Ostersonntag folgt das dritte Vorrundenspiel. ZeeBee hat immer noch schlechte Laune vom Vortag. Gegner ist die Zweitvertretung des Veranstalters Frederikshavn FI. Für FFI III hat ZeeBee eigens die Spielweise "Dänemark" erfunden. Die bösen Deutschen kommen nach Dänemark mit einer starken Mannschaft, spielen auch noch die dort sonst unzulässige Manndeckung oder sehr offensive 1:5 gegen eine Anfängermannschaft, die es wahrscheinlich gewohnt ist, sich minutenlang den Ball vor einer Fleischmauer hin- und herzupassen. Um nicht eines Tages von aufgebrachten dänischen Eltern vor der Halle aufgeknüpft zu werden, hat ZeeBee sich irgendwas einfallen lassen müssen, was ihm in den letzten 30 Jahren jedenfalls noch nicht eingefallen ist. Und wenn man alle abgefangenen Bälle brav wieder zurückspielt, kann man genauso hoch gewinnen, aber wie durch ein Osterwunder gibt es keine wutschnaubenden Eltern. Hallelujah.... Baby!
FFI II wäre wieder ein solcher Kandidat gewesen. Gegen den zweiten schwachen Gruppengegner ein 5:8, gegen Hamburg gar ein 6:22. ZeeBee hätte ohnehin seine stärkste Formation lange auf der Bank gelassen, nun wirkt es auch noch wie eine Strafe für den gestrigen kollektiven Blackout der ersten Sechs. Gut so! Die Mädels spielen eine blitzsaubere Manndeckung a la ZeeBee. Beweglich, kein Körperkontakt, keine Fouls, keine durch die Luft fliegenden Zwerge und keine Angriffsfläche für einen Schieri. Die kleinen Gegnerinnen sind hoffnungslos überfordert mit sich, dem Ball, dem Leben, dem Universum und dem Rest. Genau die Situation, für die ZeeBee die Spielweise "Dänemark" erfunden hat. Nur ist ZeeBee immer noch grantig vom Vortag. Lässt alle Leistungsträger auf der Bank schmoren, guckt verdrießlich in die Runde... und lässt die Mädels weiter von der Kette. Die letzten fünf Minuten darf auch die Bank noch mal ran. Im Rücken von ZeeBee echauffiert sich eine schwedische Trainerin.
"Let them play! Draw back!"
Wir können kein defensiv! Wir wollen kein defensiv! Wir spielen kein defensiv! Und keine skandinavische Mannschaft wird freiwillig auf die Fleischmauer verzichten, wenn unsere zweite D-Jugend damit nicht klar kommt. Denkt sich ZeeBee und ignoriert die junge Dame. Und bekommt allmählich ein schlechtes Gewissen. Abpfiff. 19:0. Hmmm.... Nächstes Spiel dann wieder mit Prinzip Dänemark.
ZeeBee checkt den Spielplan. Wann wäre denn das erste Spiel im B-Pokal? Es graut ihm davor, für den Rest des Turniers gegen Anfängermannschaften und Breitensportteams zu spielen. ZeeBee findet nirgends Nr. 3 der Gruppe 8. Hoch, runter, hoch, runter... die können doch keine Mannschaft vergessen haben? Irgendwo versteckt dann die Lösung. Gruppe 1 hat kurzfristig vor dem Turnier noch eine Mannschaft dazu bekommen, der Sechste wird irgendwo weit hinten aufgeführt. Sechster Gruppe 1 gegen Dritter Gruppe 8. Ähhhhh.... die eigene Zweitvertretung ist auf dem besten Wege Letzter in Gruppe 1 zu werden. F***! Prinzip Dänemark? Torhüterin tauschen? Torhüterin grantig machen? Dadurch Disqualifikation risikieren, weil innerhalb der Altersklasse nicht gewechselt werden darf? ZeeBee kotzt. Trainerkollegin Chrischi kotzt ebenfalls. "Ihr könnt doch nicht gegen uns spielen!" "Liegt nicht mehr in unserer Hand. Und ich glaube nicht, dass Hamburg gegen Ankaret verliert."
Erst einmal erklärt ZeeBee den Mädels, die Prinzip Dänemark noch nicht alle kennen, dass gegen IK Sävehof alle abgefangenen Bälle zurückgegeben werden. Lange Gesichert. Vorsorglich fordert ZeeBee auch, dass die Pässe aber tatsächlich abgefangen werden und nicht weggeklatscht werden sollen. Es geht weiterhin um Ballgewinn und die maximale Anzahl von Geschenken. Rausgeprellte Bälle dürfen behalten werden.
Chrischi schreibt ZeeBee, er möge noch mal in die Turnierregeln schauen. Bei Punktgleichheit gilt:
1. Erreichte Punkte in die gegenseitigen Spielen
2. Tordifferenzen aus allen Spiele
3. Mehr geworfene Tore
4. Los
Das ist nicht deren Ernst? Die brechen den direkten Vergleich schon nach den Punkten ab? Ich muss im Kinderhandball Anfängermannschaften abschießen, um den direkten Vergleich zu gewinnen? ZeeBee kotzt. Gedankenspiele. Wenn Hamburg im letzten Spiel (gleich nach dem eigenen letzten Spiel in gleicher Halle) einen Punkt abgibt, sind die Mädels ohnehin Zweiter. Gewinnt Hamburg, kommt es zum Dreiervergleich und da hat Ankaret mit Abstand die größte Tordifferenz, so dass Hamburgs Torverhältnis nicht interessiert.
Ankaret +34
TVB +14
Um Platz 2 sicher zu erreichen, brauchen die Mädels +20 Tore aus dem letzten Spiel. Kollektives Entsetzen der Mädchen.
"Und? Das letzte Spiel habt Ihr mit 19 Toren Unterschied gewonnen."
"Heißt das jetzt, wir geben keine Bälle zurück?!"
ZeeBee hat schon sehr clevere Mädchen. Das Schicksal hat der Mannschaft noch eine Chance auf den A-Pokal beschert und als Sahnehäubchen darf nun AMTV zuschauen, wie der etwaige direkte Vergleich vor ihren Augen schmilzt. Gegen Sävehof startet ZeeBee mit einer gemischten Formation. Gegen FFI haben sich alle Mädels in der Manndeckung bewährt, es bedarf keiner Bestbesetzung zu Beginn. Wie ein Uhrwerk arbeiten die Mädchen den 20-Tore-Berg ab. Marit hält einen 7m, Marit hält die wenigen Würfe aus Durchbrüchen. Halbzeit 11:1. Könnte eine Punktlandung werden. ZeeBee stellt sich gerade eine dieser deutschen oder skandinavischen Klammeraffendeckungen vor, die dieselbe Aufgabe hat, in dreißig Minuten zwanzig Tore Vorsprung rauszuholen. ZeeBee grinst. Kurz vor Schluss fällt das 21:1, irgendwer schläft noch mal in der Deckung, Marit hält. Endstand 23:1, die Mädels jubeln. ZeeBee entschuldigt sich beim Schieri, beim schwedischen Trainer, beim schwedischen Co-Trainer. Die selten dämlichen Turnierregeln machen es notwendig. Alle sind aber recht entspannt. Im Anschluss verliert Hamburg mit einem Tor, es kommt nie zum direkten Dreiervergleich, ein einfacher Sieg hätte gereicht.
Wieder keine Kreisläuferin! In über dreißig Jahren hat ZeeBee zum allerersten Mal vor zwei Tagen gegen eine 4:2 Formation spielen müssen und nun das zweite Mal. Önnereds HK aus Schweden hat seine Hausaufgaben gemacht, sich offenbar das zweite Gruppenspiel angeschaut, während ZeeBee in der Ersatzunterkunft kein W-LAN hat und im Dunkeln tappt. Wieder stiftet die fehlende KM heillose Verwirrung. Bevor das Spiel für die Mädels richtig begonnen hat, steht es bereits 0:4. ZeeBee knirscht mit den Zähnen. Bei 0:5 wird er alle sechs Feldspielerinnen auswechseln und bis zum Ende des Spiels auf die Bank setzen. 1:4. Glück gehabt, Ladies! Das heillose Durcheinander verklingt allmählich, der Gegner ist aber auf zwei Rückraumpositionen so flink besetzt, dass die Mädels meist nur hinterher schauen und Rücklichter sehen. A-Pokal und wie schon zweimal zuvor ist im Achtelfinale Schluss. 15:21 - Önnereds HK wird am Sonntag noch die Bronzemedaille holen. Erstmals in vier Jahren trifft ZeeBee nicht auf den späteren Turniersieger.
"Ah... der Erfolgstrainer!"
Trainerguru Olaf begrüßt ZeeBee vor dem Spiel um Platz 3 zwischen seinem Verein und der C-Jugend des TVB.
"Ist Deine Vorbereitung für das Turnier aufgegangen?"
Nicht ganz überraschend liest Olaf in der Handballecke mit.
"Wir haben nicht ein einziges Mal gegen eine richtige 6:0 gespielt."
"Also fünf Wochen Trainingszeit verschwendet?"
So würde ZeeBee das nun nicht ausdrücken. In fünf Spielen hat es...äh... ein Tor durch Schlagwurf aus der Fernwurfzone gegeben. Und Schlagwurftraining kann ja nie schaden. Nachträglich müsste nur "Turniervorbereitung" umbenannt werden. Juristen sind ja sehr phantasievoll bei Änderung von Definitionen und mit Wortmagie.
Es spielen bis auf ein Mädchen ausschließlich ZeeBees ehemalige Zöglinge im Spiel um Platz 3 der C-Jugend gegen Bad Schwartau. Vor zwei Jahren hat die Mannschaft in gleicher Halle noch den B-Pokal gewonnen, nun geht es immerhin um Bronze im A-Pokal. Nur dass Schwartau eine volle Bank hat und die Mädels auch qualitativ den deutlich breiteren Kader haben. ZeeBee checkt später einmal die Randdaten. Es spielt der Siebte aus Schleswig Holstein gegen den Meister Niedersachsen/Bremen. Es liegen dennoch zwei Klassen zwischen den Teams. Abgesehen davon, dass die Leistungsträgerinnen des TVB längst platt sind, dem Tempohandball sind sie gar nicht gewachsen. Letztes Jahr ist die C im 1/16 Finale mit vier Toren Unterschied und dennoch einem Klassenunterschied gegen eine norwegische Mannschaft rausgeflogen. Nun richtet der Siebte von Schleswig Holstein den Ersten aus Niedersachsen mit 27:11 hin. Der einzige Trost, es sind überhaupt nur drei deutsche Mannschaften im A-Pokal gewesen und alle drei stehen im Halbfinale. Und im Halbfinale haben sich ZeeBees Ex-Mädels wacker geschlagen, obwohl beim Gegner vermutlich eine Damenspielerin mit Wurzeln vielleicht in Burkina Faso als Haupttorschützin gespielt hat, der die Schieris stets sechs Schritte zugestanden haben.
Auf der Rückfahrt geht es noch ein wenig hin und her. Die Mädels sind auf Hin- und Rückfahrt jahrelang den Skandi-Park kurz hinter der Grenze gewohnt. Die Enttäuschung ist groß, der Stop passt nicht in die Pausentaktung des Busfahrers. Zweiter Halt ist vor der Grenze, Busfahrer Feo tut uns dennoch den Gefallen eines weiteren kurzen Stops. Vom Skandi-Park meldet sich während der Fahrt dorthin eine Handballmutter, ZeeBee hat mit tränenerstickter Stimme berichtet, er würde den Einkaufsstop dieses Jahr nicht machen können. Jaana fragt an, was ZeeBee denn brauche.
"Italienischer Rotwein. Amarone. Marke egal. € 35,- plus/minus fünf Euro."
"Hast Du heute Abend noch eine Feier?"
"Nee, das ist jedes Jahr meine Belohnung, Ostern überstanden zu haben."
Dein
Karsten