Liebes Handballtagebuch!
Es ist gewagt. Im Mai erst wird der Altersklassenumbruch stattfinden. Ende Mai ist der Ulzburgcup, die alljährliche Initiation der neuen D-Jugend. Uuuund... angemeldet. ZeeBee verschickt über die E-Jugend Trainerinnen die Infos zum Turnier an teils gänzlich unbekannte Mädchen. Fordert Rückmeldungen an. In der Zwischenzeit sind die ersten Schnuppertrainingseinheiten mit der neuen D-Jugend. Ein Neuzugang, vier Mädchen aus der alten E-Jugend, vier angeworbene Spielerinnen aus der Nachbarschaft mit Gastspielrecht, vier alte Hasen. ZeeBee wirbt für das Turnier. Wartet. Will eine Woche vorher die Gruppentickets besorgen. Immerhin fünf Spielerinnen! Das wird eng.
Tag vor der Abfahrt. Inzwischen elf Anmeldungen. Zugtickets sind besorgt.
>>ZeeBees Last Minute Reisen. Wie kann ich Ihnen helfen? Ulzburgcup? 12. Teilnehmerin für morgen? Selbstverständlich ist das kein Problem, deswegen ja Last Minute Reisen. Anreise mit den Eltern? Sie übernachtet nicht mit der Mannschaft? Mit den Eltern im Hotel? Lässt sich ab und an zu den Spielen blicken? Selbstverständlich, der Kunde ist König.<<
Notiz: Noch einen Elternabend ansetzen. Folterinstrumente als Exponate mitnehmen.
In der Unterkunft verkündet ZeeBee die Hausregeln, die Spielregeln des Trainers und beantwortet die dringlichste Frage der Mädchen:
>>Ich habe eine gute, eine schlechte und eine gute Nachricht. Wir haben die beste Torhüterin des Turniers. Die darf aber nicht ins Tor. Dafür dürfen alle anderen gerne mal ins Tor.<<
Gastspielrechtstorhüterin Carlotta hatte vor einigen Wochen ein unglückliches Zusammentreffen von heißem Wasser mit ihrem Schoß und soll möglichst erst einmal nicht ins Tor.
ZeeBee führt noch Einzelgespräche. Alle drei Haupttorschützinnen sind in die C hoch. ZeeBee schwört Lucie, Katharina und Emily (Roggisch 4.0) auf ihre neue Rolle ein. Dann Frida. Ein Jahr als E-Jugendliche in der D, Trainingsweltmeisterin, lässt im Training auch mal zwei Jahre ältere Spielerinnen wie Fahnenstangen stehen... spielt immer mit angezogener Handbremse. Das muss nun ein Ende haben als echte D-Jugendliche in der D-Jugend. Als letztes Nella. Es droht dasselbe Phänomen, zwei Jahre versetzt. Kommt frisch aus den Minis, von ZeeBee sofort in die D befördert. Handbremse tabu.
Erstes Spiel um 8:30 gegen Gastgeber SV Henstedt Ulzburg. Erinnert um die Uhrzeit jedes Mal wieder an The Walking Dead. Beide Teams spielen auf Augenhöhe, leichte Vorteile für den TVB. ZeeBee ist die ersten drei Spiele allerdings überwiegend mit Flohzirkus beschäftigt:
>>Mathildaaaaaa! AUSSENLINIE!<<
>> Katharina, Carlotta, Emily aus dem schwarzen Kreis [Basketball 3 Punkte Zone] raus!<<
>> Melena zwischen Tor und Gegenspielerin!<<
Mit etwas defensiverer Wechselei wäre ein Sieg drin, ZeeBee wechselt aber munter durch. Auftaktspiel 11:13. Im nächsten Spiel gegen Hamburg Nord (späterer Turniersieger) sehen die Mädels keine Schnitte. Dann folgt mit dem Stralsunder HV eher eine fortgeschrittene Anfängermannschaft. Im Spiel gelingt Frida ein lupenreiner Hattrick. Knoten geplatzt?
>>Und?! Hat es weg getan?<<
Die Mädels führen 11:5, in der zweiten Hälfte wechselt Abwehrchefin Emily aus dem Deckungszentrum ins Tor. Gute Nachrichten für Stralsund und deren Rückraum Mitte, Roggisch 4.0 kennt nur Abwehr auf 100%. ZeeBee musste schon mal korrigierend einschreiten.
>>Emily. Manchmal verteidigt man Stiere. Manchmal Schafe. Deine Gegnerin ist ein Schaf. Lass sie leben!<<
Ohne Abwehrchefin hakt es im Deckungszentrum. 11:11. Schluss mit lustig, ZeeBee wechselt noch mal ein wenig durch. 12:11 gewonnen.
Lugi Lund 3. Die Schweden haben entweder nur starke Mannschaften oder taktieren, denn Lugi spielt nicht wie eine Drittvertretung. Fasziniert beobachtet ZeeBee die Deckung in einem früheren Gruppenspiel. 3:2:1 ohne Libero in der D-Jugend. Ballfern stehen Außen und Halb der Gegner nahezu frei, denn das Abwehrbollwerk verschiebt wie ein eingeübter Formationstanz extrem zur Ballseite. Das sieht man auch nicht alle Tage. Spannende Variante. ZeeBee taktiert schon mal vor sich hin.
>>Wir könnten... sind wir technisch nicht dazu in der Lage.<<
>>Vielleicht... wird auch nicht klappen.<<
>>Dann aber... nö.<<
ZeeBee überlässt Co-Trainerin Amina zu Übungszwecken die Brücke und lehnt sich zurück. 9:14 ist noch ein beachtliches Ergebnis gegen den späteren Turnierzweiten. Parallel zur D-Jugend haben ZeeBees Ex-Mädels in der C-Jugend mit zwei Siegen zu einer Niederlage immerhin die Hauptrunde erreicht.
Samstagmorgen ein niedersächsischer Neo-Klassiker. Peine - Badenstedt in der C-Jugend. Das neue Schwergewicht gegen den Platzhirschen. Nur eben nicht Lutz vs. ZeeBee sondern ZeeBees ehemalige C-Jugendliche Pia. Warum soll es Pia besser ergehen als ZeeBee siebzehn Jahre lang... Peine gewinnt 11:8. Das Privileg eines Sieges gegen Peine muss sich Pia noch ein paar Jahre erarbeiten.
Die Mädels treffen auf EBT Berlin. Mit Trainer Bernd hatte ZeeBee schon C-Jugend Duelle beim Sauerlandcup und beim Kupper Cup. Es soll ein richtungsweisendes Spiel für die nächsten zwei Jahre werden. Berlin spielt... schmutzig. Klammern, nur Klammern. ZeeBee wird etwas ungehalten und konzentriert sich ausnahmsweise auch auf die Linie des Schiedsrichters. Die Mädels? Zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt sind, jammern nicht, kämpfen. Der Schieri? Pfeift einen Freiwurf nach dem Anderen, lässt irregulär entrissene Bälle durch und erkennt die Tore danach an. In der Halbzeit lobt ZeeBee die Einstellung des Teams.
Die Berliner Mädels fühlen sich bestätigt. ZeeBee platzt allmählich der Kragen und erinnert den Schieri lautstark an sein Regelwerk. Der unterbricht sofort das Spiel, marschiert zur Bank und droht nicht mit Gelb, nicht mit Hinausstellung sondern kündigt gleich Rot an. Auch die Regel ist hier unbekannt. Dann dreht er wieder ab und schickt erstmals eine Berlinerin vom Feld. Die Mädels nutzen den Vorteil und schließen auf. Zwei Minuten vor Schluss liegt der TVB zwei Tore zurück. Die Berlinerinnen haben die plötzliche Änderung der Handballregeln mitten im Spiel nicht erkannt und finden sich in den letzten zwei Minuten in doppelter Unterzahl wieder. Anschlusstreffer, Ausgleich und mit dem Schlusspfiff der Siegtreffer... soll eine halbe Sekunde zu spät eingeschlagen sein. Unentschieden. 7m Werfen nach IHF Regel 2:2.
Carlotta hatte vorab mit Mama telefoniert. Sie dürfe auch mal ins Tor, streift sich nun eine lange Hose über. Noch eine. Eine dritte. Eine passt noch. ZeeBee wählt fünf Werferinnen aus, die allesamt darüber nicht glücklich wirken. Carlotta stakst etwas steif Richtung Tor, stellt sich in den Kasten und... ZeeBee hat Carlotta noch nie im Wettkampf erlebt und maximal zweimal im Training im Tor. Sie kommt zwei Meter raus, nimmt ihre Gegenspielerin fest ins Visier und jeder Muskel Körpersprache sagt: "Du nicht, Baby!" Die Gegenspielerin versucht es mit einem anspruchsvollen Heber, den Carlotta weglächelt. Großer Jubel an der Mittellinie beim TVB. Berliner Torhüterin hält ebenfalls. Übertreter Berlin. Wir verballern. Mittlerweile sind die nachfolgenden Mannschaften eingetroffen. Ulzburgs Trainerlegende Eggi macht sich schon auf der Bank neben ZeeBee heimisch und grinst angesichts des 0:0 nach vier Würfen. Wir werfen vorbei. Nächster Übertreter Berlin. ZeeBee scherzt mit Eggi über die Auswahl seiner Werferinnen. Wir schmeißen die Kugel deutlich über das Tor. Carlotta hält im Hürdensitz! Frida tritt an. Will loslegen. Der Schieri jagt noch mal alle Zuschauer von der Spielfeldhälfte, während Frida angespannt am 7m Punkt steht. Hält die Konzentration? Links unten versenkt. Letzter Wurf Berlin. Rechts unten versenkt.
>>Fünf neue Werferinnen.<<
>>Fünf NEUE? Irgendwann habe ich keine mehr.<<
IHF Regel 2:2: Für diese Fortsetzung benennt jede Mannschaft wiederum 5
Spieler. Hierbei dürfen dieselben Spieler wie beim ersten
Durchgang benannt werden, auch ein Wechsel einzelner oder aller Spieler
ist möglich.
ZeeBee schickt fünf neue, nicht eben glückliche Mädchen ins Rennen und tröstet, nach dem ersten gewonnenen Duell müssen die späteren Mädchen gar nicht mehr ran. Den ersten Wurf nimmt sich Torhüterin Carlotta. Sie tunnelt ihre Kontrahentin und die hatte nicht wirklich breitbeining gestanden. Absicht? Die Mannschaft stürmt von der Mittelline los und wird wieder zurückgetrieben. Carlotta wechselt zurück ins Tor. Nun eine Linkshänderin. Kein Problem. Die Mädels stürmen von hinten, die C-Jugend stürmt von der Seite. Der Schieri hat andere Pläne, möchte das 7m Werfen nach dem erste Duell der Verlängerung fortsetzen.
IHF Regel 2:2: Diese Regelung ist bis zur endgültigen Entscheidung anzuwenden.
Ein Sieger steht jedoch bereits fest, wenn eine Mannschaft nach einem
Wurfwechsel in Führung liegt.
Der Schieri wird die Regeln schon kennen. Als nächstes Nella, die womöglich jüngste Spielerin des Turniers. Souverän. Die gegnerisch Torhüterin ist nun als Werferin dran. Pfiff. Holt aus. Nimm das rechte Bein weit nach oben, setzt es wieder ab, orientiert sich neu... Pfiff. Wurf. Es geht weiter. Berlins Torhüterin hält. Carlotta positioniert sich, lässt Körpersprache sprechen. Wieder eine Linkshänderin. Carlotta rauscht runter in den Hürdensitz. Gehalten! Der Schieri gibt das Signal, nach Hausregeln ist das 7m Werfen nun beendet. Die D stürmt nach vorn, die C von der Seite. Im Spiel um Platz 9 ein deutlicher Sieg gegen den Rellinger TV.
Das wD-Jugend Finale am Sonntagmorgen schauen sich C und D Jugend noch an. Dann Fußmarsch zum Bahnhof. Die C-Jugend pünktlich, erreicht den Zug. Die D-Jugend stattet sich noch mit Kuchen und bunten Tüten aus, geht noch mal auf Toilette, sucht noch mal einen Ball... Die C-Jugend passiert Hamburg auch nicht rechtzeitig vor dem Weichendefekt, muss ebenfalls anderthalb Stunden auf offener Strecke ausharren... hat dafür aber keine bunten Tüten mehr.
Dein
Karsten