Liebes Handballtagebuch!
Der Badenstedter Bus- und Bahnchor geht wieder auf Reisen. Ziel: Der Junior Sauerlandcup in Menden, ein kleines C-Jugend Turnier zur Saisonvorbereitung. Mit am Start bei den Mädchen die amtierenden Meister und Vizemeister mehrerer Landesverbände. Vier Gruppen a fünf Mannschaften. Die Mädels erwarten den Vorjahresfinalisten, den Vorjahressieger, den Unterbau des aktuellen Deutschen B-Jugend Meisters und einen weiteren Oberligisten. DAS nennt ZeeBee ein spaßiges Auftaktprogramm. 
Eine Woche zuvor bei einem Turnier: Beim Warmwerfen verletzt sich Torhüterin Anneke, ein Ball rollte quer. Da die sich ja bekanntlich in Luft auflösen, wenn der Torwart drauftritt, haben die Spielerinnen einfach weitergemacht. Zwei Spiele später verletzt sich Torhüterin Emmi, ein Ball rollte quer...
Kein Torwart mehr und eine Woche später der Sauerlandcup... creative caderplaning ist angesagt. Drei Kandidatinnen aus Niedersachsen sagen ab. Ein Turnierteilnehmer mit weiterer Torhüterin für ein wenig Spielpraxis? Bad Schwartau... nein. Leipzig... minus. Gummersbach... auch nicht. Friesenheim verspricht die eigene Torhüterin nach Ablauf der eigenen Vorrunde rüberzufahren. 
Abends in Menden eröffnen die Trainer eine gesellige Parkplatzrunde mit dem HCL und den Füchsen Berlin. Keiner kann ahnen, dass man sich wenig später als erbitterte Konkurrenten gegenüber stehen wird.
Um 14:00 startet der Badenstedter Bus- und Bahnchor ins Turnier. Die Gönner aus Friesenheim spielen noch um 13:00 am anderen Ende der Stadt. ZeeBee disponiert um, leiht sich von Leipzigs Trainer Fabian für das erste Spiel dessen einzige Keeperin Caty, bestellt Friesenheim erst für das zweite Spiel.
"Müssen wir eine Manndeckung spielen? Können wir nicht wieder 1:5 spielen?"
>>Lauffaules Pack<<, denkt sich ZeeBee. "Also gut."
Große Erleichterung. Zum Auftakt der Vorjahresfinalist Gummersbach. Den Ulzburgcup '16 gewannen sie fast ohne Gegenwehr. Nur ein kleiner B&B Chor konnte sein Viertelfinalspiel bis zum Schluss offen gestalten. "Wir haben da ein kleines Torwartproblem und spielen mit Leihtorhüterin. Ist das o.k. für Euch?" Natürlich ist das unter Sportsleuten o.k. und ein ausgeglichenes Spiel beginnt. Die Mädchen, die sich für eine Raumdeckung stark gemacht haben, driften schon nach wenigen Minuten in eine offene Manndeckung ab. Lange bleibt das Spiel offen, HCL KeeperinCaty hält bravourös, am Ende hat der VfL mit 19:15 aber verdient die Nase vorn.
Der nächste Gegner, Schwerte, macht mit dem Vorjahressieger kurzen Prozess. Inzwischen ist Friesenheim mit Torhüterin Sarah eingetroffen. "Wir haben da ein kleines Torwartproblem...?" Kein Problem und ein nicht so ausgeglichenes Spiel beginnt. Der Altersklassenumbruch hat den Chor in eine kleinere Gewichstsklasse geführt und die neue Taktik ist, dies mit der Temposchraube zu kompensieren. Die Mädels drehen mächtig mit und der Gegner schaut hinterher. 23:14, der B&B Chor ist wieder im Geschäft.
Als nächstes folgt Vorjahressieger und damalige Übermannschaft Aldekerk. "Wir haben da ein kleines Torwartproblem...?" Ein gar nicht mal so ausgeglichenes Spiel beginnt. Den Mädels scheint der Tempohandball Spaß zu machen. Das Spiel endet 30:14... 44 Tore in 25 Minuten! Sarah hat sich mittlerweile in die Herzen der Mädels gespielt, doch die verlässt die Mannschaft. Praktischerweise hat Friesenheim noch eine Torhüterin nachgeschickt... Sarah II. Auch die wird herzlichst aufgenommen und auch Blomberg hat natürlich kein Problem damit. 24:14 endet die Partie, Gruppenzweiter und mit einem Torverhältnis von 92:61 die mit Abstand torgefährlichste Mannschaft.
In die Zwischenrunde nimmt der B&B Chor Aldekerk und zwei Punkte mit. Gegner sind nun ein Gruppenvierter, TV Beckum, sowie der amtierende Schleswig Holstein Meister VfL Bad Schwartau. In der Zwischenrunde spielen zwei Gruppen parallel in derselben Halle, Friesenheim mit Torhüterinnen ist vor Ort. Die haben aber auch noch Chancen auf das Viertelfinale und deren Großzügigkeit will ZeeBee nicht überstrapazieren. Interne Lösung. Die Mädels sind zum Anpfiff um 9:30 schon fast wach, der Fußmarsch von 45 Minuten zur Halle hat gefruchtet. Ein typisches Aufwachspiel folgt, Beckum führt anfangs mit zwei Toren, allmählich ist der Gegner gegen die extrem offensive Abwehr überfordert und der Turbo wird gezündet. Jede Unaufmerksamkeit im Rückzug wird gnadenlos bestraft. 22:14, das gefürchtete Morgensspiel ist überstanden.
Endspiel um den Halbfinaleinzug gegen Schwartau. Man begrüßt sich freundlich, ZeeBee geht bei Friesenheim betteln, die sich nun aber mit einer Torhüterleihe schwer tun, während man selbst noch um den Halbfinaleinzug kämpft. Die Zeit wird knapp, Christina kennt die Blomberger Trainerin und zerrt eine überrumpelte Torfrau unter der Dusche weg. Die Mädels begrüßen freudig ihre Gasttorhüterin, da tippt das Kampfgericht ZeeBee auf die Schulter. Die Schwartauer Trainerin habe protestiert, eine fremde Torhüterin sei Wettbewerbsverzerrung.
ZeeBee ist... etwas ungehalten.
"Das ist nicht Euer Ernst?!"
"Doch!"
Die gegnerische Trainerin löst sich vor ZeeBees gedanklichem Blick in schwarzem Rauch auf. Ein JETZT-ERST-RECHT-Ruck bei den Mädels. Mella geht ins Tor. Die Mädels stehen unter Hochspannung, in der nächste Viertelstunde spielen sie das Spiel ihres Lebens. Mit 7:1 geht die Mannschaft in Führung und degradiert den amtierenden Schleswig Holstein Meister zu einem Sparringspartner. Als dem einfällt, weswegen er auf der Platte steht, ist es bereits zu spät, ZeeBee hat schon auf Uhr-runterlaufen-lassen-Modus umgestellt. 14:9...
Schwartaus Trainerin kommt angeschossen und erklärt sich. Ihre Spielerinnen seien gerade aus den Ferien zurück, sie wusste, dass sie keine Chance hätten, sie habe uns nur schützen wollen, finstere Mächte auf der Tribüne hätten sich verschworen, planten ein Disqualifikationsgesuch, hätte sie die Blomberger Leihtorhüterin zugelassen, wäre es womöglich mit dem Halbfinale vorbei gewesen. 
Halbfinale gegen Gummersbach. Friesenheims Trainer sagt zu, Sarah I vorbeizubringen, nachdem man selbst mit einem Tor gegen den VfL ausgeschieden war. ZeeBee spricht sich mit der Turnierleitung ab. Kurze Erklärung der Situation und ob die Turnierleitung etwas gegen eine Leihtorhüterin hätte. ZeeBee würde sich auch das O.K. vom Gummersbacher Trainer Erik einholen, der als fairer Sportsmann am Vortag schließlich auch nicht protestiert hatte. Die Turnierleitung sagt zu, im Halbfinale würde man beide Augen zudrücken und im Falle des Finaleinzugs würde man sogar den B&B Chor in eine Spielgemeinschaft umbenennen, um das Ganze abzusegnen.
Wenig später rudert die Turnierleitung zurück. Man habe vorsichtshalber mit dem VfL schon mal telefoniert, die seien nicht einverstanden. Keine Ausnahmeregelung, keine Turnier-SG. ZeeBee ist fassungslos und vergewissert sich. Erik bestätigt sein Angstveto, wo solle man denn die Grenzen ziehen, das Turnier habe schließlich ein gewisses Niveau und außerdem hätte man ja vereinsintern eine Lösung finden müssen. >>Und Andere hätten vielleicht ihre cojones nicht zu Hause lassen sollen<<, denkt sich ZeeBee, >>gestern fair zustimmen, heute kneifen... das ist konsequent<<. Der gegnerische Trainer löst sich vor ZeeBees gedanklichem Blick in schwarzem Rauch auf.
Inzwischen ist Sarah I eingetroffen. ZeeBee bremst ihre Euphorie, es wird keinen dritten Einsatz geben.
Sarah I ist fassungslos, ebenso wie HCL Trainer Fabian, der zusagt, im Falle einer Finalbegegnung keine Einwände zu haben. Sarah I fragt, ob sie wenigstens mit auf die Bank dürfe, um uns zu unterstützen. Ein kleiner, bösartiger Plan reift und ZeeBee sagt ihr mit teuflischem Grinsen zu.
Ratlosigkeit bei Sarah I und dem Trainerteam. Mannschaftsbesprechung in der Kabine:
"Bist Du für einen kleinen Scherz auf Kosten des VfL zu haben??"
"Ja klar!" Und das klingt mehr als überzeugt.
"Wir machen ein kleines Psychospiel. Du kommst mit auf die Bank. Als Zuschauerin. Du wirst natürlich nicht spielen. Aber Du wärmst Dich mit auf und wenn wir Zeit haben, werfen wir Dich ein. Ich möchte nur für ein wenig Aufregung auf der gegnerischen Bank sorgen."
Sarah I ist begeistert... ihr Trainer legt dann aber sein Ich-habe-einen-anderen-Sinn-für-Humor-Veto ein. Die Mädels starten wieder im JETZT-ERST-RECHT-Modus und spielen sich in einen Rausch. Irgenwann macht sich aber doch der Unterschied im Tor bemerkbar. Das Gute gewinnt nicht ein zweites Mal am selben Tag, schlägt sich mit 15:18 aber beachtlich. Es fließen Tränen, so kurz nach Abpfiff haben die Mädchen noch nicht registriert, was sie da geleistet haben. Kurzes Shake Hands mit dem VfL. Schwarzer Rauch steigt auf.
Hallenwechsel. Die ersten vier Plätze werden zu 3/4 unter der nächtlichen Parkplatzrunde ausgespielt, dem sympatischeren Anteil der Endrunde. Der B&B Chor kämpft bis zum Umfallen, spielt mit Feldspielerin Mella im Tor. Die Füchse Berlin gewinnen hauchdünn mit 16:15 und beweisen Sinn für Humor: "Das lag nur an der fehlenden Torhüterin."
Gummersbach, die mit allen Mitteln ins Finale wollten, bekommen ihr Finale gegen Leipzig: 5:22. ZeeBees Mädchen jubeln. Spätestens am Bahnhof in Unna ist der Frust vorbei und der Chor singt wieder. 
Dein
Karsten