Offene niedersächsische Beachmeisterschaften E und D-Jugend in Cuxhaven. In der wD nehmen 23 Mannschaften teil. Das sollte doch Spaß bringen.
Samstagmorgen spielt um 10:30 etwa die Hälfte der D-Jugend Konkurrenz, in der Spielrunde danach die andere Hälfte. Nach unserem Auftaktspiel marschiere ich von Spielfeld zu Spielfeld, um mir etwaige starke Mannschaften in der Konkurrenz anzuschauen. Erstes Feld. Eine Mannschaft hat alle Auswechselspielerinnen in der eigenen Hälfte. Keinen Läufer. Gegner dasselbe. Nach 15 Sekunden ziehe ich weiter. Binnen drei Minuten grase ich 5 Felder = 10 Mannschaften ab, die allesamt offenkundig noch nie im Sand trainiert haben, lediglich zur Vorbereitung mal zwei Einheiten Beachtraining oder in der Sandkiste bislang nur Zeit verschwendeten. Schade, die tatsächliche Konkurrenz muss dann parallel zu uns gespielt haben. Hat sie aber nicht, vielleicht ein, zwei Torhüterinnen werfen überhaupt coast-to-coast, keine gegnerische Spielerin beherrscht den Spinshot. Kempa in der (weiblichen) D ohnehin (leider) kein Thema.
Beachhandball Basics
Ab der D-Jugend lässt sich eine gewisse Spielkultur im Sand betreiben, vorher scheint es mir - technisch - eher hoffnungslos zu sein. Und dennoch beobachtet man so wenig Beachhandball mit einem Plan auf Turnieren. Der Angriff rennt zu viert nach vorn, Abschluss, drei Feldspielerinnen und TW/Shooterin rennen raus und hinten wird dann aufgefüllt. Warum nach vorne laufen, wenn man nach vorne passen kann? Warum dem Gegner im Moment seines Ballgewinns für Sekunden das gesamte Spielfeld und die Initiatve überlassen?
- Läufer
Führt kein Weg dran vorbei. Will ich die gesamte Spielfeldbreite nutzen und damit auch den wechselseitenfernen Spielfeldstreifen, dann bleibt die Position für die gesamte Halbzeit fest besetzt. Spielerin bleibt im Feld und rennt jeden Angriff, jede Abwehrphase mit. Anderenfalls ist der Laufweg zum Wechseln zu lang.
"Nein... keine Spielerin wird bevorzugt, bei mir wechseln alle Kinder durch."
"Dann erklär Deiner Mannschaft doch mal, warum sie ständig verlieren!"
- Shooter oder kein Shooter
Lasse ich meine Torleute nach vorne laufen oder mache ich den Spezialistenwechsel mit Feldspielerinnen? Es kommt darauf an...
Bis letztes Jahr habe ich in der D und C noch nie den Spezialistenwechsel durchgeführt. Torhüterinnen spielten als Feldspielerinnen mit (es sei denn, sie hatten Shooterqualitäten), im Tor waren meine torgefährlichsten Spielerinnen. Der Spezialistenwechsel dauerte mir einfach zu lange und ich wollte in aller Regel fünf Sekunden nach Ballgewinn/Gegentor eine Wurfchance auf der Gegenseite haben.
Letztes Jahr waren wir in der wD im Tor allerdings so stark besetzt, dass ich den Zeitverlust durch Spezialistenwechsel erstmals in Kauf nahm. Dies Jahr hatten wir nicht nur eine starke Torhüterin, die wiederum war die einzige Torhüterin in der Konkurrenz, die in Serie von Tor zu Tor punkten konnte. Zwei Teams zwangen wir so, eine Halbzeit die Torwartüberzahl aufzugeben, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Und vorne konnte dann leider niemand den Spinshot.
Es bedarf dann beim Spezialistenwechsel einer Menge Disziplin der Feldspielerinnen, vorne nicht in Gleichzahl den Ball zu verdaddeln, während die Shooterin noch nachrückt. Wer Tempohandball bevorzugt, verzichtet auf den Wechsel, jagt seine Torhüterin mit Pass-Rückpass durch das Zentrum und erarbeitet sich so seine Blitzchancen. Ab der C-Jugend aufwärts haben sich dann häufig auch Torwartpersönlichkeiten entwickelt, die ich nicht im Feld verschwenden möchte, so dass dann der Spezialistenwechsel viel mehr Sinn ergibt.
- Wechselsysteme
Der Läufer immer vorausgesetzt, wie wechsele ich am geschicktesten?
TW/Shooter greift mit an und Läufer plus
- zweimal vorne raus, hinten rein
- zweimal hinten raus, vorne rein
- einmal vorne raus, einmal hinten raus
- Kombi von einmal vorne oder hinten raus plus "Spezialistenpendel"
- doppelter/dreifacher "Spezialistenpendel"
Was habe ich überhaupt für Voraussetzungen? Wenn ich keine Torhüterin für den Langpass habe UND keine Spinshotspezialistin, kann ich zweimal vorne raus, zweimal hinten rein spielen. Das wäre für Anfängermannschaften die goldene Alternative zum stumpfen "alle vorne raus".
Habe ich schon mal ein, zwei Spinshotexpertinnen UND eine TW mit Langpassqualität, MUSS ich einmal vorne raus und gegenläufig einmal vorne rein spielen. Spinshotcracks müssen einfach vorne rein für die Torchance ohne Abwehrspielerin! Die Torhüterin bekommt dann mit auf den Weg, dass mit jedem Ballgewinn/Gegentor der erste Blick zum gegnerischen Tor geht (Schuss!), dann der Blick vorne in die Wechselecke (Langpass!) und erst danach der Kurzpass in die eigene Hälfte gespielt werden darf.
Ab drei Spinshotcracks kann ich mir überlegen, ob ich immer zweimal vorne einwechsele. In der D-Jugend dann vielleicht das überlegene System, allerdings wird das meist ohne Sinn und Verstand gespielt. Einwechselspielerinnen rennen planlos Richtung Spielfeldmitte, quer Richtung Abwehr oder eine bleibt in der äußersten Ecke stehen und hat keinerlei Aktionsradius beim ungenauen Pass, bzw. einen unglücklichen Anlaufweg für den Spinshot. Eine Spielerin sollte fünf Schritte schräg Richtung Spielfeldmitte laufen, die andere zwei. Torhüterin hat dann eine zusätzliche Aufgabe:
- Schuss
- Langpass Ecke
- Langpass Zentrum (mit Verlängerungsoption!)
- dann erst Kurzpass
Drei Chancen auf den Doppelpunkt, bevor sich der Gegner überhaupt formiert hat.
Weniger kinderfreundlich aber sicher sehr effektiv: Ich nenne es mal den "Pendelwechsel". Habe ich auch schon in Extremausführung gesehen, drei Abwehr- und drei Angriffsspezialistinnen. Spielt aber zum Glück fast niemand.
Seit einigen Jahren lege ich im Sand auch großen Wert auf das Blocken. D-Jugend. Blocken. Häh?... Jupp, das geht. Muss man nur behutsam einführen, sonst gibt es Luftzusammenstöße. Ein oder zwei Mädchen werden sich als Blockspezialistinnen herauskristallisieren. Wir hatten mal eine solche Spielerin, die nun Gardemaß von 1,80 m hat. Wohl dem B-Jugend Trainer, der eine große Abwehrspielerin erbt, die eine Blockausbildung im Sand erhalten hat!
Habe ich nun ein oder zwei Blockmonster UND ein oder zwei Spinshotcracks, kann ich mir überlegen, ob ich sie nicht direkt gegeneinander wechsele. Die laufen dann nicht mit nach vorne, bzw. nicht mit nach hinten und machen jeweils das, was sie am Besten können. Wie gesagt, nicht eben kinderfreundlich und der Spezialistenwechsel ist in der Halle vielfach im Kinderhandball aus gutem Grund verboten. Ließe sich aber in einem Turnier in einem Halbfinale oder Finale mal als Überraschungsvariante bringen.
- Abwehr
Kreuzwilde offensive Raumdeckung? Fleischmauer verschiebend oder auf der Shooterseite? Einzelmanndeckung von TW/Shooter? In der Halle spielen wahrscheinlich alle Teams offensiv und in der Theorie auf Ballgewinn. Sind sie dann plötzlich in Unterzahl im Sand, wird dann mit den Hacken am Kreis wie in den 80ern in der Halle verteidigt. Laaangweilig! Ich gebe wenig vor, die Mädels sollen auf Ballseite verteidigen, ohne Gegenspielerin mit Ball in der Querstellung und der Aktionsradius wird freigestellt. Sollen sie ihre Erfahrung sammeln. Der Angriff kann nicht prellen, kein Grund nicht offensiv zu decken.
Wir haben dies Jahr sowohl mit 1 TW/2 Shootern gespielt, mitten im Spiel aber bei Vorsprung mal umgestellt auf 3 TW, wenn Marit den Gegner mit coast-to-coast Würfen zur Verzweiflung gebracht hat. Eine Linkshänderin fehlt, so hatten wir stets eine Rechtshänderin auf der Läuferposition. Ansonsten spielen wir mit Einerwechsel vorne wie hinten, so dass wir hinten die (seltenen) Angriffseinwechselspielerinnen auf der Gegenseite noch erlaufen können. In der Deckung spielen wir prinzipiell offensiv mit viel Laufarbeit "in den Räumen" und nehmen die gegnerische TW/Shooterin nur in Manndeckung, wenn sie etwas torgefährlich ist und die übrigen Angreiferinnen keinen Spinshot beherrschen oder die Shooterin wirklich ihren Namen verdient. Fazit: Mit einer guten technischen Ausbildung in der Halle und ab Mai einmal die Woche Training im Sand lässt sich recht erfolgreich sandeln. Es müssen gar nicht drei Wochentrainingseinheiten in der Sandkiste sein.