Also erstmal möchte ich allen HSV-Anhängern mein Mitgefühl aussprechen. Ich weiß noch sehr genau, wie es war, als wir in Gummersbach dachten, das letzte Spiel für immer unseres Vereins zu sehen. Das war schrecklich, deshalb kann ich nachempfinden, was ihr gerade unverschuldet durchmachen müsst. Das wünscht man niemandem. Wir alle hängen ja doch emotional an unseren Vereinen.
Stimme ich dir zu, auch habe ich zufällig ne Menge BWL gehabt. Es ist quasi ein Vorziehen von Zahlungen und man bekommt bzw. gewinnt Zeit diese vorgezogenen Zahlungen durch z.B. neue Sponsoren, Banken etc. später zu ersetzen., damit sie am Ende nicht fehlen.
Das wirft doch die Frage auf, ob die 4,1Mio.€ vom neuen Hauptsponsor kommen, ob die Zahlung eine Zahlung des Gesamtbetrages für mehrere Jahre ist, oder ob es sich hierbei um Boni, Sonderzahlungen etc. handelt. Im ersteren Fall wäre es genau wie von dir beschrieben, dass der HSV sich dann enorm anstrengen müsste, um in 1-2 Jahren die dann wieder entstehenden Liquiditätsengpässe durch neue Gelder aufzufangen. In letzterem Fall wäre der HSV tatsächlich für den Moment finanziell gesundet, wäre erstmal schuldenfrei und hätte mit dem Geld einen schönen Puffer, um in Ruhe die nächste Zeit anzugehen.
Ich halte diese Unterscheidung für nicht ganz unwesentlich.
Das ist eben die Geschichte mit der Interpretation, wenn wir nicht alles im exakten Wortlaut als Diskussionsgrundlage haben. Für mein Verständnis richtet sich der HSVH-Einspruch hinsichtlich der Verweigerung der Lizenz auf die Rechtmäßigkeit der Aufgabe einer Bedingung, nicht gegen das Strafmaß. Es wird die generelle Richtigkeit dieser Entscheidung infrage gestellt, nicht etwa eine Kompromisslösung gesucht. Denn wäre das so, würde man ja die Richtigkeit der Verweigerung in "erster Instanz" einräumen. Es stellen sich umso mehr Fragen, je weiter man in die Interpretation oder gar Spekulation einsteigt. Insofern halte ich mich mal an das, was ich rein subjektiv aus den ganzen Veröffentlichungen herauslese. Und da sagt die Stellungnahme des HSVH von heute eindeutig, "... die Bedingung in dieser Form zu stellen ...". Also wird grundsätzlich angezweifelt und nicht auf Verhandlungsspielräume abgezielt. Es bleibt also für mich dabei, dass es für die HBL (zumindest theoretisch) heiß werden könnte.
Dass sich der Einspruch gegen die Richtigkeit der Bedingung richtete, ist ja nun bekannt. Die Argumentation vorm Schiedsgericht dürfte sich um die eine Stunde bei Fristende drehen und um die Bestätigungen der Bank, die am Donnerstag eingereicht wurden, und die der HSV nun NACHTRÄGLICH als ausreichend bewertet haben will, obwohl sie es zu Fristende nicht waren.
Ich fasse nochmal kurz zusammen:
Fakt ist, der HSV hatte eine "erhebliche" (Statement HBL) Liquiditätslücke. Das bedeutet, dass absehbar war, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt in der nächsten Saison zahlungsunfähig gewesen wären, was in letzter Konsequenz die Insolvenz zur Folge hätte, dem es von der HBL im Lizensierungsverfahren ja eben vorzubeugen gilt. Sie haben tatsächlich ihre Lizenzunterlagen mit dieser selbst errechneten Liquiditätslücke bei der HBL eingereicht. Deshalb haben sie mit einer Bedingung gerechnet. Aber die erklärte "Absicht" des HSV, diese Gelder im Laufe der Zeit einzusammeln - auch wenn man schon mündliche Zusagen und vielleicht Absichtserklärungen hatte, kann und darf einer Lizensierungskommission nicht ausreichen. Die Konsequenz der Nichterfüllung mitten in der Saison und die dann folgende Insolvenz würde die HBL und das Lizensierungsverfahren as absurdum führen und die Liga erneut ins Chaos stürzen.
Dann hat die HBL einen konkreten Nachweis über die Gelder gefordert, was ich persönlich vollkommen richtig finde, und hat dafür eine scheinbar ausreichende Frist gesetzt, die nicht eingehalten wurde. Wenn ich in einer Klausur in meinem Studium damals erst eine Stunde nachher hätte nachweisen können, dass ich das notwendige Fachwissen gehabt hätte, hätte mich kein Professor der Welt nachträglich die Klausur bestehen lassen, vor allem nicht, wenn es sich dabei um eine Nachprüfung gehandelt hätte. Der Vergleich mit den Strafen beim Finanzamt zieht hier nicht, weil die Konsequenz einer verzögerten Zahlung nur eine Strafzahlung ist - beim Lizensierungsverfahren der HBL aber eben die Nichterteilung der Lizenz!
Wir - oder besser gesagt die HBL bzw. das Schiedsgericht - stehen jetzt vor einem riesen Dilemma. Auf der einen Seite gibt es da einen Verein, der scheinbar (das muss wahrscheinlich auch noch einmal eingehend geprüft werden) auf einmal wieder finanziell gesundet ist und der wirtschaftlich ausreichend stabil aufgestellt zu sein scheint, um in der HBL eine Lizenz erhalten zu können. Auf der anderen Seite gibt es da ein Lizensierungsverfahren, dessen zu erfüllende Inhalte sowie Fristen und Abläufe allen vorher bekannt waren - an das sich alle halten müssen - und durch dessen Apparat der HSV nun durchgefallen ist. Dabei spielt es erstmal keine Rolle, wie knapp es war.
Aber was nun? Wird und sollte Gnade vor Recht ergehen, weil der Verein, wenn auch zu spät, ja nun lizenzwürdig wäre? Weil als Konsequenz der Verein sonst vor dem Untergang stünde? Oder sollte man auf die gesetzten Bedingungen und Fristen bestehen, weil es bei einem professionell geführten Verein unweigerlich dazu gehört, "sich um die administrative Seite zu kümmern" (sinngemäß Bohmann im Interview)? Da möchte ich nicht in der Haut der neutralen und HBL-Seite des Schiedsgerichtes stecken.. Ich könnte die Argumentationen beider Seiten nachvollziehen. Was am Ende stärker gewichtet wird, werden wir bald sehen. Bis dahin kann man lediglich spekulieren. Aber vielleicht kommen ja in den nächsten Tagen noch weitere Details ans Licht, auf deren Basis man präzisere Vorhersagen tätigen kann.. es bleibt auf jeden Fall spannend.