Beiträge von ExHandballFan

    Um nochmals auf die Regel-"auslegung" einzugehen:

    Laut heutigem Bericht auf der handball-word.com lautet die Regel 2.4 (um die es hier offensichtlich geht) wie folgt:


    "Regelwidrigkeiten und unsportliches Verhalten vor oder mit dem Ertönen des Schlusssignals (bei Halbzeit- oder Spielende bzw. Ende der Verlängerung) sind zu ahnden, auch wenn die Ausführung des Freiwurfs (nach Regel 13:1) oder 7-m-Wurfs nicht vor dem Schlusssignal erfolgen kann.

    Ertönt das Schlusssignal, wenn ein Frei- oder 7-m-Wurf noch auszuführen ist oder der Ball sich nach einem solchen Wurf noch in der Luft befindet, ist dieser Wurf ebenfalls zu wiederholen.

    In beiden Fällen beenden die Schiedsrichter das Spiel erst, wenn der Freiwurf oder 7-m-Wurf ausgeführt oder wiederholt wurde und das Ergebnis dieses Wurfes feststeht."

    Es lag (laut Presseberichten) "...vor oder mit dem Ertönen des Schlusssignals..." keine "Regelwidrigkeit oder ein unsportliches Verhalten" vor (z.B. Betreten des 9m Raums o.ä.). Damit ist der erste Satz der Regel nicht anwendbar.

    Verbleibt der zweite Satz den es zu klären gilt. Es stellt sich die folgende Frage: War Der 7-m Wurf ausgeführt oder war der Ball in der Luft ?

    Der 7-M Wurf war offensichtlich noch nicht ausgeführt, insofern läge eine Regelwidrigkeit nur dann vor, wenn der Ball "in der Luft" gewesen wäre. Das ist der Sachverhalt auf den Hölle-Sued zutreffenderweise Bezug nimmt.

    Mir erschließt sich die Begründung zu der 7-Meter Wiederholung, die heute in verschiedenen Presseberichten gemeldet wurden, leider immer noch nicht.

    Lt. Presseberichte hat kein Spieler den Kreis betreten oder wurde die Ausführung des 7-Meter in irgendeiner anderen Weise gestört. Die Wiederholungsentscheidung wurde aus einem anderen Grund getroffen. Offensichtlich ließen die Schiedsrichter den 7-Meter wiederholen, weil das Schlusssignal ertönte, der Strafwurf aber noch nicht ausgeführt wurde ODER der Ball sich noch in der Luft befand. Damit ergeben sich folgende zwei Szenarien:

    Wenn der Strafwurf bei Ertönen der Schlußsirene noch nicht ausgeführt worden wäre, dann hätte der Schütze "automatisch" gegen die 3 -Sekunden Regel verstoßen (Bei Wiederanpfiff stand die Hallenuhr auf 59.57). Die Wiederholung wäre damit regelwidrig.

    Wenn der Strafwurf bei Ertönen der Schlußsirene zwar ausgeführt wurde (Ball hat die Hand des Schützen verlassen ??), der Ball bei Ertönen der Schlusssirene aber in der Luft war, dann wäre die Wiederholung regelkonform.

    Wir reden hier über Bruchteile von Sekunden, in denen einen Ball beim 7-Meter "in der Luft" ist. Die Beurteilung eines solchen Sachverhalts ist OHNE aufwändige technische Hilfsmittel (Videobeweis, Super-SlowMo, etc.) nicht möglich. Dagegen sind die berühmten "Millimeterentscheidungen" bei Abseitssachverhalten im Fußball geradezu einfach. Noch dazu der Schieds-/Linienrichter im Fußball "nur" seinen Sehsinn benötigt, nicht aber auch noch seinen Gehörsinn, wie im vorliegenden Handballsachverhalt.

    Warum das Schiedsrichtergespann das sportliche Ergebnis des "ersten" 7-Meters durch eine vermeintlich notwendige Regelausübung "überstimmt" haben, mag juristisch vielleicht richtig sein, mit Sport hat das nichts mehr zu tun. Jetzt haben wir mal wieder eine Diskussion, die im Handball eigentlich niemand haben will.

    Die größte mediale Bühne in Deutschland ist und bleibt nun mal das öffentlich-rechtliche Fernsehen und das hat strukturelle Gründe. Bereits das "frei" empfangbare Fernsehen ist in Deutschland eben nicht "frei". MaW ARD und ZDF finanzieren sich über Rundfunkgebühren und sind damit Bezahlsender für die ein Fernsehkonsument Geld entrichten muss. Wenn jemand in Deutschland zusätzlich zu den üppigen GEZ Gebühren noch weitere Programme kaufen möchte, überlegt er sich dies eben ganz genau. Das ist die strukturelle Ursache, warum sich Pay-TV Anbieter am deutschen Markt die Zähne ausbeißen.

    Was hat das mit Handball zu tun ? Pay-TV Sender werden durch diesen strukturellen Nachteil niemals die Reichweite von ARD/ZDF oder auch den privaten Sendern erreichen. Genau diese mediale Reichweite aber ist wichtig. Nur auf der ARD/ZDF Bühne gelingt Sportarten der Durchbruch. Tennis, Basketball und Biathlon sind positive Beispiele, wie Randsportarten (wieder) zu Straßenfegern werden. Obwohl mich der deutsche Fußball nicht mehr richtig interessiert, kann er in Sachen mediale Präsenz als gutes Vorbild dienen. Große Turniere verlangen eine große Bühne, egal wie gut (2014) oder schlecht (1998) sich die DFB Kicker im Turnier dann sportlich anstellen. Das muss nicht den Zugang zu lukrativen Vermarktungen auf Bezahlplattformen verschließen (z.B. Sky)

    Die jüngste Medienentwicklung im Handball passt jedoch ins aktuelle Gesamtbild dieser Sportart. Die Lizenzposse im Sommer, ein undurchsichtiger Spielplan auf nationaler wie internationaler Ebene, Überbelastungen für Spieler (und Publikum?). Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Der deutsche Handball (und damit meine ich DHB und HBL) hat seine einmalige Chance, sich mit dem Titelgewinn 2007 als klare Nummer 2 hinter dem Fußball zu etablieren m.E. komplett versemmelt. Diverse Steilvorlagen die der Titelgewinn mit sich brachten (hohe mediale Präsenz nach dem Titelgewinn, Spieler als Identifikationsfiguren in der Öffentlichkeit, Zulauf im Jugendbereich, attraktiver Ausrüstervertrag, etc.) wurden kläglich vergeigt. Statt Weiterentwicklung, gabs Rückschritte. Kein (mediales) Gesamtkonzept und Figuren und Strukturen die den Turnhallenmief der 70'er Jahre atmen.

    Stell Dir vor die DHB Sieben wird Weltmeister und keiner merkt's ? :irony:

    Auch für mich ist dies nun der erste Beitrag in diesem Forum überhaupt, aber die Nachricht kann und sollte man nicht einfach nur hinnehmen. Ich war der Auffassung, dass der Tiefpunkt des deutschen Handballsports im zweiten Spiel gegen die Polnische Nationalmannschaft erreicht war.

    Nach der Meldung, dass der HSV Handball im Wege des Schiedsgerichtsverfahrens die Lizenz für die erste Liga nun doch erhält, befürchte ich, dass der deutsche Handballsport einen neuen Tiefpunkt erreicht hat.

    Die Glaubwürdigkeit der Lizenzierungskommission ist abhanden gekommen, die Zuverlässigkeit des neuen, "robusten" Lizenzierungsverfahren ad absurdum geführt worden. Dem finanziellen fair Play wurde mit dieser Entscheidung die rote Karte gezeigt. insgesamt lässt sich der Imageschaden für den gesamten deutschen Handball noch nicht einmal in Ansätzen abschätzen. Sollte gar der HSV Handball in den kommenden Wochen die Auflagen nicht erfüllen und Insolvenz anmelden müssen, kann sich jeder seriös wirtschaftende Geschäftsbetrieb eigentlich kein Sponsoringengagement in dieser Sportart nicht mehr vorstellen.

    In Zeiten von hohen compliance Standards und Transparenzerfordernissen in öffentlichkeitswirksamen Organisationen kann ich zudem über die einvernehmlich getroffene Regelung, über den Inhalt der Auflagen stillschweigen zu bewahren, nur fassungslos den Kopf schütteln. Nach dem Verlauf dieses Lizenzierungsverfahren ist alles andere, als eine transparente Darlegung der Gründe für diese Entscheidung, ein Schlag ins Gesicht eines jeden Handballfans.

    Es kann für so ein Gebaren nur eine Konsequenz geben. Dem Handballsport den Rücken zuwenden...