Einführung Positionsspiel + Raumdeckung - das Chaos bändigen
An anderer Stelle wesentlich ausführlicher, hier eine Art Update. So gern ich die Manndeckung spiele (bis hin zu wC Sauerlandcup und Oberliga), irgendwann ist es Zeit für die Raumdeckung. Bislang decke ich diese Saison ausschließlich Halbfeldmanndeckung, auch in der wC Landesliga (zweithöchste Liga). Witzig natürlich, wenn längst alle D-Jugend Gegner Raumdeckung bis hin zur unzulässigen Fleischmauer spielen und man noch gar kein Mittel dagegen hat. Aber gegen den Gegenstoß kann sich keine Mauer formieren.
Aktuell folgt bei uns in der D die Einführung der Raumdeckung, demnächst Umstellung dann in D und C im Spielbetrieb. Warum? Weil die D-Mädchen größtenteils soweit sind und halbwegs anständig 1:1 verteidigen. Vorher stelle ich (nicht mehr) um.
Dazu bediene ich mich des Endlinienballs:
- zwei Mannschaften, ggf. auch drei im Überschlagmodus (12 oder mehr Spielerinnen)
- den Ball hinter der gegnerischen Auslinie ablegen
- die Spielfeldbreite wird an die Mannschaftsgröße oder auch an das Können angepasst (5:5 D-Jugendliche auf 20m passt)
- Anprellen statt Anwurf
Zu Beginn freies Spiel und Manndeckung, alsbald Einführung der spielentscheidenden Regel: Pässe nur noch zur Seite und nach hinten, Pässe nach vorne verboten! Das Angriffschaos wird etwas geordnet. Es muss sich ein Positionsangriff formieren, nach vorne rennen nützt nichts.
Taktik Angriff:
- Raumgewinn durch Prellen
- ohne Ball immer vier große Schritte hinter die gedachte "Balllinie"
- Ballannahme nur im Sprint
- Abwehrspielerinnen in die fatale Seitwärtsbewegung zwingen
Taktik Abwehr:
- Abwehrkette aufziehen, beim Ball verdichten ("Lücke zwischen zwei Angreiferinnen halbieren!")
- Außen verteidigen defensiv, öffnen den Raum nach außen, versperren Raum nach innen
- Sämtliche "Innenverteidigerinnen" verteidigen offensiv gegen die Ballführerin, lösen mit dem Pass aus der Kette (kooperatives Abwehrdreick gegen den Ball, statt zwei saftige Lücken), es geht eine "Welle" durch die Abwehrkette, immer dem Ball entgegen
- Angreiferinnen verlangsamen, Stoßbewegung unterbrechen/verkürzen
Das spielen wir WOCHENLANG zum Aufwärmen. Ich korrigiere bis zum Erbrechen. Und siehe da: Man kann dabei zusehen wie HANDBALL wie im Labor entsteht!
In der Manndeckung und bei freiem Spiel herrscht das Chaos. Beherrscht die Abwehr die Manndeckung, entsteht für das geübte Auge eine gewisse Ordnung. Der Angriff ist aber nach wie vor Chaos. Und viele Kinder- und Jugendmannschaften spielen auch im Positionsspiel gegen Raumdeckung noch Chaoshandball (dann muss ich zwangsweise zur Manndeckung greifen). Chaos erlebe ich natürlich auch zu Beginn beim Endlinienball:
- der Endloskreisel zweier Spielerinnen auf Außen ohne erkennbares Ziel
- Ballführerin attackiert eine Lücke, spielt ab, Passempfängerin attackiert dieselbe Lücke
- sinnlose Richtungswechsel
- harte Pässe in einer Phase ohne Druck, weiche ungenaue Pässe, wenn die zweite Abwehrspielerin gezogen wurde
- die Außen nehmen die Lücke außen nicht wahr, gehen mit der Ballannahme sofort nach innen
- gar kein Stoßen, Stoßen "auf Mann" oder Alibistoßen
- Stoßen und dann kein Zurückstoßen, alle auf der "Balllinie"
- wühlen, festgemacht werden, Ball trotz harter Gegenwehr behalten
Wo ich hinarbeite:
- Stoßen in die Passrichtung als Regel (Rechte Lücke - Pass! Rechte Lücke - Pass! Rechte Lücke -Pass!)
- Die Außen beackern erst die Lücke zwischen Außenverteidigerin und Außenlinie, dann erst Richtungswechsel (Linke Lücke! Linke Lücke! Linke Lücke!)
- Ballannahme im Sprint
- den Fuß in die Tür (Lücke) bekommen und dann entscheiden: Durchbruck oder Parallelstoß
Die entscheidenden Beobachtungsaufgaben der Mädchen:
- ernsthaftes Stoßen
"Weiter auf die Lücke, solange Du noch durchpasst! Ball nach hinten führen und beschützen! Ball weiterspielen, wenn Du zweite Abwehrspielerin gezogen hast!"
- Timing für Parallelstoß (Passempfängerin)
"Loslaufen, wenn der Wurfarm hochgeht!"
- Breitenraum nutzen
"Außen versucht noch zwischen Wand und Tapete durchzugehen! Niemand wird der Außenverteidigerin helfen!"
- Handgelenkspass ausdrücklich erlaubt
"Wenn es schnell gehen muss, kommt der Pass von der Hüfte weg!"
Es darf natürlich nie schematisch werden, von der Regelbewegung darf abgewichen werden... wenn es Sinn macht! Immer wieder kommt es auf grundlegende Prinzipien an:
Große Lücke ist besser als kleine Lücke!
Vor einer deutlich offenen Lücke darf nicht weitergespielt werden!
Richtungswechsel (Ball und Körper) erst, wenn sich die Abwehrspielerin deutlich in die Stoßrichtung bewegt hat!
Jede neue Generation wieder macht es Spaß, die Fortschritte zu beobachten. Ich habe auch keine Hemmungen, das Aufwärmspiel eine halbes Jahr durchzuziehen. Keine Grundübung kann mit dem Spiel mithalten, weil ich so das lebendige Chaos bändigen kann, statt in statischen Grundübungen das Chaos erst abtöte und dann alle Spielerinnen aus dem Stand starten lasse.