THW als Retorte wegen des Zusammenschlusses von Hassee und Winterbek, weil sich 1904 ein Turnverein nur für einen Stadtteil nicht gelohnt hat? Ich glaube die Überlegung kann man sich getrost ersparen. 
Ich glaube es ging ALF mehr um sein Kriterium "Umzug in eine größere Stadt". Schließlich spielt der Verein ja nicht mehr in Hassee und Winterbek und die gehörten 1904 auch noch nicht zu Kiel. Wobei das natürlich eine recht arg enge Auslegung wäre
(Zumal der Verein ja nichts für die Eingemeindung kann. Daß Hamborn 07 häufig als Verein aus dem "Duisburger Norden" bezeichnet wird ärgert mich auch - obwohl es technisch stimmt - weil der Verein nun mal nichts dafür kann, daß sich Duisburg im Lauf des letzten Jahrhunderts alle seine früheren Nachbarstädte einverleibt und damit marginalisiert hat)
Warum die Füchse in ALFs Liste nicht auftauchen erschließt sich mir übrigens auch nicht. Hier ist weder eine Spielgemeinschaft noch Umzug oder Umgründung oder sonst etwas Merkwürdiges der Fall. Es ist exakt der selbe Verein, der schon seit sechs Jahrzehnten den (West-)Berliner Handball mitprägt, lediglich vor kurzem einmal umbenannt.
Sponsoring gehört natürlich heute dazu. Insofern kann man Wenigen einen Vorwurf machen. Hinter Eisenach stand früher auch das Werk (auch wenn die Förderung dadurch immer noch nicht lange so gut war wie bei den SC). Freilich gibt es Fälle wie den TuS, wo ein einzelner Mäzen die Hauptrolle spielt. Das ist überhaupt ein schönes Beispiel, weil Nettelstedt ja quasi das handballerische Äquivalent zu Hoffenheim ist. Aber ist ein Verein, der - zwar mit massiver finanzieller Unterstützung die andere zum gleichen Zeitpunkt nicht genießend - den Aufstieg von der Kreisliga in die Bundesliga schneller als gewöhnlich schafft, darum gleich ein Retortenclub? Ich glaube, das ist etwas anderes. Ich nenne Hoffenheim immer den "Fußball-Manager-Spieler-Traum". Es ist etwas völlig anderes als ein einfach so in die Landschaft gepflanztes Konstrukt wie RB, das noch nicht mal einen Verein im herkömllichen Sinne darstellt. Nettelstedt und Hoffenheim haben nämlich auch Geschichte vor ihrem Kometenaufstieg. Ebenso beispielsweise der VfL Wolfsburg, der jahrzehntelang in der Amateur-Oberliga rumdümpelte und ein riesiges Breitensportangebot unterhält (und übrigens eine gewaltige Handballtradition inklusive eines Deutschen Meistertitels* aufzuweisen hat). Vom immer als erstes angeführten, aber völlig unpassenden Beispiel Bayer Leverkusen ganz abgesehen.
Aber auch übliche Spielgemeinschaften sind nach meiner Ansicht etwas anderes als "Retorte". In der Regel gibt es ja einen größeren Partner, der einen kleineren mitnimmt. Aus verschiedenen Gründen, meistens aus wirtschaftlichen Nöten. Aber dabei lösen sich ja die Trägervereine nicht auf, sondern bringen lediglich ihre Mannschaft/en für einen undefinierten Zeitabschnitt in eine Spielgemeinschaft ein. Die "Tradition" eines Vereins beginnt ja nie mit der Gründung einer SG, sondern diese ist immer nur ein zeitlicher Abschnitt innerhalb des Traditionsstranges. Die HSG Wetzlar nur auf die HSG-Zeit zu reduzieren ist also per se zu kurz gedacht. Man muß die Geschichte des TSV Dutenhofen mitberücksichtigen, dessen Traditionsstrang gegenwärtig die HSG verkörpert (aber eben nur gegenwärtig, niemand weiß wie lange noch). Die SG Flensburg-Handewitt etwa als "Retorte" zu bezeichnen (hatten wir schon mal vor einiger Zeit an anderer Stelle) wäre ein grandioser Witz. Die SG ist die derzeitige Erscheinungsform der Handballabteilungen von Handewitter SV und TSB Flensburg, und Letzterer ist - bis 1973 in Form seines Vorgängervereins Flensburger TB - seit Anbeginn des Hallenspielbetriebs in Deutschland in den vorderen Spielklassen zu finden. Von Retorte ist hier - wie bei den meisten anderen SG - also überhaupt nichts zu sehen.
Fusionen scheiden dazu meiner Ansicht nach von vornherein aus der Diskussion aus, weil es kaum einen größeren Verein in Deutschland gibt, der nicht irgendwann aus einer Fusion hervorgegangen oder andere Vereine geschluckt hat, wie zum Beispiel die die fraglos jedweils als Traditionsverein zu bezeichnenden Fußballgrößen Hamburger SV [3 Vorläufer], FC Schalke 04 [Ausgründung aus dem Schalker Turnverein], FC Bayern München [war zeitweilig eine Abteilung des Münchner SC], Borussia Dortmund [4 Vorläufer], 1.FC Köln [Fusionsprodukt aus Kölner BC und SpVgg Sülz] oder 1.FC Kaiserslautern [insgesamt acht Vorläufervereine, davon mehrere selbst aus Fusionen hervorgegangen]. Die wenigsten Sportvereine bestehen unverändert seit Gründung. Zum Beispiel sind so gut wie alle der zigtausenden TSV, TuS, TuSpo, TuRa, SuS u.ä. Zusammenschlüsse vorher einzelner (oder im Rahmen der Reinlichen Scheidung abgespaltener) Sportvereine mit Turnvereinen (Sport und Turnen waren ja ursprünglich sich einander ausschließende Tätigkeiten). Wenn alle Fusionsvereine Retortenclubs wären, dann wäre das ganze Land voll davon.
Ergo, es ist recht schwierig, genau zu bestimmen was die Retorte ausmacht. Meiner Meinung nach bedarf es dazu vor allem der Umgehung des vorgesehenen sportlichen Weges. Einen Verein oder ein Produkt einfach so in eine höherklassige Spielklasse zu pflanzen, wie das beim HSV Handball (die Retorte kam hier durch den Umzug nach Hamburg und das völlige Abwerfen der Bindung nach Schwartau zustande) oder bei RB Leipzig (durch die Übernahme der Spielrechte vom SSV Markranstädt) ist Retorte. Insofern der SC Magdeburg freilich auch unter dieses Kriterium fiele, da er nach seiner Gründung gleich in die höchste Spielklasse eingeordnet wurde (bzw die Mannschaft der BSG Motor Mitte übernahm, die in Halle und Feld in der höchsten Liga spielte). Da es sich dabei aber um einen sportpolitischen Vorgang handelte - und die DDR-Sportclubs ja alle sozusagen aus der Staatsretorte kamen - kann man das natürlich nicht über einen Kamm scheren.
Einen Verein - auch massiv - auf seinem Weg nach oben finanziell zu unterstützen, ist es nicht unbedingt. Es sei denn dieser Verein besteht eigentlich nur aus dem Grund, die jeweilige Marke zu transportieren (was bei RB der Fall ist, bei Bayer Leverkusen beispielsweise aber nicht). Ob die Abhängigkeit von einem einzelnen Mäzen oder Sponsor dabei für den Verein selbst gut ist (siehe Dormagen), ist eine andere Frage. Eine SG oder eine Fusion zwischen mehreren auf sportlichem Weg durch die Spielklassen gestiegenen Vereinen ist es erst recht nicht. Insofern würde meine Liste viel umfangreicher ausfallen als ALFs.
Die Aufnahme Bayern Münchens und/oder Borussia Dortmunds in die HBL aus Marketinggründen würde ich für die Mutter aller Retorten halten. Wenn der FCB in der HBL spielen will, soll er dahin aufsteigen. In fünf Jahren kann das erledigt sein. Nettelstedt hat es ja vorgemacht.
* Deutscher Meister im Feldhandball 1963 und Finalteilnehmer 1958