"Marketing-Bemühungen im Handball
Sprachloser Sport
Dortmund – Der Pressesprecher des Deutschen Handballbundes, Detlev Zenk, hat sich über seine Entlassung zum 30. September 2003 gewundert. Nach der erfolgreichen WM im Januar in Portugal erhielt er für seine „engagierte Arbeit“ noch Dankschreiben von DHB- Vizepräsident Horst Bredemeier und Sportdirektor Arno Ehret. Nun teilte ihm der DHB-Präsident, Ulrich Strombach, in einem Zweizeiler mit, dass die Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit aufgelöst und das unbefristete Arbeitsverhältnis gekündigt werde. „Ohne Vorgespräche, ohne Ankündigungen“, sagt Zenk. Auch die zweite Mitarbeiterin der Pressestelle, seit elf Jahren beim DHB, muss gehen. Ein überraschender Schritt, zum einen, da sich Sport mehr denn je über die Medien transportiert, zum anderen, da der DHB mit 835 000 Mitgliedern in Deutschland der zweitgrößte Ballsportverband und weltweit der größte Handballverband ist.
Was die Kommunikation betrifft, liegt im deutschen Handball einiges im Argen: DHB-Präsident Ulrich Strombach war im Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft im österreichischen Ampflwang für eine Stellungnahme trotz mehrfacher Versuche nicht zu erreichen. Sein Geschäftsführer Harald Wallbaum reagierte auf die Anfrage barsch: Es handele sich bei der Öffentlichkeitsarbeit um eine interne Angelegenheit. „Selbstverständlich“ werde die Öffentlichkeitsarbeit fortgesetzt, nur mit anderen Strukturen. Mit welchen, das gehe die Presse nichts an.
Nach den Erfolgen der Nationalmannschaft bei der EM 2002 in Schweden und der WM 2003 in Portugal hatte Strombach versprochen, dass der deutsche Handball davon profitieren werde. Zu sehen ist davon bislang nicht viel. Zwar gibt es immerhin einen Trikotsponsor, die Suche nach einem Zentralvermarkter für Bundesliga und Nationalmannschaft blieb jedoch erfolglos.
Kleine Katastrophen
In der Handball-Liga, dem Dachverband der Ersten und Zweiten Bundesliga der Männer, sah es bis vor kurzem nicht anders aus. Auf der Internet-Seite wird als aktuelles TV-Highlight das Top-Spiel vom 28. Mai angekündigt, unter der Rubrik News finden sich die Spielberichte vom 34. Spieltag der im Mai abgelaufenen Saison. „Katastrophal“ sei dies, sagt der Liga-Vorsitzende Heinz Jacobsen. Die Öffentlichkeitsarbeit sei „dringend verbesserungswürdig“. Anders als der DHB hat das Liga-Präsidium reagiert: Seit dem 1. Juni managt Frank Bohmann den Bundesliga-Handball. Der 38-Jährige kommt vom Handelsriesen Metro, er will über die Medien die Wirtschaft anzulocken. Vor allem im Fernsehen will er zulegen: „Wenn 250000 Zuschauer im DSF das Top-Spiel der Woche sehen, ist das für die Industrie unterhalb der Wahrnehmungsgrenze.“
Ein Problem ist: Das chronisch defizitäre DSF hat kein Geld. Und die Öffentlich-Rechtlichen werden den Handball-Etat wohl kürzen. 15 Millionen Mark zahlte SportA, der Rechtevermarkter der Öffentlich-Rechtlichen, dem Deutschen Handball-Bund und der Handball-Bundesliga von 1999 bis 2003 für die Fernsehübertragungsrechte. Bohmann rechnet künftig mit deutlich weniger: „Die ARD hat sich für den Fußball verausgabt, da machen wir uns nichts vor.“ Maike Bremer von SportA will da zwar keinen Zusammenhang sehen, bestätigt aber, dass die Preise sinken werden. Bis zum Bundesligastart am 29. August sollen die Verträge unterschrieben sein.
Intern wundert man sich gleichwohl, dass die Liga nicht schon vor dem Auslaufen der Fernsehverträge an Sat.1 oder RTL herangetreten ist, „anstatt die Karre vor die Wand fahren zu lassen“, so ein Mitarbeiter des DHB. Auch innerhalb der Vereine ist man über die Öffentlichkeitsarbeit der Liga bislang wenig begeistert: „Da wurde insgesamt zu wenig getan“, sagt Klaus Schorn, Präsident von TuSEM Essen. Doch anders als beim DHB zeigt man sich bei der Liga auskunfts- und reformfreudig: Mit einer neuen Kommunikations- und Unternehmensstrategie wolle man den deutschen Handball auch wirtschaftlich auf Vordermann bringen, sagt Hauptgeschäftsführer Bohmann. Auch ein Zentral- Vermarkter sei in Reichweite. Ein Opfer der Reformen gibt es auch bei der HBL: Pressesprecher Arnulf Beckmann muss gehen. Der „kompetente Fachjournalist“ (Bohmann) werde als freier Mitarbeiter für die HBL weiter arbeiten. Eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit mit dem DHB sei nicht geplant. Zu dessen Auskunftsverweigerung wollte sich der Liga-Vorsitzende Jacobsen „die Bemerkung nicht verkneifen, dass mich dies nicht sehr wundert“.
Frank Gerstenberg"
Artikel aus der Süddeutschen Zeitung 21.07.2003
Habe den Artikel heute in der SZ gefunden.
Naja Klaus Schorn ist vielleicht nicht der richtige Mann um Kritik an der Öffentlichkeitsarbeit des DHB zu üben. ![]()