Beiträge von Tretjock

    Witzke und Knorr sind beim besten Willen nicht im Ansatz miteinander zu vergleichen. Bei Dänemark hätte ein Knorr durchaus Chancen, nominiert zu werden; nicht sicher, aber vielleicht. Witzke würde dem Jacobsen doch nicht mal ein Begriff sein. Auch wenn es kein schlechter Spieler ist, keine Frage. Aber eben kein gehobenes internationales Niveau.

    Köster wird mir im Angriff zu sehr gehyped. Kreativität erkenne ich da auch nicht wirklich. Ganz guter Werfer. In der Abwehr ist er Klasse.

    Ich habe auch nicht gesagt, dass Witzke auf dem Niveau von Knorr ist. Er ist aber auch kein undynamischer Rückraumspieler, der spielerisch limitiert ist. Das wäre ja eher der Typus deutscher Rückraumspieler der letzten Jahre. ;) Ich habe es schonmal gesagt, wir hatten bei der WM die vielleicht flüssigsten Spielphasen als Gislason Knorr und Witzke hat zusammenspielen lassen. Das ist für mich kein Zufall, weil wir da zwei Spieler hatten, die dynamisch sind und genügend Spielintelligenz mitbringen.

    Wer Köster in der Bundeslioga schon öfters verfolgt hat, der sollte auch gesehen haben, dass er auch als Vorbereiter sehr stark ist. Von daher würde ich schon sagen, dass er eher in die Richtung Spielstarker RL geht. Was gerade in der NM noch fehlt ist doch, dass er sich mehr Würfe nimmt und noch mit mehr Zug aufs Tor geht.

    In den Junioren Auswahlteams haben die Ergebnisse doch schon immer gestimmt. Die Lehrgänge dort sind aber auch das reinste Trauerspiel, was die Entwicklung angeht. Nur Taktik und Video. Klar stimmen dann mal die Ergebnisse, vor allem wenn es noch Blockbildungen und damit Eingespieltheit zB durch Berlin gibt. Entscheidend ist die individuelle Qualität und da wird genauso wenig Weltklasse nachkommen wie bisher.

    Wie schon oft geschrieben, die Tatsache, dass Knorr sich so undeutsch wie möglich (kein Leistungszentrum, Ausland) hat ausbilden lassen, sagt doch ALLES. Er ist mit Abstand der beste deutsche Rückraumspieler seit Langem.

    Witzke ist doch auch spielstark und nicht der klassische deutsche Rückraumspieler. Nach der Logik dürfte so einer doch heute nicht in der A-Nationalmannschaft spielen.

    Vielleicht ist das auch zu kurz gedacht oder etwas plakativer: eine Milchmädchenrechnung.

    In Dtl. wird sehr zeitig auf Körperlichkeit, "Systemtreue" und Zerstörung (Spielunterbindung statt Balleroberung) Wert gelegt, was deutlich auf Kosten der Individualität und Kreativität geht. Vielleicht liegt dadurch auch der Erfolg im Nachwuchs mitbegründet und wenn die anderen zu ihrer individuellen Kreativität den Körper bekommen und das "System" beherrschen, überholen sie ohne einzuholen ;)

    Ich hatte das vor einiger Zeit schon im Ausbildungspfad gepostet, Tipp von Benno Wiegert an Nachwuchstrainer, die Kernaussage mal zusammengefasst: Abwehrsystem kannst du später im Crashkurs ruckzuck beibringen, individuelle Fähigkeiten, die die Kinder/Jugendlichen nicht gelernt haben, eher nicht.

    Kleine Anekdote: Zwei noch relativ schmächtige E-Jugendliche, die technisch schon ziemlich versiert sind, mit gutem 1:1 und sehr guter Spielübersicht, sind bei der HVSA-Sichtung durchgefallen, ein recht großgewachsener Linkshänder der gleichen Mannschaft, der beiden spielerisch in keiner Weise das Wasser reichen kann, wurde genommen; kleines Bonmot dazu: Sieht man die Eltern der drei Jungs, werden die jetzt Kleinen am Ende wohl mindestens die gleichen Körpermaße haben. Das ist Verbandssichtung in Deutschland.

    Das was du sagst mit der fehlenden Kreativität und dem Fokus auf Systemtreue ist absolut richtig. Das sehe ich auch so.

    Wobei man ja an Spielern wie Witzke oder Köster sieht, dass es auch Ausnahmen in der Ausbildung gibt und nicht nur auf die Physis geschaut wird. Witzke ist jetzt körperlich kein "Bulle", aber sehr wendig auf den Beinen . Köster ist für mich ein spielstarker RL, der ein gutes Auge mitbringt.

    Die Tendenz stimmt schon wie von dir geschildert. Ich fand es früher aber noch viel extremer und sehe ich den letzten und kommenden Jahrgängen auch andere Spielertypen.

    Stutzke und Co haben aber auch schon in der Jugend z.B. gegen die gleichaltrigen Portugiesen ordentlich auf die Mütze bekommen.

    Grundsätzlich sollte man die Ergebnisse im Juniorenbereich auch nicht überbewerten, der Übergang kommt dann erst noch (was häufig das Problem ist). Es ist aber doch trotzdem sehr auffällig, dass wir im Juniorenbereich noch absolut konkurrenzfähig sind. Aktuell bin ich da auch wieder sehr optimistisch wenn ich mir die kommenden Jahrgänge so anschaue.

    Ohne den besten Spieler von Dänemark, der zum zweiten Mal ein super Spiel gegen die A-Nationalmannschaft gemacht hat.

    Trotzdem sind wir bei den Junioren scheinbar noch konkurrenzfähig. Die Probleme fangen dann später an....

    Selbst, wenn man mal Shooter Kühn in 2016er Form mit dem 2023er Mensing vergleicht, ist letzterer nicht nur ein starker Shooter, sondern auch noch spielintelligent und beweglich.

    Die Hoffnung liegt also bei Köster, einem wiederkehrenden Heymann und der Wundertüte P.Weber.

    Auf RR sieht es ja noch dramatischer aus.

    Ich fand auch die Variante mit Knorr und Witzke bei der WM ganz interessant. Da hatte man einen sehr beweglichen Angriff. Witzke hatte auch einen starken Zug zum Tor und nahm sich Würfe aus dem Rückraum. Ansonsten, ja, Köster muss sich in der NM im Angriff noch steigern und mehr zutrauen. Vor allem braucht eine Alternative zu ihm in der Abwehr. Der Junge braucht auch seine Pausen wenn er im Angriff (durch)spielen soll.

    Die Abschlussschwäche, insbesondere aus dem Rückraum ist wirklich eklatant. Da sind die Dänen qualitativ mindestens eine Liga besser als wir.

    Das ist leider das zentrale Problem. Was wir da für einen Aufwand betreiben müssen ist schon Wahnsinn wenn man das mit anderen Topnationen vergleicht. Nur Stutzke war heute zeitweise aus dem Rückraum erfolgreich. Das ist schon sehr mau.

    Die Abwehr ist auch miserabel.

    Würden die Dänen nicht so viele freie verballern mit blöden Drehern etc , hätten sie jetzt schon über 30 !

    Ja, weil man sich jetzt auch längst aufgegeben hat. Nach 35 Min. ist man wieder auf 14:16 dran und dann wirft man vorne Ball auf Ball weg. 10 Min. ohne eigenes Tor und beim 14:20 war die Partie dann gelaufen. Und jetzt sag mir nochmal, dass es heute an der Abwehr lag.

    Darf ich fragen welches Spiel du meinst ?

    Ohne Wolff wäre es jetzt schon fast zweistellig

    So ein Quatsch. Aber bei dir ist dass Glas sowieso immer halbleer. Wir bekommen durch zu viele technische Fehler viele Gegenstöße. Aus dem gebundenen Spiel steht die Abwehr schon deutlich besser als im Hinspiel. Und eine starke Torwartleistung gehört halt dazu.

    Das Problem ist ganz klar der Angriff. Da kommt halt zu wenig. Aber da fehlen uns ohne Köster und Witzke noch mehr die Alternativen.

    Nach der ersten Euphorie über die Neuzugänge folgt eine noch größere Euphorie, wenn man mal so über die letzten 3 Jahre in Flensburg (und der Liga insgesamt) nachdenkt. Die Corona Geschichte wurde relativ locker weggesteckt, der "Kolstad und Aalborg Schock" wurde mehr als kompensiert. Und all jene, die letztes Jahr schon wieder den Untergang der deutschen Liga sahen, wurden mal wieder eines Besseren belehrt....

    Das von einigen dem Untergang geweihte Flensburg (OK, vor einem Jahr hatte ich auch ein wenig Sorgen um die Zukunft der SG) hat die Abgänge nicht nur kompensiert, sondern die größten Talente des Handballes an die schöne Förde gelotst und dazu langjährige Verträge mit den Top Spielern, den Neuzugängen und dem Trainerstab gemacht. Das wird natürlich auch in Zukunft keine bösen Überraschungen verhindern, aber ist angesichts des "volatilen" Marktes das Beste, was die SG machen konnte und setzt ein Zeichen an alle Mitbewerber.

    Wie singt die Nord so schön: "Die SG ist wieder da!"

    Richtig. Nach Gisdel kommt jetzt mit Pytlick der nächste Hochkaräter in die Bundesliga. Die Liga bleibt sehr attraktiv. Mal abseits von vollen Hallen, einer starken Konkurrenz, bekommt man hier auch noch ganz gutes Geld und vor allem pünktlich. Wenn man jetzt wieder die Probleme in Kielce sieht, dann bleiben doch nicht mehr so viele Topclubs, wo man diese Sicherheit hat. Und ich werde nie verstehen wie man mit 22 Jahren schon nach Barcelona wechseln kann. Großer Club, viel Geld, alles ok, aber diese Liga hat keinen Reiz mehr und man spielt regelmäßig vor traurigen Kulissen.

    Was woanders besser läuft, ist nicht so schwer zu verstehen, nämlich mehr Fokus auf die Breite und keine zwangsweisen kannibalistischen Leistungszentren. Aber das haben wir ja schon zu Hauf durchgekaut hier. Irgendwann schreibe ich darüber mal ein Buch ...

    Das sehe ich ja auch so. Oft reicht aber auch schon genügend Spielzeit für die eigenen Talente, die wir haben. Für mich ist das zentral bevor man den Schritt zu einem stärkeren Verein macht. Es ist doch nicht so, dass wir die letzten Jahren in den Junioren-Teams überhaupt keine Talente produziert haben. Die brauchen aber Spielpraxis, Spielpraxis, Spielpraxis. Nur in Deutschland sollen Spieler dann immer behutsam aufgebaut werden. Nein, die kann man auch sofort mal ins kalte Wasser werfen. Köster spielt gleich in seiner ersten Bundesligasaison richtig gut und musste früh Verantwortung übernehmen.

    Mag sein. Was ich bedenklich finde, ist, dass ohne Köster die Abwehr auseinanderbricht, es keinen zweiten gleichstarken Abwehrverbund gibt, wenn Köster ausfällt. Gislason hat ja meiner Interpretation nach angedeutet, dass sie im Training mehrere Abwehrkonstellationen ohne Köster trainiert haben. Aber keine zur Zufriedenheit des Trainerteams herausgekommen ist. Was sich im Spiel gegen Dänemark dann auch bewahrheitet hat.

    Gislason:
    „Wir können da sicherlich aus dem Rückraum nicht mithalten, müssen das anders lösen. In der Abwehr, wo wir versucht haben, vieles zu trainieren die letzten Tage, kann man nicht sagen, dass es gefruchtet hat.“

    Bin ich absolut bei dir. Das ist tatsächlich bedenklich. Vor allem weil man in der kurzen Vorbereitungszeit gerade das Hauptaugenmerk auf die Abwehr gelegt hat. Trotzdem bleibt auch die Torgefahr aus dem Rückraum eine große Problemzone.

    Ich finde gerade das sollte man tun.

    Wir haben den größten Handballverband und schaffen es nicht, unseren Nachwuchs entsprechend zu fördern? Warum wachsen in dem kleinen Dänemark so viele Talente nach? Oder Island?

    Man sollte schon mal über den Tellerrand schauen und bei den Dänen hospitieren. Irgendwas müssen die grundsätzlich anders machen...

    Natürlich sollte man schauen was woanders besser läuft. Veränderungen brauchen aber sowieso Zeit. Ich habe mich auf das Hier und Jetzt bezogen. Wir haben nächstes Jahr eine Heim-EM und 2027 eine Heim-WM. Ich denke für den deutschen Handball wird es wichtig sein, dass diese Turniere möglichst erfolgreich absolviert werden. Bis dahin müssen wir mit den Talenten leben, die nunmal gerade vorhanden sind. Und da kann man jetzt immer lamentieren, dass wir weit hinter Dänemark oder Frankreich liegen (was ja richtig ist) oder versuchen das Beste daraus zu machen und die Talente, die wir haben (soo wenige sind das auch nicht) erfolgreich zu integrieren und mitreißenden Handball zu spielen. Das sollte die nächsten Jahre der Anspruch sein.

    Die beiden sind sicherlich gute Talente, aber in Dänemark würde man ehrlicherweise über solche Spieler nicht mal nachdenken, Das ist eben der Unterschied zwischen den beiden Ländern.

    Ja, gut, ich habe ja selbst gesagt, dass wir aktuell nicht mit den Dänen mithalten können. Deutschland hatte auch früher nicht die besten Individualisten im Team und lag da immer meilenweit hinter Frankreich, sondern kam fast immer über eine stabile Abwehr und das Kollektiv. Für ein paar Erfolge hat es früher trotzdem gereicht und zuletzt nochmal 2016 wo man auch über das Kollektiv gekommen ist. Wobei ich Knorr schon für einen außergewöhnlichen Spieler halte. Auch im internationalen Maßstab. Um ihn herum könnte jetzt wieder eine Mannschaft mit Perspektive entstehen. Darum sollte es jetzt die nächsten Jahre gehen.

    Ich sehe mit Uscins und Ahouansou noch zwei große Talente in der Hinterhand. Ob es für die Heim-EM noch reicht muss man schauen. Es kommt schon etwas nach, aber man sollte sich auch nicht mit Dänemark und deren Talentpool vergleichen. Gerade Uscins könnte im rechten Rückraum mehr Druck auf Häfner ausüben. Steinert ist solide, aber stößt dann gegen stärkere Teams auch an seine Grenzen. Es bleibt dabei, wir brauchen insgesamt noch mehr Durchschlagskraft aus dem Rückraum. Das war ja laut Gislason eine Lehre der WM. Andere Nationen kommen zu leichteren Toren aus dem Rückraum. Witzke und Köster haben schon angedeutet, dass sie auch aus dem Rückraum Torgefahr ausstrahlen können. Wir brauchen da aber noch 1-2 zusätzliche Optionen um auch wechseln zu können.

    Ich hätte jetzt dieses Spiel nicht gebraucht um zu sehen, dass Dänemark deutlich weiter ist und in der Breite viel größere Möglichkeiten hat. ;)

    Nach den Ausfällen von Köster und Witzke war dieses Spiel aber noch mehr Muster ohne Wert für mich. Gerade in der aktuellen Saisonphase. Und dann spielt man noch auswärts in Dänemark. Mit einer etwas besseren Wurfausbeute (allein drei Siebenmeter wurden vergeben) hätte man das Ergebnis trotzdem noch besser gestalten können.