Nord-Derby: Das Wortgefecht der Manager
Olaf Knüppel vom HSV und Kiels Uwe Schwenker sprechen offen über Gemeinsamkeiten und Gegensätze
Mehrere Millionen sportbegeisterte Zuschauer saßen am vergangenen Sonntag vor dem Fernseher. Mit Spannung verfolgten sie das Finale um die Handball-Weltmeisterschaft zwischen Deutschland und Kroatien. Eine ganze Nation entdeckte eine neue Sportart für sich. Diesen Boom wollen sich der HSV Hamburg und der amtierende Deutsche Meister THW Kiel im brisanten Nordderby morgen um 15.45 Uhr in der Color Line Arena (live auf N 3) zu Nutze machen. Für die WELT sprach Christian Bönig vor dem Duell mit HSV-Geschäftsführer Olaf Knüppel und Kiels Manager Uwe Schwenker.
DIE WELT: Die Halle ist seit Wochen ausverkauft. Wie wichtig ist das Spiel?
Uwe Schwenker: Derbys gibt es schon immer und auf der ganzen Welt. Es ist schön, dass es so ist, denn unser Sport lebt von Emotionen. Für beide Mannschaften hat dieses Spiel eine hohe Bedeutung. Keiner weiß, wo er vom Leistungsniveau her steht. Nach der WM sind einige Spieler frustriert zurückgekommen. Wir hatten nur eine kurze Vorbereitungszeit. Aber das Spiel wird eine weitere Werbung für den Handball, das Interesse an unserer Sportart ist unheimlich hoch.
Olaf Knüppel: Das wird ein ganz brisantes Duell. Wir haben mit dem THW Kiel noch eine Rechnung offen, nachdem wir im Hinspiel unnötig einen Punkt abgegeben haben. Es gab in der vergangenen Zeit viele Dialoge zwischen Kiel und Hamburg, die nicht immer nett waren. Hinzu kommt die Geschichte mit Henning Fritz, der Bertrand Gille im Halbfinale der WM attackiert hat. Das fand keiner bei uns witzig. Wenn Gille sich nicht so professionell verhalten hätte, wäre die Situation eskaliert. Wir reagieren jetzt nur, Fritz hat agiert. Das motiviert jetzt noch zusätzlich. Wir wollen unbedingt gewinnen.
DIE WELT: Das Spiel könnte nicht nur in der Tabelle richtungsweisenden Charakter haben. Zeichnet sich nach der Partie ab, wer die Nummer eins im Norden ist?
Knüppel: Für mich ist die SG Flensburg-Handewitt faktisch die Nummer eins im Norden. Das sieht man bei einem Blick auf die Tabelle. Kiel hat uns gegenüber noch leichte Vorteile, aber es ist nichts vergänglicher, als der Ruhm von gestern. In dem Spiel sind wir mit Sicherheit kein Top-Favorit. Kiels leichten individuellen Vorteil werden wir mit Kampfkraft und Leidenschaft wettmachen. So, wie wir es gegen Flensburg und Magdeburg auch gemacht haben.
Schwenker: Mir geht es gar nicht darum, wer die Nummer eins im Norden ist. Wir haben gute Möglichkeiten, uns weiter zu etablieren und uns zu entwickeln. Wir sind noch lange nicht an unsere Grenzen gestoßen und auf einem guten Weg. Und bislang waren wir immer einen Tick besser als die Konkurrenz.
DIE WELT: Herr Schwenker, haben Sie gar keine Angst, dass der HSV Ihnen den Rang abläuft?
Schwenker: Nein. Man muss über den Tellerrand hinausschauen. Es ist wichtig, den Handball im Fokus der Öffentlichkeit besser zu positionieren. Mit den Möglichkeiten, die der HSV und auch Gummersbach haben, können sie unser Sportart helfen. Sie haben eine riesige Chance, aber auch eine große Verantwortung.
DIE WELT: Was glauben Sie, wird Sie am Sonnabend in der Color Line Arena erwarten?
Knüppel: Die Atmosphäre wird ähnlich wie die gegen Flensburg. Da hatten die Gäste in der Anfangsphase fast ein Heimspiel. Das Kieler Publikum ist vergleichsweise gut geschult. Aber ich bin mir sicher, dass die Hamburger dagegenhalten werden. Die lassen sich in ihrer Halle nichts bieten. Nur dieses Mal erwarte ich die Anfeuerungsversuche für unsere Mannschaft schon früher.
Schwenker: Ich erwarte rund 3500 echte Kieler Fans. Die werden sich sicher gut bemerkbar machen.
DIE WELT: Der HSV ist angeblich an der Verpflichtung des spanischen Nationalspielers Iker Romero von Ciudad Real interessiert. Auch beim THW Kiel soll der 22 Jahre alte Baske auf dem Wunschzettel stehen. Wird es eine Einigung geben?
Schwenker: Romero ist ein interessanter Mann, aber für uns ist das Thema gestorben. Wo der HSV Hamburg dran ist, da steigen wir aus. Das meine ich gar nicht negativ. Viele Spielerberater treiben die Preise in die Höhe. Im Gegensatz zum Fußball gehen bei uns die Spielergehälter nach oben.
Knüppel: Da muss ich mal etwas richtig stellen. Wir hatten bislang noch gar keinen Kontakt zu dem Spieler. Ich bin sauer, wie dieses Spielchen gespielt und forciert wird.
DIE WELT: Welche Visionen haben Sie?
Schwenker: In den vergangenen Jahren bin ich ein bisschen desillusioniert worden. Wir müssen gemeinsam unsere Sportart besser verkaufen. Wir haben jetzt gute Chancen und müssen auch mal investieren.
Knüppel: Unter globalen Gesichtspunkten muss es das Ziel sein, Handball in unserem Land hinter dem Fußball zu positionieren. Bezüglich unseres Vereins wünsche ich mir, dass sich die Mannschaft unter den ersten fünf der Liga etabliert und dass die Leute den HSV Hamburg mit der Raute verbinden.