Hallo, hier ist ein Artikel von Andre Mielke aus der Morgenpost Berlin. Da sind doch einige Feinheiten anders und länger wie in dem in der Welt erschienenen Artikel. Mir persönlich gefällt dieser hier besser. Ansonsten kann ich nur sagen Andre Mileke ist in seinen satirischen Kommentaren immer ein Genuss, auch zu anderen Themen wie Olympia. Das war schon eine gute Idee von Olaf den Thread hier zu eröffnen. Obwohl ich Mielke schon länger lese wäre ich nicht auf die Idee gekommen.
Grüsse rolf
Ich habe leider nicht die geringste Ahnung wie man das ganze als Zitat kenntlich macht.
ZitatAlles anzeigen"Meckern macht müde
Der milde Blick des IOC auf die Olympia-Berichterstatter bei ARD und ZDF
Von André Mielke
Die tapferen Fernsehschaffenden bei den Olympischen Spielen wollen auch mal gelobt werdenFoto: dpa/dpaweb
Alle schwärmen von dem sagenhaften Handballspiel. Und den Hockeyfrauen! Die Wassergrabenreiter erst! Die Massen sind sogar bereit, sich von Piaffen, Passagen, Traversalverschiebungen, von Ulla Salzgeber und ihrem prächtigen Tanzhengst in Ekstase versetzen zu lassen. Frau Salzgeber hat in ein Mikrofon gesprochen, sie sei "sowohl für meinen Mann als auch für Rusty da". Da gibt's gar nichts zu lachen. Das ist Sport. Der ARD-Dressur-Kommentator ist übrigens unschlagbar. Andererseits sagt Kollegin Ursula Hoffmann: "Alles, was wir wissen, ist, dass Rusty seinen Fehler wieder gutmachen, dass er nicht scheuen will." Vielleicht gibt Rusty noch eine Pressekonferenz und erklärt, wieso er nur Silber gewonnen hat.
Alle gucken zu, aber wer verschwendet eigentlich auch nur ein Lächeln an die tapferen Fernsehschaffenden, die in Athen mit fulminanten Sendeleistungen brillieren? 5000 Watt und noch viel mehr, wer würdigt das? Niemand, abgesehen vom "Bild"-Kolumnisten Franz-Josef Wagner, der für Reinhold Beckmann gestern den Grimme-Preis forderte und ihn einen "Uli Wickert des Sports" nannte. Ansonsten kennt Deutschland im Fernsehen keine Verwandten. Nein, dieses Land hat nur fanatische Haasprediger, Beckmannbasher und Steinbrecherbrecher.
Was bleibt dem ZDF in so einer Situation anderes übrig, als selbst auf seine Verdienste hinzuweisen - mit einem kurzen Film im eigenen Programm, über Videotext, Internet und per Pressemitteilung: "IOC-Vizepräsident Dr. Thomas Bach hat - auch im Namen von Präsident Jacques Rogge - ZDF und ARD für ihre kompetente und umfangreiche Olympia-Berichterstattung gedankt. Bei einer kleinen Feierstunde im Athener International Broadcast Center überreichte Dr. Bach dem ZDF-Olympiaprogrammchef Eberhard Figgemeier und Moderator Michael Steinbrecher stellvertretend für das ZDF-Team symbolisch eine olympische Fackel."
Aus dem Text geht leider nicht hervor, ob bei dieser Zeremonie die Hymne intoniert und Olivenzweige verabreicht wurden. Es gibt wohl auch kaum Grund zur Hoffnung, dass Steinbrecher inzwischen mit der symbolischen Fackel unterwegs nach Peking sein könnte, und zwar jahrelang.
Aber man bekommt immerhin einen Eindruck von der verantwortungsvollen Arbeit des IOC: Dr. Thomas Bach und Jacques Rogge sitzen seit zwölf Tagen mit einem Eimer Knabberzeug in einer abgedunkelten Hotelsuite mitten in Athen. Sie gucken deutsches Fernsehen. Wenn das Olympialied von Anastacia läuft, dann stehen sie auf und tanzen. Das heißt, sie tanzen alle fünf Minuten. Sie fassen sich dabei an den Händen. Sie sind glücklich. So schön, so bunt, so gut frisiert hätten sie sich Olympia nicht vorgestellt. Möglicherweise ist ja ihr Popcorn nicht in Ordnung. Aber vielleicht muss man das ZDF ja auch mal so richtig gut finden dürfen. Meckern macht müde.
Außerdem hat der Sender nur in der Schlussphase der regulären Spielzeit des Handballkrimis ein paar entkrampfende Werbespots eingestreut. Vor der ersten Verlängerung jedoch schalteten sie - wider alle Erwartung - nicht zur Zwischenrunde im Schaukelpferdhochkegeln. Statt der zweiten Verlängerung zeigten sie - obwohl die Versuchung schier übermächtig gewesen sein muss - kein Steinbrechergespräch über den olympischen Geist an sich. Sie brachten das Siebenmeterwerfen. Alles. Mit Jubel hinten dran. Und dann war der wohltuend sachliche Rudi Cerne im Studio. Es war zu schön. Wahrscheinlich war der Fernseher nicht in Ordnung."