Mysteriöser Krimi in bayrischen Wäldern
HANDBALL / Komplette Auswahl Sri Lankas bei Wettkampfreise durch Süddeutschland verschwunden
POTSDAM
Zitat aus einer Agentur-Meldung: "Die komplette Handball-Nationalmannschaft aus Sri Lanka hat bei einem Trainingsaufenthalt in Bayern das Weite gesucht. Insgesamt 23 Sportler und Betreuer hätten sich von Wittislingen im Landkreis Dillingen offenbar nach Frankreich abgesetzt." Die Nachricht, an sich schon kurios, gewinnt an Brisanz, weil mit Björn Rupprecht ein Spieler des Handball-Regionalligisten 1. VfL Potsdam jene Nationalmannschaft mit aufgebaut hat.
"Ich bin geschockt", sagte Björn Rupprecht gestern. Von Mai bis Juli hatte der 25-Jährige in der Nähe von Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas, an einem Hilfsprojekt mitgewirkt, das den Handballsport auf der heißen Insel bekannt machen sollte. Mit Unterstützung seines Potsdamer Vereins, des Brandenburger Handball-Verbandes sowie des Potsdamer Sporthauses Olympia holte Rupprecht auch Utensilien wie Bälle, Trikots und Schuhe nach Marawila, 50 km nördlich von Colombo.
Dietmar Döring heißt der Mentor des Handball-Projektes. Einst als Tischtennistrainer nach Sri Lanka gekommen, baute der Deutsche dort über bald 20 Jahre einen Sportverein und eine Fördergesellschaft auf, bei der sich Björn Rupprecht via Internet für ein Praktikum beworben hatte. Der Potsdamer musste feststellen, dass Handball auf Sri Lanka mehr oder weniger unbekannt war. Er organisierte Grundlagen, zimmerte sogar Tore und führte Kinder und Jugendliche an den Ballsport heran. Mit Hilfe jener Organisation wurde die Nationalmannschaft formiert und deren Deutschlandreise organisiert.
"Ich hörte zwar davon, dass ab und an Leute von Reisen nach Europa nicht wiederkehrten, doch dass gleich so eine ganze Mannschaft abhaut, hätte ich mir nicht vorstellen können", ist Rupprecht erstaunt. Allerdings weiß er um die Lebensverhältnisse. "Die Leute verdienen nicht viel mehr als - umgerechnet - 25 bis 30 Euro pro Monat. Da ist die Verlockung, in Europa das große Geld zu machen, natürlich groß", meint der Potsdamer.
Auf einem "Abschiedszettel" war vermerkt, "dass die Sportler nicht mehr zurück in ihre Heimat könnten und sich deshalb nach Frankreich abgesetzt haben", schreibt die Agentur weiter über den Krimi in Bayern. Björn Rupprecht ist natürlich gespannt auf die Fortsetzung.
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung vom 15.09.04