Ich verstehe die Diskussion und das Thematisieren rund um den "Equal Pay Day" so, dass es darum geht Bewusstsein zu schaffen und für Aufmerksamkeit zu sorgen, dass noch lange nicht für gleiche Leistung auch gleich bezahlt wird. Bezogen auf geschlechtsspezifische Unterschiede (es gibt ja auch noch viele andere "Gehaltsdiskriminierungen") heißt aber auch, dass eine Frau nicht allein deshalb schlechter bezahlt werden sollte, weil sie geschlechtsspezifisch weniger leisten kann. Damit meine ich beispielsweise, dass eine Frau allein durch die Möglichkeit schwanger zu werden höhere Fehlzeiten hat, was für einen Arbeitgeber durchaus einen Unterschied darstellt, den aber die Gesellschaft ausgleichen muss und nicht durch die Frau.
Da stehe ich uneingeschränkt dahinter, volle Zustimmung!
Und den Pay-Gap sehe ich auch nicht in vermehrter Teilzeit begründet oder in der Problematik, dass Frauen vermehrt in Berufsfeldern tätig sind, die generell schlechter bezahlt wird. Das ist in meiner Wahrnehmung nicht die mit dem Equal Pay Gap angesprochene Problematik.
Die eigentliche Problematik in der Diskussion hier, bezogen auf den Sport, ist die Vergleichbarkeit von Leistung. Die Vergleichbarkeit habe ich bei einem klassischen Bürojob - in der öffentlichen Verwaltung wird hier gleich bezahlt, Erziehungspausen werden bei den Dienstjahren angerechnet, etc. In der freien Wirtschaft - und das Problem wird angeprangert, ist dem aber nicht so. Wenn da eine Frau nach drei Jahren Erziehungspause wieder in den Beruf einsteigt, dann hat sie in Deutschland eine Beschäftigungsgarantie, hat aber drei Jahre Karriereentwicklung verpasst, gerade auch finanziell.
Aber wie will ich "Leistung" zwischen Männer- und Frauen-Handball vergleichen? Wie will ich Gleichheit schaffen und was ist Gleichheit? Ich kann mich dem Thema von zwei Seiten nähern:
1) Spielergehälter Frauen müssen denen von Männern angeglichen werden
Stellt sich die Frage, was ist "das Gehalt"? Es gibt keinen Tarifvertrag, es gibt keine eindeutige Definition von Leistung nach der das Gehalt bemessen werden kann. Ganz wichtig - ich habe keinen "equal pay" nur bei den Männern, solange ich den nicht habe (haben kann), wie sollen dann die Frauen angeglichen werden? Und ganz realistisch - wenn ich das fordere, dann ist der bezahlte Frauen-Handball nicht mehr möglich.
2) Spielergehälter Männer müssen denen von Frauen angeglichen werden
Die Fragen sind grundsätzlich identisch. Wie wäre denn die Reaktion bei den männlichen Handballern der 1. und 2. Liga, wenn man ihnen mitteilt, dass man ihnen künftig nur noch 50% bezahlen darf?
Passend dazu eine Anekdote aus einer PK nach einem Spiel von Frisch Auf! Göppingen gegen die Rhein-Neckar Löwen, als die Löwen ungefähr den doppelten Etat hatten und verloren haben. Auf die Frage eines Journalisten an Theo Storm als Löwen-Manager, ob das nicht peinlich wäre, was er mit dem doppelten Etat rausholt, da hat Storm geantwortet, dass er sich doch nicht vorwerfen lässt, dass er so viel Geld aufstellt. Die Antwort war ironisch-sarkastisch, der sportlichen Defizite war er sich damals sehr wohl bewusst. Aber sie passt meiner Meinung nach hier sehr gut. Wäre dem Handball geholfen, wenn wir bei den Männern die Budgets drastisch runterfahren, nur damit sie gleich wie bei den Frauen sind?
Den Vergleich zwischen Männer- und Frauen-Handball auf den Gehaltsunterschied zu reduzieren, das wäre unfair und würde mehr schaden als helfen. Ich denke es herrscht Einigkeit, dass die Frauen im Handball nicht schlechter bezahlt werden, weil sie benachteiligt werden, sondern die Männer werden besser bezahlt, weil es eine Vielzahl an unterschiedlichen Rahmenbedingungen ermöglichen. Ein wesentlicher Teil des Unterschieds ist das unterschiedliche Interesse - mehr Zuschauer, mehr Einschaltquote im Fernsehen und damit mehr Zuschauereinnahmen, mehr Sponsoring, mehr TV-Gelder, etc. Da sind so viele Unterschiede, gleich ist nur der zugrunde liegende Sport (und die gleichen Dachverbände, siehe unten).
Mit der Logik, mit der eine Gleichbezahlung im Handball von Männer und Frauen gefordert wird, kann ich auch fordern, dass der Profi-Billard-Spieler gleich viel verdienen muss wie ein Formel 1-Fahrer. Es sträuben sich mir auch die Nackenhaare, wenn im Männer-Handball immer der Vergleich mit Männer-Fußball gezogen wird, aber damit würde ich jetzt (noch weiter) abschweifen.
Wenn wir den Unterschied in der Bezahlung zwischen Männern und Frauen im Handball reduzieren wollen, dann müssen wir die Popularität des Frauen-Handballs steigern. Und darüber wird hier seitenlang diskutiert und das ist leider nicht so einfach. Man muss da durchaus auch eine Lanze für die Vereine brechen, die in der Hinsicht sehr aktiv sind. EHF (EM, CL, etc.) und IHF (WM) haben die Standards bei den Frauen in den letzten Jahren schneller erhöht als bei den Männern (Hallen-Setup, Unterbringung, Prämien, etc.). Und der DHB hat in den letzten Jahren auch seine Sponsoringeinnahmen erheblich gesteigert und immer die Frauen "mitverkauft". Aber der DHB kann keinen Sponsor zwingen für Männer und Frauen gleich viel zu zahlen.
Mit der gleichen Argumentation könnte man sogar Unterschiede bei Titelprämien der Nationalmannschaft begründen. Ich behaupte mal, wenn die Herren im Januar Europameister werden, dann hat der DHB mehr Sponsoringprämien und zusätzliche Vermarktungserfolge, als er letztlich an das Team ausschüttet. Werden die Frauen im Dezember 2024 Europameister, dann befürchte ich, dass diese Rechnung nicht aufgeht. Dennoch finde ich es für einen Verband wichtig, dass er hier für einen "equal pay" sorgt und das hat er getan (https://www.dhb.de/de/redaktionsb…ie-fuer-frauen/).