Schweden-Trio warf 75 Prozent der WHV-Tore
Zweitligist erzwang vor 2050 Zuschauern verdientes 24:24 (10:12) gegen TV Emsdetten
Johan Andersson gelang in letzter Sekunde der Ausgleich. 27 Paraden wurden für Torhüter Holger Eilts notiert.
Von Martin Münzberger
Ältere Handball-Freunde werden sich vielleicht noch an eine RTL-Sendung namens "Tutti Frutti" erinnern. Ein paar Euro-Nackedeis tanzten da Anfang der 90er-Jahre durch das Spätabendprogramm, und ab und an vergab Moderator Hugo Egon Balder nach Gründen, die auch ihm selber schleierhaft gewesen sein dürften, zur Freude von zwei Kandidaten ein paar Länderpunkte. Der Rest freute sich darüber, dass ein paar freche Früchtchen ihre Hüllen fallen ließen. So weit, so schlecht.
Am Sonnabend in der Nordfrost-Arena dürften sich 2050 Zuschauer einig gewesen sein: Den Länderpunkt beim 24:24 (10:12) in der
2. Handball-Bundesliga Nord zwischen dem Wilhelmshavener HV und dem TV Emsdetten sicherte sich Schweden. 18 der 24 Treffer - mithin satte 75 Prozent aller Tore - gingen auf das Tre-Konor-Konto der Herren Johan Andersson (9/3), Lasse Arvidsson (7) und Gustaf Samuelsson (2).
Retter des dritten Heim-
Unentschiedens dieser Saison nach dem 30:30 gegen Dessau und dem 27:27 gegen Ahlen war Linkshänder Andersson. In der Schlusssekunde verwandelte der 25-
Jährige einen Gewaltwurf zum Ausgleich (siehe auch: Der fiel uns auf), obwohl eigentlich schon alles für die Rolle "tragischer Held" bereitet war.
Denn 45 Sekunden vor dem Ende - beim Stand von 23:23 - schloss der Schwede einen WHV-Angriff völlig unvorbereitet ab. Die Zuschauer hatten kaum kollektiv verzweifelt aufgestöhnt, da erzielte TVE-Mittelmann Kennie Boysen bereits das 23:24 - nachdem die Gäste bereits 4:1 (6.), 10:8 (26.), 13:10 (32.) und 20:18 (46.) geführt hatten. Der Blick auf die Uhr (59:32 Minuten) machte klar: Jetzt ist nicht mehr viel Zeit.
Die allerdings nahmen sich die Gastgeber. Trainer Klaus-Dieter Petersen bat zur Auszeit, damit sich der weitgehend verletzt zuschauende Kapitän Christian Köhrmann (Leistenprobleme) als zusätzlicher Spieler ein Leibchen überziehen konnte, um Torhüter Holger Eilts zu ersetzen.
Der Rest war Zittern und der Versuch der Zuschauer, vermittels peripheren Sehens gleichzeitig das Spielfeld und die Hallenuhr im Blick zu haben.
Als die schließlich exakt die 60. Minute anzeigte, war auch ein Tor zu ergänzen. Johan Andersson hatte freundlicherweise gerade noch rechtzeitig die Ansage seines Trainers umgesetzt. Petersen: "Johan sollte werfen. Allerdings nicht so spät."
Auf der Gegenseite offenbarte der beste Gästetorschütze Stefan Thünemann (7 Tore), dass beim TVE reichlich "Alarm" herrschte. "Wir wollten ein Anspiel an den Kreis vermeiden, eine Zwei- Minuten-Strafe - und eigentlich auch einen Wurf aus dem Rückraum. Aber irgendwie hatte keiner damit gerechnet, dass der WHV den Ball bis zur letzten Sekunde durchreicht. Das war Wahnsinn."
Das dürfte auch für die Statistik von WHV-Torhüter Holger Eilts gelten. Der 25-Jährige kam am Ende, so Hallensprecher Stephan Reiners, auf 27 Paraden, wurde dabei aber auch vom Emsdettener Rückraum manchmal regelrecht warm geschossen. Cordes, Boysen, Mijak - diese Achse verbreitete mit ihren sieben Treffern nicht gerade Angst und Schrecken. Vom Kreis (Thünemann) und über den Top-Torschützen, Rechtsaußen Eelco Weevers (jeweils sieben Treffer), kamen die Gäste dagegen regelmäßig zu Toren.
Auf der Gegenseite musste der WHV-Trainer das Personalkarussell kräftig anschieben, denn Johan Krause (halblinks) und Fabian Hesslein (rechts) fanden überhaupt nicht ins Spiel. Während der eingewechselte Renato Rui (Petersen: "Er ist nach zwei guten Spielen in ein tiefes Loch gefallen") blass blieb, biss sich Krause später durch und erzielte unter anderem das umjubelte 22:20 (53.).
Knapp an einer Hauptrolle (und an einem Länderpunkt) schrammte schließlich Bastian Rutschmann vorbei. In der 54. Minute (22:21) hielt der WHV-Keeper bei seinem einzigen Einsatz einen Siebenmeter von Eelco Weevers, doch die Vorlage konnten seine Kollegen nicht nutzen. Vielleicht aber hatten die ja auch Angst vor der potenziellen finalen Freude des extrovertierten Keepers, der bei seinem Rückwechsel dermaßen enthusiastisch auf Holger Eilts einhieb, dass "Rutsche" sich förmlich als Kandidat für ein aktuelles TV-Format anbot: "Schlag den Raab".
Quelle: Wilhelmshavener Zeitung vom 30.3.2009