Also, ich versuch es mal mit der Trainer-Personalie Kehrmann
aus meiner subjektiven Perspektive. Ich bemühe mich um eine sachlich
zutreffende Darstellung der Fakten. Und versuche auch nicht zu vergessen, dass
ich z.B. díe Startaufstellung am Samstag gegen GWD sehr kritisch betrachtet habe/immer
noch betrachte. Sorry, ist länger geworden und deswegen zweigeteilt - habe
gerade mal etwas Zeit.
… so
war es gar nicht gedacht!
Saison 2014/15: Kehrmann übernimmt Anfang Dezember den TBV
als Chef-Trainer nach einer ziemlich beispiellosen Negativserie. Mit dieser
Mannschaft, die meiner Meinung nach bei einem optimalen Saisonverlauf über die
ganze Spielzeit durchaus an die Europapokalplätze hätte heranreichen können (genau
das drückt die Punkte-Bilanz unter Kehrmann auch aus), hat er mit einer
gelungenen Aufholjagd und insbesondere einer niedrigen Gegentorzahl in den
letzten 10 bis 12 Spielen noch den von vielen Fans nicht mehr erwarteten
Klassenerhalt geschafft. Zielführend war hierbei für mich vor allem die Abwehr,
dessen Innenblock im wesentlichen gebildet wurde von: Lemke, Pekeler und (vor
allem nach dessen Verletzung gegen Saisonende) Schneider. Hurra, Klassenerhalt,
Lemgo feiert sich einen ab.
Saison 2015/16: Lemgo geht mit einer Mannschaft an den
Start, die den größten Umbruch innerhalb der mehr als 30-jährigen
Bundesliga-Geschichte aufzufangen hat. Konkret heißt das: Kompletter Innenblock
weg (Lemke, Pekeler, Schneider), komplette RM Mitte weg (Schneider, Herth,
Suton), kompltter RL weg (Lemke, Suton, Lönn schon in der Saison ). Dazu auch
noch der erste Kreisläufer (Pekeler) sowie der Torwart, den in der Winterpause
zu holen anfangs kaum jemand (ich auch nicht) verstanden hat, der sich aber als
absoluter Glücksgriff erweisen hat (Beutler). Und, nicht zu vergessen, Jens
Bechtloff – den Linksaußen, dessen eröffnende Fähigkeiten aufgrund seiner
Schnelligkeit und durchaus vorhandem Wurfpotential bei der schnellen Mitte
weder vor noch nach Kehrmann jemals ein Trainer wieder annähernd so effektiv
eingesetzt hat. Mit dieser Mannschaft schafft man relativ sicher den
Klassenerhalt, auch wenn es fast das ganze Jahr über eine latente Unruhe (in
Form von Abstigesgespenst irgendwo sichtbar) gegeben hat. Die Frage erlaubt,
wie viele Bundesligisten einen derartigen Umbruch überlebt (im Sinne von
Nicht-Abstieg) hätten, ist für mich absolut legitim. Längt nicht jeder, würde
ich sagen, denn zum Beispiel wurde ein Innenblock, mit dem nachweislich
Europameister werden kann, ersetzt.
(Erzähl mir bitte keiner, dass Pekeler in seiner Zeit bei den RNL bis zur EM,
von der er schätzungsweise noch die Hälfte verletzt war, oder Lemke beim SCM,
wo er teilweise gar nicht gespielt hat, die entscheidenden Schritte zu den
Säulen gemacht haben, die sie in Polen waren. Vielleicht die letzten, aber
nicht die entscheidenden. Sie haben gut miteinander gespielt und gearbeitet in
einer entscheidenden Phase im Kampf gegen den Abstieg in der
Handball-Bundesliga. Ich nehme an, derartige Stresssituationen erfolgreich zu
bestehen hilft bei der Entwicklung zu künftigen Europameistern relativ viel.
Kann ich aber natürlich nicht wissenschaftlich belegen.
) Das ganze geschah
unter dem Trainer Kehrmann. Wenn man das alles bedenkt, ist die letztlich erreichte
Platzierung gar nicht so schlecht. (Übrigens wären ja weder der TBV noch der
BHC ohne den HSV abgestiegen, das hätte Stuttgart getroffen, beide Westvereine
haben außerdem noch Balingen hinter sich gelassen.) Naja, und die Aussage, dass
der viert,- der fünftletzte nur deswegen nicht absteigen, weil es drei noch
schlechtere Mannschaften gibt, ist natürlich genial – und jedes Jahr im
Handball zutreffend. Übrigens auch im Fussball (es sei denn, der HSV spielt die
Relegation). Dieser Logik folgend kann man auch gleich sagen, dass Bayern
München nur deswegen 20-mal hintereinander deutscher Fussball-Meister wird,
weil alle anderen 17 Bundesligisten noch schlechter sind. Ist `ne tolle Logiki,
denn sie stimmt immer!
)Ich muss mich als Profiverein im Ligabetrieb mit
der Konkurrenz mssen, die nun mal da ist. Ob die stärker oder schwächer als vor
zwei, neun oder 34 Jahren ist, spielt m. E. nicht die Rolle. Ein hinkender
Vergleich mit der Vergangenheit ist m. E. ohne größere Aussagekraft. Wie jedes
Jahr gilt auch dieses Jahr für meine Begriffe: Wenn die Absteiger über die
Saison stärker gespielt hätten als ausreichend viele andere Mannschaften, wären
sie vermutlich nicht abgestiegen. Warum das als Glück für die vor ihnen
platzierten Mannschaften gelten soll, leuchtet mir nicht recht ein.
Natürlich gab es eine lange Negativserie in dieser
vergangenen Saison für den TBV. Auch ich habe in den mehr als 30 Jahren, in
denen ich regelmäßig (also praktisch immer) die Heimspiele des TBV besuche,
noch nie 6 Heimniederlagen am Stück gesehen. Betrachtet man die Gegner,
relativiert sich das: (Göppingen, Kiel, Flensburg, Melsungen, Bergischer HC,
Berlin ). Da sind schon ziemlich viele der Top 6 dabei. Wieviele haben andere
Vereine aus diesen Heimspielen geholt? Gut, praktisch alle haben zwei Punkte
den BHC geholt, ergebnistechnisch war das der Ausreißer in der Reihe. Ein Ausreißer?
Kann passieren! Darf nicht, das wissen wir alle, kann aber ... Die wichtigen Heimspiele,
die man gewinnen musste, hat man ansonten allesamt erfolgreich gestaltet. Wenn
man bedenkt, dass viele auch vor der Saison 2015/16 den TBV als Absteiger
gesehen haben, hat er sich am Ende gar nicht so schlecht in der Tabelle eingefunden.
M.E. muß man jedoch auch das Auswärtsgesicht des TBV
ansprechen. In vielen, sehr vielen Spielen musste man, wenn man Spannung aus
Sicht des TBV - oder sogar vage Hoffnung auf einen Punktgewinn - haben wollte),
darauf achten, nicht die ersten 15 MInuten zu verpassen. Will sagen: auswärts
waren wir sehr häufig sehr früh chancenlos. Gut, da waren knappe Niederlagen in
Stuttgart und beim Bergischen HC. Meine These ist, dass ein Spiel, dass man mit
einem Tor gewinnt oder verliert, genauso gut auch anders herum ausgehen kann.
Geschenkt. Am Ende hat es nur zu vier Punkten auswärts gereicht, vermutlich das
wenigste, was Lemgo seit Mitte/Ende der 80 auswärts eingesammelt hat - mit
Siegen in Lübbecke und Eisenach. Immerhin, es waren Siege bei Konkurrenten und
späteren Absteigern und damit auf jeden Fall aufgrund ihrer Rarität besonders
kostbare Erfolge.
Stichwort Lübbecke = Stichwort Spielerentwicklung, denn:
Ramba. Was hat er November/Dezember 2015 für tolle Spiele für den TBV gemacht.
Sei es in Lübbecke, wo wohl alle TBV-Fans angesichts dieser Darbietung auf RL
leuchtende Augen hatten, oder auch gegen Flensburg. Ein Hoffnungsträger für den
gelegentlich bis häufig als Problemposition aufgetretene linke Rückraumposition.
Dann, nach der Winterpause, war er ein Schatten seiner selbst. Ballverluste,
technische Fehler, etc. Wo ist denn der echte Ramba, fragte man sich. Gegen
Ende der letzten Saison war er zumindest in der Abwehr eindeutig wieder auf dem
aufsteigenden Ast, wie es diese Saison wird, wissen wir nicht (gegen Minden
ohne Einsatzzeit). Aber: liegt das am Trainer? Ich kann das nicht beurteilen.
Ein Spieler in seiner ersten Spielzeit im Ausland. Kann schon mal sein, dass da
nicht alles immer fluppt, oder? Gibt es doch etliche Beispiele für. Das Rambas
Entwicklung nicht so kometenhaft steil, wie sie z. B. auch ich mir erhofft
hätte, verlaufen ist, kann ich aber nicht zweifelsfrei am Trainer festmachen,
auch wenn ich mich natürlich während des letzten Jahres nicht nur einmal gefragt
habe, warum praktisch immer Stenbäcken statt Ramba angefangen hat. Vielleicht
ist das ein Grund? Keine Ahnung. Ist Spekulation.
Gleiches gilt auch für Max Höning. In einigen
Muss-Heimspielen der Saison 2015/16 stand Rolf Hermann (früh während des 2. Heimspieles
gegen Balingen verletzt) nicht zur Verfügung. Mit Höning im rechten Rückraum
holten für 5:1 Punkte in den Heimspielen gegen Balingen, Wetzlar und Stuttgart.
5 Punkte sind nicht unbedingt wenig angesichts der Totalausbeute der
vergangenen Spielzeit. Höning hat solide, gute Spiele gezeigt und auch wichtige
Buden gemacht in diesen Partien. Warum ist es danach nicht so weiter gegangen?
Tut es ihm gut, das Spiel zu beginnen? Braucht er das Gefühl, unverzichtbar zu
sein? Kann ich nicht sagen. Richtig ist, dass er mir seit dieser Phase, in der
er Verantwortung übernehmen musste, m. E. die bislang beste Phase seiner Bundesliga-Zeit
hatte, also auch unter dem Trainer Kehrmann. Weiterentwicklung der Spieler – ja,
hätte ich anfangs der letzten Saison absolut bejaht. Danach eher ein Schritt zurück.
Woran es liegt? Ich weiß es nicht. Ob es der Trainer ist, der ihm auch in
seiner stärksten Phase „unter der Fittiche“ hatte? Ich kann es nicht
beurteilen.