nicht nach Kräften Konkurrenz machen, sondern ihm tunlichst ausweichen muß, um irgendeine Aufmerksamkeit (-> Sponsoren, Interesse, Zuschauerzuspruch...) zu erhalten, hat sich bis Dortmund scheinbar noch nicht so richtig rumgesprochen. Stattdessen versucht man andauernd, zu ihm in Konkurrenz zu treten oder Konzepte aus Übersee zu kopieren, die hierzulande nicht funktionieren.
Alles in allem bleibt zu sagen, daß die Liga zwei Kuren dringend nötig hat. Das Eine ist eine neue Gesamtkonzeption, die die eigene Größe und Bedeutung in der deutschen Sportlandschaft realistisch einschätzt und mit geeigneten strukturellen Maßnahmen eine langfristige (!) Verbesserung sucht. Auch wenn langfristige Veränderungen meistens auch lange dauern. Der schnelle Erfolg wird nicht kommen. Darauf zu warten oder zu drängen ist vergebens.
Das Andere ist die Abkehr vom Voll-Profitum. Mit ein paar handverlesenen Ausnahmen (eine davon ist seit heute keine mehr) verfügen die Liga und ihre Vereine schlicht nicht über die Strukturen, um die horrenden Kosten zu tragen. Kredite und Mäzene helfen, kurzfristig Schwächen zu verschleiern, aber auf lange Sicht kann kaum ein Verein das durchhalten. Anstatt die Kosten weiter hochzutreiben und dann das restliche Jahr fieberhaft nach Geldquellen zur Deckung der dringendsten Verbindlichkeiten zu jagen, sollte man besser die Grundkosten deutlich senken, um mit den - bei vernünftigerem Wirtschaften ja eigentlich im angemessenen Rahmen - zur Verfügung stehenden Mitteln auszukommen. Die Umkehr ist möglich, sie ist nötig - und sie ist eilig.