Meine Gedanken zur bevorstehenden Saison aus der Sicht des TBV. ist ein bisschen länger geworden. Wem das also zu viel Text ist, der möge einfach davon Abstand nehmen, ihn zu lesen. 
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Letzter Spieltag 2016/2017: Der TBV verscheucht im letzten Augenblick mit dem knappen Heimsieg gegen den VfL Gummersbach gerade noch rechtzeitig das Abstiegsgespenst. Der Beiratsvorsitzende H. Vogel wird kurz danach sinngemäß zitiert, dass in drei Jahren die Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb das Ziel sein sollte.
Mutig, dachte ich mir damals. Sehr mutig. Andererseits finde ich es angemessen, wenn sich ein Verein im Profi-Sport ehrgeizige Ziele setzte. Insbesondere gilt das für einen Verein, der in dem noch recht jungen Jahrtausend neben Siegen im Europa-Pokal auch nationale Titelgewinne (Pokal, Meisterschaft) vorweisen kann. So viele Vereine, auf die diese Beschreibung zutrifft, gibt es in der HBL nun auch wieder nicht, warum sollte man da diesen sicher ehrgeizigen Anspruch nicht haben dürfen? Als langjähriger TBV-Fan setze ich da gerne meine blau-weiße Brille auf und bin dabei.
Die Saison 2017/2018 verläuft geradezu tiefenentspannt. Größtes Ärgernis sind (zumindest für mich persönlich in meiner Eigenschaft als Traditionalist) absurde Anwurfzeiten, doch sportlich gelingt in der Abwehr ein Quantensprung, was nicht zuletzt auf geglückte Transfers zurückzuführen ist. Am Ende belegt man einen einstelligen Tabellenplatz, was unter anderem auch auf eine überschaubare Ausfallquote (Verletzungen, Sperren etc) zurückzuführen ist. Man kann und darf der Meinung sein (ich denke, hier fällt es auch Skeptikern schwer zu widersprechen): Der Abstand zu den europäischen Plätzen ist im Vergleich zum Vorjahr auf jeden Fall deutlich geringer geworden.
In der Saison 2018/2019 holpert es ein bisschen mehr. Nach dem Heimspiel im Oktober (oder November?) gegen Friesenheim mit einem recht schwer verdaulichem Unentschieden erscheint es kurzfristig sogar möglich, dass man in den Kampf gegen den Abstieg verwickelt wird, doch bis zur Winterpause gelingen noch einige gute Spiele und ausreichend Punktgewinne, um den Gedanken an den sportlichen Abstieg als schlechten Fiebertraum wieder auf die Halde des Vergessens zu deportieren. Der TBV holt gegen die letzten drei der Tabelle nur 5:7 Punkte, schlägt aber auch Berlin und Melsungen und gewinnt in Göppingen. Nicht unbedingt konstant, aber es ist unverkennbar, dass man nicht chancenlos ist gegen Mannschaften, die europäisch spielen/spielen wollen. Insgesamt ist festzustellen, dass in dieser Saison die Ausfallquote ungleich höher ist als in der Vorsaison. Am Ende fehlen praktisch zwei komplette Rückraumreihen (RL Carlsbogard & Lemke, RM Kogut & Suton, RR Bartok - und ob Guardiola nach seinem Ausfall noch [oder schon wieder?] das gleiche Wurfverhalten wie vor seiner Verletzungspause zeigt, mag jeder für sich selbst beantworten), und so verliert man die letzte Spieel mal mehr, mal weniger deutlich. Nicht schön, aber auch nicht ganz überraschend, wenn man mal genau hinsieht.
Insgesamt zeigt die Saison 2018/2019, dass die von Herbert Vogel angesprochene Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb keine Utopie ist, denn ein Verein wie der Bergische HC schafft es um ein Haar, sich als ein Aufsteiger für den Europopokal zu qualifizieren. Er spielt eine fast optimale Saison (sicher gibt es immer einzelne Spiele, wo noch mehr drin gewesen ist, aber ich glaube, der BHC 2018/19 ist vielleicht in etwa vergleichbar mit dem TBV 2017/18: da passte im Zweifel vieles zusammen, und im Zweifelsfall hatte man eher mal das Glück des Tüchtigen als das Unglück des Verdammten). Der TBV (an dieser Stelle setzt nun meine persönliche Logik bzw. Meinung ein, die manch einer teilt und manch einer nicht nachvollziehen kann) hat meiner Ansicht nach eine Mannschaft, die nicht signifikant schwächer ist als die des Bergischen HC.
Für mich bedeutet das: Bei optimalem Saisonverlauf und gleichzeitigem Schwächeln der Konkurrenz (wie in der letzten Saison z. B. bei Melsungen und Berlin) kann der TBV sich durchaus für einen Europapokal qualifizieren. (Hier muss ich allerdings anmerken, dass mit Ausnahme der beiden Aufsteiger Balingen und Nordhorn sowie Friesenheim und Stuttgart dies meiner Meinung nach auf so ziemlich alle übrigen Bundesliga-Vereine auch zutrifft). Für mich bedeutet das in Konsequenz aber auch, dass Herr Vogel nach dem vor zwei Jahren abgewendeten Abstieg ein zwar schwer, aber nicht unmöglich zu erreichendes Ziel formuliert hat. Daran gibt es aus meiner Sicht also nicht allzu viel zu kritisieren.
Jetzt kommt allerdings noch das aber: Zu einem optimalen Saisonverlauf gehört m. E. unter anderem eine überschaubare Ausfallquote, und an dieser Stelle begegnen wir sehr schnell dem Problem des TBV vor der Saison 2019/2020: die Ausfallquote wird nicht überschaubar sein. Die fünf Spieler, die Ende der letzten Saison nicht gespielt haben, haben auch in der jetzigen Vorbereitung noch nicht wieder getan. (Im Fall Suton ist das eher überraschend und zumindest für mich, der in der Handball-Diaspora Bielefeld lebend nicht immer alles mitkriegt, allmählich doch nachdenklich stimmend; in den anderen Fällen ist es leider nicht überraschend.) Cederholm wird laut Presse bei einem Vorbereitungsturnier geschont, Wyszomirski fällt vier Wochen aus (gut, das ist beim TBV ja eher eine Lappalie
).
Auf dem Mannschaftsfoto des TBV sehen wir 22 Spieler. Ganz schön viel, denkt man, doch ziehen wir 5 Verletzte und einen dritten Torhüter ab, sind wir gerade bei der 16er-Kadergröße. Die besten Torschützen der letzten Saison (LA Zieker, RA Hornke) haben den Verein verlassen, doch mein Eindruck ist, dass es auf den Außen auch in der nächsten Saison keinen Grund zu größerer Sorge geben wird. KM ist namentlich/personell unverändert (Ausnahme Engelhardt ist mit auf dem Mannschaftsfoto und hat seine eigene Rückennummer, was er sich m. E. redlich verdient hat und mich freut), eine Steigerung (z. B. bei der Abschlussquote) halte ich hier dennoch sowohl für erforderlich (gefühlt hatte der TBV letzte Saison überdurchschnittlich viele Fahrkarten von KM) als auch für realistisch.
Bleibt der Rückraum. Rechts hat man theoretisch Bundesliga-erfahrenes Personal. Guardiola ist offensiv in jeder Beziehung immer für eine Überraschung gut. Nach seiner Verletzungspause ist das gelegentlich auch eine gewisse Zurückhaltung beim Wurf. (Defensiv ist er für mich über so ziemlich jeden Zweifel erhaben und kann auch im Zentrum erfolgreich arbeiten). Cederholm hat, soweit ich gehört/gelesen habe, gelegentlich wegen Rückenbeschwerden in Minden nicht gespielt. Beim TBV scheint er in der Vorbereitung derzeit nicht viel zu spielen, wurde z. B. beim Spiel gegen Erlangen in Rot(h?)enburg geschont. Keine Ahnung, ob es da einen Zusammenhang gibt. Ich hoffe nicht, denn Bartoks Rückkehr (Knorpelschaden) ist wohl nicht in Sicht (Quelle: gewöhnlich gut informierte Kreise). Dahinter kommt Shawn Pauly von Gummersbach II, ggf. noch der junge Luxembuger, der für die „Zweite“ verpflichtet wurde. Beide kann ich nicht einschätzen.
Die Mitte: Kogut und Suton, das ist schon ein Duo (wobei viele der Meinung sind, mit Kogut auf RM und Suton auf RL ist der TBV auch bestens aufgestellt – kann man sicher so sehen!). Naja, wäre ein Duo. Koguts Ziel soll es sein, so berichtet es der Flurfunk, im Oktober wieder auf dem Spielfeld zu stehen. Suton? Sollte nach dem letzten mir bekannten öffentlichen Verlautbarungen eigentlich wieder im Training sein. Ist aktuell ein Fragezeichen. Lemke ist mit seinem zweiten Kreuzbandriss für dieses Kalenderjahr nach offizieller Darstellung keine Option, also haben wir Baijens (ggf. van Olphen) und den jungen Hangstein (ggf. Rose). Von Dani Baijens habe ich nach einem halben Jahr beim TBV immer noch keine klare Meinung. Licht und Schatten (in Form von Ballverlusten/Stürmerfouls) wechseln sich recht häufig ab. In der letzten Saison hatte ich gelegentlich den Eindruck, dass er dem von ihm angeschlagenem Tempo selbst noch nicht immer ganz folgt, doch er ist ein junger Spieler und vermutlich ist das Teil einer ganz normalen Entwicklung. Einem Betrachter wie mir fällt das vielleicht deswegen so auf, weil seine Spielanteile womöglich höher sind, als er selbst es sich bei seinem Wechsel von Flensburg nach Lemgo erhofft hat. Nun, und wenn Baijens ein junger, recht unerfahrener RM ist, gilt gleiches erst recht für Hangstein. Ob die Chance größer als das Risiko war, wird man zuverlässig, eigentlich wie immer, erst hinterher wissen.
Und dann haben wir RL. Carlsbogard (der sich in der vergangenen Saison formidabel und, von interessierten Laien wie mir, unerwartet im Innenblock entwickelt hat) wird vielleicht, wie man so hört, Oktober/November zurück sein. Suton? Hm, aktuell unklar. Lemke? Fällt auch aus. Van Olphen? Hat sich zuletzt sehr auf die Abwehr konzentriert. Schwer einzuschätzen. Gegen Wetzlar am ersten Spieltag kann man auf ihn hoffen, gegen die Hessen macht er gern mal =>6 Buden. Ansonsten hätten wir Baijens und den jungen Rose, für den ähnliches wie für Hangstein gilt.
Ich gehe seit weit mehr als 30 Jahren zum TBV. Ich kann mich nicht daran erinnern, vor einer Saison jemals so viele Ausfälle und Fragezeichen zur Kenntnis genommen zu haben. Für mich ergibt sich daraus, dass sich der TBV zu Saisonbeginn über jeden Punkt freuen sollte, um sich von der Abstiegszone fernzuhalten. Die Möglichkeit, in diesen hineingezogen zu werden, kann man aus meiner Sicht unter den gegebenen Umständen nicht ausschließen. Ich hoffe, dass Publikum zieht weiter so mit wie in der Rückrunde der Vorsaison, in der es erfreulicherweise in jedem Spiel >4.000 Zuhause gegeben hat. Die Vogel’sche Vision, um die Qualifikation für den Europapokal mitzuspielen, ist in diesem Jahr aus meiner Sicht eine Utopie. Vielleicht ein Jahr später, aber in diesem Jahr gilt es m. E. vor allem, das Schlimmste zu vermeiden und die jungen Spieler weiter zu entwickeln.