"Da wird so viel unqualifiziertes Zeug geredet"
Essens Klubchef Schorn verteidigt Handball-Ligaboss Jacobsen und fordert den Rücktritt des Kieler Managers
Hamburg - In der Handball-Bundesliga schwelt ein Streit um die Führungspositionen um Ligaausschuss-Chef Heinz Jacobsen: "Die Ligastruktur muss mit frischen Kräften besetzt werden. Es bringt nichts, alte Leute in neue Kleider zu stecken", sagte der Geschäftsführer des THW Kiel, Uwe Schwenker. Sein Kollege Fynn Holpert (TBV Lemgo) fordert, dass "alte Zöpfe abgeschnitten" werden müssten. Klaus Schorn (68) ist seit 27 Jahren Verantwortlicher beim Tabellenvierten TuSEM Essen, der am Sonntag im deutschen Pokalfinale unglücklich nach Verlängerung (30:31) an Flensburg-Handewitt scheiterte. Der dienstälteste Klubchef macht im Gespräch mit WELT-Redakteur Sven Beckedahl klar, dass er von der Offensive seiner jüngeren Kollegen wenig hält.
DIE WELT: Ist die Kritik an der Ligaführung ein Generationenkonflikt oder eine Palastrevolte?
Klaus Schorn: Ich mache mir sehr große Sorgen. Es geht dabei gar nicht um Parteinahme für Heinz Jacobsen. Alter ist keine Frage des Jahrgangs, sondern des Geistes. Wenn man sagt, Jacobsen muss weg, weil er jenseits der 60 ist, kann ich nur sagen: Ich habe im Zuge der Olympiaentscheidung, die Altersstruktur der NOK-Mitglieder gesehen. Von den 32 Verbandschefs, die da abgestimmt haben, sind mindestens über die Hälfte weitaus älter als Herr Jacobsen. Insofern kann ich diesen Punkt nicht nachvollziehen. Und was mich stört, das ist der Stil. Die jungen Leute müssen doch erst mal eingearbeitet werden. Wenn mir jemand wie Fynn Holpert sagt, er brauche ein halbes Jahr dazu, dann hat er von wirtschaftlichen Dingen überhaupt kein Ahnung. Ich habe bis vor kurzem noch ein Unternehmen mit 10 000 Leuten (Edeka - d.R.) geleitet. Aber mit welch einer Naivität und Brutalität in der Liga Kritik geäußert wird, find ich einfach nicht gut.
DIE WELT: Schwenker betont, dass nicht er, sondern Marketingexperten aus der Wirtschaft die Diskussion in Gang gebracht haben und die Fähigkeit der Liga-Verantwortlichen infrage stellen.
Schorn: Es sollten neue Strukturen in der Liga geschaffen werden. Ich war fünf Mal bei entsprechenden Sitzungen in Hamburg. Die jüngere Generation ist da nie hingekommen. Deswegen finde ich das Geschrei nicht so fair. Ich würde mich an Schwenkers Stelle etwas zurücknehmen, weil das die Fortsetzung seiner unaufrichtigen Attacken gegen Jacobsen ist. Er wäre gut beraten, wenn er sich bei den Möglichkeiten, die er in Kiel hat, auf den Handball und seinen eigenen Verein konzentriert, und nicht Leute wie Jacobsen niedermacht. Da wird so viel unqualifiziertes Zeug erzählt, da weiß man, wo es herkommt und wer es nicht verdient hat. So lange Schwenker sich in der Angelegenheit nicht fair verhält, müsste man eigentlich fordern: Schwenker muss weg. Er tut der Liga ja keinen Gefallen.
DIE WELT: Die jüngeren Manager sagen, dass sie nicht mehr kämen, weil sie regelmäßig von Ihnen abgebügelt würden.
Schorn: Das liegt daran, dass ich so spreche, dass ich auch verstanden werde. Ich kann meine Worte sehr wohl wählen. Doch wenn ich merke, dass jemand unaufrichtig ist, der Sache, dem Handball schadet - dass ich so etwas nicht stehen lassen kann, ist doch völlig klar.
DIE WELT: Also wollen Sie Ihren Kieler Kollegen Schwenker in den Gremien der Bundesliga nicht mehr dabei haben?
Schorn: Wenn er dem Handball nur schadet, und das tut er ja unbestritten, dann muss er weg.
Artikel erschienen am 15. Apr 2003
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