Dicht gedrängt sitzen die Handballbegeisterten in der Heinrich-Beck-Halle. Die Zuschauer verschwinden unter Roten und Weißen Pappkartons. Die Stimmung kocht fast über. Genau das ist es was wir am Handball so lieben: Diese Derbystimmung. Leutershausen empfängt den TV Großsachen und verliert nach einem spannenden Spiel 26:27 (13:12).
Auch wenn die SGL zunächst etwas nervös wirkte, konnte sie die ersten Treffer auf ihr Konto schreiben. Die Gastgeber lagen zwar immer in Führung, schafften es aber auch nicht sich mit mehr als drei Zählern abzusetzen. Durch einen wurffreudigen und treffsicheren Mathias Rohr behielten die Roten immer Oberwasser.
Mit nur noch einem Tor Vorsprung startete die zweite Spielhälfte. Die Gäste erzielten den Ausgleichtreffer und konnten in der 40. Spielminute (16:17) schließlich in Führung gehen. Ein überragender Ianos Liviu im Tor der SGL verhinderte schlimmeres. Doch der Siegeswille war nicht gebrochen, immer wieder gelang der SG der Ausgleich. Fabian Müller konnte durch seine Treffer seine Mannschaft sogar noch mal in Führung bringen. Neue Hoffnung keimte auf und die Spannung hatte ihren Höhepunkt erreicht. Das Publikum wurde immer lauter. Doch nochmals wurde vom TVG das Blatt gewendet. Die letzte Minute läuft bereits (26:27) und der Gast im Ballbesitz. Durch solide Abwehrarbeit konnte Leutershausen den Ball gewinnen und vergab die Chance zum Ausgleich leichtfertig. Am Ende mussten sich die Jungs von Hölger Löhr dann doch geschlagen geben – vielleicht wäre ein Unentschieden für beide gerecht gewesen.
26:27 stand noch lange auf der Anzeigetafel und bei vielen Handballgesprächen und Fachsimpeleien in und um die Halle wurde noch lange über das Spiel gesprochen.
SGL: Rohr 10/1; F. Müler 4; Ph. Müller 4; Kuch 3; Seel 2; Gunst 1/1; Nakai 1; Patzwaldt 1.
TVG: Kohl 7; Wetzel 6; F. Sauer 4/3; Otterbeck 3; D. Sauer 3/1; Wallenwein 2; Gergely 1; von Babka 1.
Stenogramm: 2:0; 3:1; 4:3; 6:5; 8:6; 10:8; 11:9; 12:10; 13:12; 13:13; 14:13; 15:15; 17:17; 17:18; 19:19; 20:19; 22:22; 23:25; 25:27; 26:27.
Schiedsrichter: Philip Dinges, Thorsten Kübeck; Eggenstein-Leopoldshafen.
Zuschauer: 1200 ausverkauft!
Bessere Schlussphase entscheidet für TVG
(AT) Etwas glücklich, aber letztlich nicht unverdient ging der Sieg im ersten Hirschberger Handball-Ortsderby an den TVG Großsachsen. In der mit 1200 Zuschauern ausverkauften Heinrich-Beck-Halle musste die gastgebende SG Leutershausen eine bittere 26:27 (13:12)-Niederlage zum Saisonauftakt der Baden-Württemberg-Oberliga hinnehmen.
Ausgerechnet dem überragenden SGL-Kapitän Matthias Rohr unterlief beim letzten Leutershausener Konter Sekunden vor dem Schlusspfiff ein Schrittfehler - Großsachsen bejubelte seinen Erfolg, der aufgrund der geschlosseneren Teamleistung so auch in Ordnung ging.
"Glückwunsch nach Großsachsen. Wir haben in unserer Angriffsarbeit zu viele Fehler gemacht und uns durch die Manndeckung an Matthias Rohr aus dem Konzept bringen lassen", nahm Leutershausens Trainer Holger Löhr sein Team in Schutz. "Ich muss meiner jungen Mannschaft ein Kompliment machen. Sie war sehr nervös, aber es hat sich gezeigt, welches Potenzial in ihr steckt. Wir werden hart arbeiten, um weiter zu kommen. "
Die beiden Mannschaft begegneten sich auf Augenhöhe - das machte den ganz besonderen Reiz dieses Derbys aus. Dass die Partie so ausgeglichen verlief, lag vor allem an den SGL-Akteuren Matthias Rohr und Liviu Ianos. Der Mannschaftskapitän erzielte acht seiner zehn Treffer im ersten Abschnitt, war erst nach einer Sonderbewachung der TVG-Abwehr in den Griff zu bekommen. Leutershausens Torwart Ianos zeigte, warum er in der letzten Saison noch in der Bundesliga das Tor hütete. Egal ob Siebenmeter, Gegenstoß oder Rückraumwurf - mit 21 Paraden hielt der 39-jährige, ehemalige rumänische Nationalkeeper die junge SGL-Truppe im Spiel.
Dem gegenüber stand eine ausgeglichene Mannschaftsleistung des TVG Großsachsen. Leutershausen führte zwar über weite Strecken der Partie, letztmals allerdings beim 22:21 (52.) durch Philipp Müller. Zwar konnten sich die Gäste über das gesamte Spiel nicht auf ihre Torhüter verlassen, doch die Abwehr selbst arbeitete so konsequent, dass man immer wieder zu Ballgewinnen kam. Diese nutzten der pfeilschnelle Marc Wetzel, Tobias Wallenwein, der auf der rechten Außenposition eines seiner besten Spiele im TVG-Dress machte und TVG-Kapitän Tobias Kohl, dessen präzisen Knaller selbst Liviu Ianos nur nachschauen konnte. Bestnoten verdiente sich zudem Felix Otterbeck. Der ehemalige Leutershausener Abwehrchef hielt zusammen mit Sven Rüffer nicht nur den Laden dicht, sondern riss seine Mitspieler auch im Angriff mit. Nach dem 23:24 (55.) gab Großsachsen seine Führung nicht mehr ab.
"Wenn wir die Torhüter heute ausgetauscht hätten, wäre das Spiel noch viel deutlicher für uns ausgefallen", zollte Großsachsens Trainer Michael Sahm nicht nur SGL-Keeper Liviu Ianos, sondern auch seinen Jungs Anerkennung. "Ich bin superstolz auf die Mannschaft, die gekämpft hat bis zum Schluss. Vielleicht wäre eine Punkteteilung gerechter gewesen, aber aufgrund der besseren zweiten Halbzeit ist unser Sieg nicht unverdient."
Einig waren sich nicht nur beide Trainer, sondern auch das Gros der 1200 Fans, einen tollen Handballabend erlebt zu haben. "Die ganze Woche über hörte man im Ort nichts anderes, das Derby zu Beginn der Punktspielrunde war perfekt", freute sich Klaus Eiberger, dessen zusammen mit Großsachsens Fritz Mayer durchgeführte Begrüßung in der Ungeduld der Fans unterging. Die Zuschauer waren heiß darauf, dass es endlich wieder losgeht. Nur schade, dass nach diesem denkwürdigen Handballereignis nun wieder der Alltag droht. SG Leutershausen: Ianos; Patzwaldt (2), Kuch (3), Gunst (1/1), Rohr (10/1), Seel (2), Geiling, Nakai (1), Rüffer, Ph. Müller (4), F. Müller (4), Fetzer TVG Großsachsen: Lawand (11. bis 48.), Fischer; Kokas (1), Otterbeck (3), Kohl (7), Schmitt, Kuhn, D. Sauer (3/1), Wetzel (6), Heid, Wallenwein (3), Döringer, F. Sauer (4/3) Siebenmeter: 4/2:7/4; Zeitstrafen: 4:8 Minuten
Alarmstufe Rot: Die Tradition ist in Gefahr
(AT) Die Schlacht ist geschlagen - Saase landet in Hause einen historischen Sieg. Den ersten in einem Punktspiel überhaupt.
Holger Nickert, Präsident des Badischen Handball-Verbandes, war zu Scherzen aufgelegt: "Die Punkte sind doch in Hirschberg geblieben!" Das kann nur einer sagen, der weder aus Großsachsen, noch aus Leutershausen kommt.
Ob die Aktiven auf dem Spielfeld die Parolen vor dem Ortsduell nachvollziehen konnten, sei dahingestellt. Schließlich läuft inzwischen eine Generation auf, die nicht mehr viel vom einstigen "Bürgerkrieg" weiß. Doch es gibt sie noch, die Einwohner, die gerne Geschichtsstunden erteilen und immer wieder mahnen, dass es nie eine Einheitsgemeinde geben kann. Zu unterschiedlich sind die Heisemer, die ihr Schloss haben und sich deshalb für die besseren Menschen halten, im Gegensatz zu den Großsaasemern, die aber so wirklich aus dem Dorf kommen.
Als - vor dem Krieg - beispielsweise Leutershausener in Großsachsen in der Hefefabrik einkaufen mussten, wurde ihnen von den Saasemer Burschen ebenso aufgelauert, wie im umgekehrten Fall, als sich Großsachsener über das Großsachsener Tor hinaus wagten nach Hause. Meistens ging es in solchen Fällen um "Bussiergeschäfte", da war es also unerwünscht, dass ein fremder Gockel auf dem Misthaufen krähte.
An diese Zeiten erinnerte sich der Freundeskreis des TV Großsachsen zurück, als er am Samstag mit 120 Personen den steinigen Weg von Großsachsen nach Leutershausen per Fußmarsch antrat. Quasi um die Gladiatoren auf dem Spielfeld nicht nur moralisch und lautstark, sondern auch physisch zu unterstützen.
Allzu anspruchsvoll war die Wegstrecke nicht, schließlich liegen beide Ortsteile doch gerade mal einen Kilometer voneinander getrennt. Selbst die einstige Ortsgrenze musste man suchen. Aber es kostet eben einfach Überwindung, diese zu überschreiten und so gab es den symbolischen Halt, an dem sich die TVG-Gruppe mit "Getränken und frischem Obst" für den Gang nach Hause stärken konnte. Nachdem die Schlachtgesänge nochmals geprobt wurden, ging es weiter in die Beck-Halle, wo der TVG-Tross von den 35 SGL-Ordnern mit Häme "Ihr misst glei greine" empfangen wurde.
Dass das Spiel dann, ohne besondere Vorkommnisse, außerordentlich fair verlief, war sicher ein historisches Versehen. Nicht auszudenken, was gewesen wäre, wenn sich die beiden Ortsrivalen die Punkte hätten teilen müssen! Denn wo kommen wir denn hin, wenn sich Saasemer und Heisemer vertragen, wenn sie gar nicht mehr wissen, warum sie keine Hirschberger sein wollen und was genau jetzt am anderen Ortsverein so unmöglich ist?
Egal, wichtig ist die Tradition - und die gilt es zu wahren, komme was da wolle. Und deshalb muss der SGL-Anhänger, der sich zu dem Ausspruch hinreißen ließ, dass es anhand der tollen Stimmung schade sei, dass Großsachsen in der Vergangenheit nicht auch in der 2. Bundesliga gespielt habe, ungenannt bleiben. Denn der müsste den Verein verlassen und könnte sich nicht mehr blicken lassen in Hause, das eigentlich das bessere Saase ist, oder war es umgekehrt?
Es herrscht also Alarmstufe Rot in Hirschberg, auch oder gerade weil die Punkte dort geblieben sind.
Weinheimer Nachrichten 10.09.2007