Folgendes Szenario brachte mich zum Nachdenken:
Neulich bei einem E-Jugend-Spiel ist mir aufgefallen, dass das eine Team, angefeuert von den Trainern mit Zurufen wie „Festmachen!“, „Zumachen!“ usw., durch konsequentes Klammern immerzu versucht hat, den Spielfluss des anderen Teams zu unterbinden, ohne den Ball gewinnen zu wollen. Der unerfahrene Nachwuchs-Schiedsrichter hatte daran nichts auszusetzen und ließ dieses taktische Mittel über die gesamte Spielzeit zu ohne persönliche Strafen zu verhängen. Selbst Umklammerungen des laufenden Ballführers im Ringerstil mit anschließendem Umwerfen wurden nicht progressiv geahndet. Nach der fünfzigsten Klammerung habe ich aufgehört zu zählen. Es war schwer zu ertragen …
Beim Gespräch nach dem Spiel vertrat das „Festmachen“-Trainerteam mit großer Überzeugung die These, dass „Klammern“ erlaubt sei und alles „total“ fair gewesen sei, denn es gäbe keine Regel, die „Klammern“ bestrafen würde. - Über andere Aspekte des Spiels (Warum nimmt man keine erfahrenen Schiedsrichter in der E-Jugend? Was lernt man eigentlich durch Klammern? usw.) wurde danach nicht mehr groß geredet, wäre aber bestimmt auch interessant gewesen.
Im Nachgang habe ich mir die Handballregeln angeschaut und bin auf Folgendes gestoßen:
Das Wort „Klammern“ kommt iim Regelwerk seit 2010 tatsächlich nur noch bei den Schiedsrichterzeichen („Umklammerungen“) vor, nicht aber in den Regeln selbst.
In der Fassung vom 31.05.2005 heißt es unter Regel 8.2 c) noch:
Es ist nicht erlaubt:
c) den Gegenspieler (am Körper oder an der Spielkleidung) zu klammern, festzuhalten, zu stoßen, ihn anzurennen oder anzuspringen;
In den nachfolgenden Fassungen wurde dies geändert zu:
c) den Gegenspieler am Körper oder an der Spielkleidung festzuhalten, auch wenn er weiterspielen kann.
Meine Schiedsrichterprüfung liegt mehr als 30 Jahre zurück und ich bin nur noch interessierter Beobachter. Meiner Meinung nach umfasst die seit 15 Jahren geltende Neufassung dieser Regel jedoch auch das Klammern und führt als Aktion, die nur gegen den Körper des Gegenspielers gerichtet ist, auch immer zur progressiven Strafe nach Regel 8.3.
Ist diese Sichtweise richtig? Und warum wurde der Text dieser Regel geändert? Nur damit es "allgemeiner" formuliert ist? Gibt es dazu eventuell einen offiziellen Kommentar?