"Der Liga mangelt es an Solidarität"
München/Bad Schwartau - Die HSV-Handball-Abteilung befindet sich in ihrer schwersten Krise seit der Gründung vor gut zwei Jahren. Spielergehälter stehen aus, 250.000 Euro für Hallenmiete sollen offen sein, die lokale Presse fordert den Rücktritt von Geschäftsführer Winfried M. Klimek und Magdeburgs Geschäftsführer Bernd-Uwe Hildebrandt zweifelt die Rechtmäßigkeit der Lizenzerteilung an.
Prekär: Hildebrandt übernimmt an Stelle des neuen HSV-Präsidenten Heinz Jacobsen kommissarisch den HBL-Vorsitz und stellt klar: "Das Thema HSV ist noch lange nicht zu Ende."
Während offensichtlich jeder zur Lage des Vereins etwas zu sagen hat, hüllt sich Klimek in Schweigen, wie "Die Welt" kritisiert.
Bei Sport1.de bricht Klimek sein Schweigen, spricht von vereinsschädigendem Verhalten und wirft der Liga mangelnde Solidarität vor. "Das gibt es nur in der Handball-Bundesliga", so der Geschäftsführer. "Personen, die so etwas sagen, müssen aus Ämtern verschwinden."
Sport1: Herr Klimek, Sie werden für die Schwierigkeiten des Vereins verantwortlich gemacht. In der 'BILD'-Hamburg werden Sie zitiert mit den Worten: 'Ich höre auf und kann dann sagen, alles ist geregelt'. Wie sollen wir das interpretieren? Werden Sie den Büttel hinwerfen?
Winfried M. Klimek: Nein, ich bin eine Kämpfernatur. Ich habe vielleicht viele Fehler gemacht. Aber ich habe bei Null angefangen. Ich hatte keine Geschäftsstelle, keine Spieler dieser Klasse... Ich weiß nicht, wie viele Fehler ein anderer gemacht hätte...
Sport1: Das ist sehr hypothetisch...
Klimek: Deshalb sollte man nicht über die Fehler der Vergangenheit sprechen. Man muss sich die Frage stellen: 'Wie geht's weiter in der Zukunft?' Aber natürlich ist klar: Ich bin Geschäftsführer, ich trage alleine die Verantwortung. Dem will ich mich nicht entziehen.
Sport1: Wie geht's denn weiter? Wie man liest, werden Sie aufgefordert, Schulden des HSV Handball aus eigener Tasche zu zahlen. - Und dann zu gehen. So meint Jürgen Hunke in der Hamburger 'Morgenpost', dass Sie 'mit drei Millionen Euro noch gut bedient' wären. Gibt es Grundlagen für so eine Forderung?
Klimek: Nein, überhaupt nicht. Das ist ein Wunsch von Herrn Hunke. Das ist nicht besonders realistisch. Sie dürfen nicht vergessen, ich mache das alles ehrenamtlich, in meiner Freizeit.
Sport1: Aber können Sie denn mit Personen, denen Sie - wie ihrem Manager Dierk Schmäschke - Intrigen gegen ihre Person vorgeworfen haben, noch zusammenarbeiten?
Klimek: Ich bin ein sehr emotionaler Mensch. Ich möchte zu diesem Zeitpunkt diese Äußerung einfach mal zurücknehmen. Man muss nicht hinter jedem Busch gleich Gefahr sehen. Trotzdem sind gewisse Äußerungen in der Öffentlichkeit einfach vereinsschädigend gewesen. Bei der Aussage bleibe ich.
Sport1: Wie kommt es, dass beim HSV gleich alles nach außen dringt?
Klimke: Personen sind an die Öffentlichkeit getreten. Die Presse hat dann sofort eine 'Treten Sie ab, Herr Klimek!'-Kampagne gestartet. Eine relativ einseitige Sichtweise. Es gibt in Hamburg einen sehr großen Wettbewerb darum, die beste Nachricht am schnellsten zu verbreiten. Und die beste Nachricht ist immer die schlechteste. Die ist natürlich am besten zu verkaufen. Wir stecken in den Kinderschuhen. Der Verein braucht absolute Ruhe. Wir haben ein absolutes Top-Team. Da appelieren wir an die Medien, auch mal die positiven Seiten herauszustellen.
Sport1: Die Spieler warten auf Gehälter. Zum Kader gehören begehrte Hochkaräter, deren Namen schon öffentlich mit anderen Vereinen in Verbindung gebracht werden. Befürchten Sie, dass die Mannschaft auseinanderbricht?
Klimek: Ich spüre Unterstützung seitens der Mannschaft.
Sport1: Was sagen Sie zu den Gerüchten, dass beim Lizenzierungsverfahren nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein soll?
Klimek: Viele der Intrigen, die in der Liga passieren, unter anderem die Äußerungen von Herrn Hildebrandt, können mich nur zu der Äußerung bringen, man sollte erstmal vor seiner eigenen Tür kehren. Erstmal sollte man seine Probleme beseitigen. Ich möchte auch nicht über die Finanzierungsstruktur von Magdeburg nachdenken.
Sport1: Vorwürfe an die Konkurrenz?
Klimek: Ich finde, die Solidarität in der Liga fehlt. Das ist schon sehr erstaunlich. Das gibt es wahrscheinlich nirgendwo anders. Im Fußball hält man zusammen. Da macht man sogar Freundschaftsspiele für Vereine, denen es schlecht geht. So ein unsolidarisches Verhalten gibt es wohl nur in der Handball-Bundesliga. Das ist einfach erschreckend. Da muss es Änderungen geben. Eigentlich müssen Personen, die so etwas sagen, aus den Ämtern verschwinden. Das ist eine ganz klare Aussage. Dazu stehe ich.
Das Gespräch führte Jürgen Blöhs
Quelle: sport1.de