Bundesgericht zur charakterlichen Eignung von Schiris und (erneut) zur Bestimmtheit von Bescheiden

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke, dieses Urteil interessiert nicht nur die Schiris, sondern auch alle, die in den Verbänden Bescheide verfassen.


    Bundesgericht des DHB, Urteil BG 1/21 vom 26.03.2021

    Die charakterliche Eignung von Schiedsrichtern kann ständig überprüft werden. Bei Bedenken gegen die charakterliche Eignung können Schiedsricher im Kader zurückggestuft werden. Der entsprechende Bescheid muss allerdings bestimmt genug sein und u.a. den konkreten Tatvorwurf ohne Verweise enthalten.

    Normen: §§ 1 (5) c und 6 (2) SRO A DHB und § 45 (1) RO DHB. -

    Einschlägige kartellrechtliche Normen sind in diesem Verfahren außer Betracht geblieben. [Leitsatz von Handballrecht]

    Urteil BG 1/21

    Vorentscheiungen:
    Urteli BSpG 1K 1/20 (aufgehoben)
    BSpG 1K 4/19 (rechtskräftig)

    Erklärendes YouTube Video

  • wow....

    eine richtige klatsche für die vorinstanz und revionsgegner, der dem revionsfüher versäumnisse selbst im administrativen bereich vorwirft,
    selbst aber wie vom gericht festgestellt, einige davon selbst deutlich erfüllt hat.

    frage : das unangemessene äussern auf einer internetplattform, war dies hier auf der handballecke ?

  • es ist schon sehr schwer zu lesen-
    aber für einen schieri auch top- anhaltspunkte, wenn es mal ärger mit dem verband geben sollte-
    nicht nur wegen den charakterlichen sachlagen.

    ich habe selten ein so gut "aufgedröseltes" urteil in dem bereich gelesen.

  • Zitat

    ich habe selten ein so gut "aufgedröseltes" urteil in dem bereich gelesen.


    Da stimme ich dir zu, geht mir genau so. Liegt allerdings daran, dass ich noch gar keine Urteile aus diesem Bereich gelesen habe.

    Geht es dir da genau so, oder bist du da auch Experte, wie in vielen anderen Bereichen?

    P.S.: ich geb es gerne zu, spätestens auf Seite 5 hab ich zwischen den ganzen juristischen Fachtermini komplett den Faden verloren.

  • Ich finde es erschreckend, dass ich mich zwingen muss, so einen Text langsam und dreimal durchzulesen, um so halbwegs zu verstehen, wie das Gericht argumentiert. Ich bin sicher kein uneitler Mensch und nehme für mich in Anspruch wenigstens mal eine Vordiplomsprüfung in Recht für WiWi mit halbwegs intellektuellem Anreiz bestanden zu haben. Wie man sich derart von der Gegenwartssprache verabschieden kann, ganz abgesehen von denen durch Helge gut begründeten Zweifeln an den realitätsfernen Annahmen.
    Ich stelle mir gerade bildlich vor wie ein Referent in der 0815 SR-Fortbildung das Thema seinen Schülern nahebringen soll.

    Gbit es Vergleiche, ob die Fussballer auch so rumschwurbeln?

    Nur mal ein Beispiel für so ein Satzungetüm

    ergo: Wenn ich einen Freak unter meinen SR habe, der aufgrund charakterlicher Mängel zurückestuft wird, schreibe ich sinngemäß in den Bescheid. "Sportfreund X hat nach einer Zeit von 6 Monaten die Gelegenheit, seine charakterliche Eignung wieder überprüfen zu lassen." Also so eine Art Idiotentest für SRs?

    Ich kann nur aus Sicht der Basis warnen: Wenn Bescheide durch findige Vereine erfolgreich angefochten werden, aufgrund derart hoher formaler Anforderungen, führt dies zu exremen Frust. ich habe selbst miterlebt wie ein äusserst fähiges Oberligagespann zurückgetreten ist, da sich ein Verein mit genau diesen "Kompetenzen" um eine Sperre nach "Blau" gemogelt
    hat.

    Und da hilft auch nicht der wiederholte Verweis, dass man sich umso mehr Mühe geben muss, je höher und härter der Fall. Wenn ich einen Freak im Landesligakader habe und dieser soll in den Bezirk zurückgestuft werden: soll ich dann vorher bei HOK online nachfragen?


    Ob die beiden SRs im vorliegenden Falls jetzt "Freaks" sind, sei mal dahingestellt. Ich meine damit die Sichtweise eines Beschwerdeführers, welcher auf dem Rechtsweg ein offensichtliches zwischenmenschliches Problem aus dem Weg räumen muss.

    Tragikkomisch wird das Ganze bei diesem Absatz. Da wird eine völlig verschwurbelter "Leitfaden" für einen sachgerechten Bescheid erstellt, um dann mal eben noch einzu werfen

    In welchem Elfenbeinturm sitzen die Jungs und Mädels da oben?

    4 Mal editiert, zuletzt von alter Sack (22. April 2021 um 02:37)

  • Hallo Helge,

    verstehe ich das jetzt richtig, dass den beiden Jungs jetzt (unanfechtbar) Recht gegeben wurde und sie wieder als SR im Profibereich eingesetzt werden müssen? Und wenn dem so ist, wie verhält es sich denn mit dem "Verdienstausfall" der letzten beiden Jahre?

    Danke und Gruß

    Das Erste, was ein Kind lernt, ist gegen den Ball zu treten! Wenn es intelligent ist, nimmt es ihn später in die Hand !!!

    Die Wissenschaftler haben herausgefunden..... und sind auch wieder reingekommen :)

    Politiker sind wie Windeln, man sollte sie oft wechseln, und aus den gleichen Gründen! (Mark Twain)

  • Ehrlich gesagt, habe ich alles nicht genau studiert....

    Aber in welcher Form waren denn die 'Äußerungen auf einer Sportplattform' gehalten, die dann zu der Zurückstufung geführt haben?

    Prinzipiell halte ich ein gewisses Mäßigungsgebot für SR (und auch Stillschweigen über interne Vorgänge) für sinnvoll - war doch schon bei meiner SR-Schulung vor über 30 jahren so, dass der Lehrwart dringend zur Mäßigung als Zuschauer als nicht eingesetzter SR geraten hat, ja, erwartet hat....(wenngleich sich prominente SRs im Handballkreis nicht unbedingt immer ganz strikt dran gehalten haben ;) )

    Aber da blieb das halt in der Halle (und irgendwie war es auch eine andere Zeit) - schriftliches, weil im Internet, hat andere Dimensionen...Der Verbindlichkeitsgrad und die Zugänglichkeit von Schriftlichkeit ist halt viel höher,für mich erstmal logisch, dass sowas auch zu kKonsequenzen führen sollte

    Sorry, für meine 'alltagsweltliche' Anfrage - aber was wurde denn geschrieben?

    Einmal editiert, zuletzt von Karl (22. April 2021 um 09:59)


  • Aber in welcher Form waren denn die 'Äußerungen auf einer Sportplattform' gehalten, die dann zu der Zurückstufung geführt haben?

    Die Zurückstufung erfolgte wegen "ungebührlichem Verhalten im Beobachtergespräch". Wobei ich das ein sehr spannendes Thema finde, denn im Normalfall sollten außer dem Beobachter und dem Gespann keine weiteren Personen anwesend kein. Wenn man Aktio=Reaktio nimmt, dann sollte doch eigentlich auch eine entsprechende "Auslösehandlung" vorangegangen sein. Wer glaubt denn in diesem Fall dem Gespann, dass sie evtl. provoziert worden sind? Der Ausschuss (im übertragenen Sinne ein Zitat aus Wikipedia: Fehlproduktion (auch Ausschuss; englisch defect production) bezeichnet man in Unternehmen die im Produktionsprozess fehlerbehaftet hergestellten Endprodukte ;) ) folgt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der Argumentation des Beobachters.

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  • Im Grunde verpflichtet diese Entscheidung die spielleitenden Stellen zu nichts anderem, als zu dem, was den SR schon seit langem auferlegt wird,nämlich ein genauer Bericht unter Angabe der Norm. Das wird lustig, denn gerade im Bereich der Roten Karte mit Bericht begnügen sich die spielleitenden Stellen immer mit dem Ankreuztextbaustein "Verstoß gegen ..., festgestellt durch die SR..., Sperre gem. § 17 RO", ohne jedoch genau zu schreiben, was da passiert ist. Das wird künftig nicht mehr reichen wegen der Schwere der Folgen. Für meinen LV befürchte ich allerdings, dass jetzt gar keine Bescheide mehr kommen, weil keine Lust zu schreiben.
    Die Sprache des Urteils ist allerdings tatsächlich ultraabstrakt, wenn mir einer meiner Studierenden einen solche Begründung vorlegen würde, würde ich ihm das Ding um die Ohren schlagen, das ist für den Normalbürger nicht lesbar.

    Eine 100%ige Wahrheit gibt es ebensowenig wie 100%igen Alkohol. (S.Freud)

    • Offizieller Beitrag

    Das wird künftig nicht mehr reichen wegen der Schwere der Folgen.

    Neu ist das nicht. Das Bundesgericht wiederholt nur seine Rechtsprechung aus 2016. In der Tat habe ich seitdem zig zu unbestimmte Bescheide aufgehoben bekommen.

    @ gummiball
    Da es sich um Ehrenamt handelt, gibt es aus meiner Sicht keinen "entgangenen Gewinn" o.ä.
    Ob die beiden nun wieder eingesetzt werden müssen bzw. einen Anspruch auf Einsatz haben, ist eine sehr spannende Frage.

  • wenn ein korrekter bescheid kommt, müssten sie doch erstmal zur feststellung der derzeitigen charakterlichen eignung.... :D

  • also für jemanden der vorgibt "eine vordiplomsprüfung in recht" absolviert zu haben ....
    ob man nun "teleologisch" kennt oder nicht, einen ganz normale "wortschöpfung" in einem urteil eines obergerichtes.

    die urteile der zumindest oberen gerichte, sind im prinzip doch immer so geschwollen ausgedrückt-
    das ist doch absolut normal.
    und es ist und sollte auch nachvollziehbar sein :
    sie müssen im prinzip viele kleine einzelheiten aufdröseln und ihre antwort muss/ sollte unanfechtbar sein.

    deshalb ist dies von helge angeführte urteil auch absolut normal in der wortwahl, einzig und allein finde ich
    es weiterhin positiv zu erwähnen, dass man sich wirklich mühe gegeben hat, etliche eventualitäten anzusprechen :
    zunächst abgrenzung zu anderen vorschriften-
    dann anwendung der tatsächlichen vorschriften-
    dann versäumnisse der aus dem bereich antragstellung/ antragsentgegnung-
    und sogar noch die abgrenzung zu möglichen nachahmern mit anderer intuition-

    sie versuchen doch auch deutlich mit dem urteil grenzen in jede richtung aufzuzeigen, auf fehler hinzuweisen,
    damit weiteren verfahren manchmal mehr substanz zur verfügung steht.

    dass das ganze kein leckerbissen ist- weder zum lesen noch zum "normal" verstehen, leigt halt in der natur der sache -
    das urteil sollen die beteiligten verstehen, die urteilsgründe müssen sie sich von ihrem ra erklären lassen,
    dies ist in dem bereich das normalste der welt.

  • "gummiball"

    ich glaube nicht daran, dass nach den "anforderungen" die gestellt wurden und werden, eine zurückstufung einzig und allein
    auf die aussage einer einzelnen person in dem persönlichen "beurteilungsgespräch" begründet werden kann.
    sowas hätte mittlerweile vor gericht keine grosse chance durchzugehen.
    es wird sogar ausdrücklich erwähnt, dass nicht automatisch beide sr negativ belangt werden können.
    entweder der "prüfer" lässt sich bestimmte passagen gegenzeichnen, erlaubnis fürs aufnehmen des gesprächs oder
    ähnliches. allein dies : der prüfer hat immer recht, das ist längst nicht mehr wie früher.

    im strafrecht / füherscheinrecht hat in den letzten jahres gleiches stattgefunden bei der prüfung der charakterlichen eignung
    wegen punkten-allohol- drogen. dort sind allein die vorher zulässigen voraussetzungen dafür, dass man einen test machen muss,
    deutlich zurückgefahren worden.

  • Nun gut, aber ein Beobachtungsgespräch wird nicht aufgezeichnet. Insofern steht hier dann Aussage gegen Aussage und das lässt dann den Ermessensspielraum für den Ausschuss zu.

    Das Erste, was ein Kind lernt, ist gegen den Ball zu treten! Wenn es intelligent ist, nimmt es ihn später in die Hand !!!

    Die Wissenschaftler haben herausgefunden..... und sind auch wieder reingekommen :)

    Politiker sind wie Windeln, man sollte sie oft wechseln, und aus den gleichen Gründen! (Mark Twain)

  • Da es sich um Ehrenamt handelt, gibt es aus meiner Sicht keinen "entgangenen Gewinn" o.ä.

    Wir reden doch über Bundesliga-SR? Hier bewegen wir uns deutlich über Mini-jobeinkünften. Bei guter Auslastung sollte 2 Riesen brutto drin sein. Wenn der Mann im Hauptberuf Verwaltungsangestellter ist, kann er doch sehr wohl entsprechend argumentieren.

  • gummiball

    der ermessensspielraum des ausschusses sollte da aufhören, wo es zweifel an der gleichen auffassungsgabe aller beteiligten gibt.
    dem früheren protegieren mancher gespanne durch schlechte beurteilung anderer wäre sonst weiter die möglichkeit gegeben-
    das sehe ich deutlich eingeschränkt.

    spätestens wenn helge das auf dem tisch hat, wirds für den ausschuss bei "einseitiger" handhabung unangenehm. :D

    • Offizieller Beitrag

    Wir reden doch über Bundesliga-SR? Hier bewegen wir uns deutlich über Mini-jobeinkünften. Bei guter Auslastung sollte 2 Riesen brutto drin sein. Wenn der Mann im Hauptberuf Verwaltungsangestellter ist, kann er doch sehr wohl entsprechend argumentieren.

    Nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte sind Schiedsrichter keine Arbeitnehmer des Verbands, auch nicht die BL-Schiedsrichter. Sie sind auch keine Dienstleister, die beauftragt werden, sodass kein Auftragsvewrhältnis entsteht. Sie sind ehrenamtlich tätig, auch wenn die Entschädigungen ab einer gewissen Summe versteuert werden müssen. Daher - so meine derzeitge Auffassung - gibt es keinen Anspruch auf "entgangenen Gewinn". Es ist eine rechtlich überaus spannende (und m.E. im Lichte des Kartellrechts) offene Frage, ob Schiris (in dieser Leistungsstufe) einen Anspruch auf Einsätze haben, auch wenn sie einem bestimmten Kader angehören.

    Doch das führt hier alles zu weit.

    • Offizieller Beitrag


    Nun gut, aber ein Beobachtungsgespräch wird nicht aufgezeichnet. Insofern steht hier dann Aussage gegen Aussage und das lässt dann den Ermessensspielraum für den Ausschuss zu.

    Auch wenn es keine Rolle spielt: Im verlinkten Urteil BSpG 1K 4/19 steht geanu, was bzgl. des Gesprächsverlaufs feststeht und das nicht. Wie auch immer es galufen sein mag: Es wurde geurteilt, dass dies alleine nicht für Sanktionen reicht (Kurzfassung).