Medienpartner der Handballclubs

  • Ich lese gerade, dass der NDR die Saisonabschlussfeier des THW veranstaltet. Da frage ich mich, wie eigentlich ein ÖR-Sender dazu kommt, Medienpartner für einen Proficlub zu sein (egal ob jetzt THW oder SG oder Handball oder Fußball)? Ist das üblich im Bereich der ÖR? Es besteht doch sicher eine Pflicht zur Ausgewogenheit und so?
    Also berichterstattungsmäßig kann ich dem NDR da nichts vorwerfen, sind für mich noch mit die informativsten Berichte über Handball in SH, aber es gibt doch grundsätzlich eine Unterscheidung zwischen Privatsendern und ÖR?
    Medienpartner heißt ja nicht unbedingt, dass Geld fließt in die eine oder andere Richtung, aber beinhaltet doch ein gewisses Engagement. Und so eine Veranstaltung, wo NDR-Moderatoren durch die Feier führen, kostet ja auch Geld. Durch welche Regeln werden solche Aktivitäten abgedeckt im Rundfunkvertrag o.ä., kann mir das jemand erläutern?

    Ich bin ja nicht der schnellste und ich bin auch nicht der stärkste, aber vielleicht bin ich ein schlauer Spieler. (JG24)

  • Um jedweden Zweifel an der Seriösität bezüglich dieser Kooperation auszuschließen, darf natürlich der Satz mit der Gewährleistung der journalistischen Unabhängigkeit nicht fehlen :lol: Naja, die Partnerschaft besteht jetzt fast sechs Jahre und ich kann mich an keine kritische Stimmen erinnern. Also wird SH wohl glücklich damit sein.

  • Ah, danke für die schnelle Antwort - im Link steht drin,was ich wissen wollte. Vor allem das mit den Gebühren ... ;) Dass Medienpartnerschaften durchaus diskussionswürdig sind, zeigt dieser Artikel: Journalist: Medienpartnerschaften: Zu nah dran
    Andererseits werden die Handballvereine Medienpräsenz nicht allein stemmen können, insofern Gebot der Stunde, sich zu verpartnern mit regionalen Medien. Aber eine Gratwanderung für die ÖR bleibt es.

    Ich bin ja nicht der schnellste und ich bin auch nicht der stärkste, aber vielleicht bin ich ein schlauer Spieler. (JG24)

  • Kurz dazu was aus dem Fußballbereich. Die Lausitzer Rundschau befindet sich ebenfalls in einer Medienpartnerschaft mit Energie Cottbus. Irgendwann wagte es die LR, das ein wenig aus dem rahmen fallende Verhalten einiger Fans bei einer Feier mitten in der Stadt kritisch zu beleuchten. Prompt gab es dann einen Eintrag wie folgt:
    Für Uns von nurenergie.de ist es auch unverständlich wie ein Sponsor & Medienpartner solch eine Narrenfreiheit bei der negativ Berichterstattung haben kann .Man nennt sowas im übrigen auch vereinsschädigendes Verhalten . Aber dies muß der Verein für sich selbst entscheiden . Ihrem ruf des LügenRudi sind sie allemal gerecht geworden .

    Soviel zum Thema der unabhängigen Berichterstattung und wie sie, wenn sie tatsächlich mal stattfindet, dann gedankt wird. Für mich kann solch ein Konstrukt nicht funktionieren, wenn der Anspruch besteht, frei und objektiv berichten zu können.

  • Natürlich gibt es keine unabhängige Berichterstattung. Auch nicht ausserhalb einer Medienpartnerschaft.
    Zumindest nicht für die Vertreter nicht ganz so mächtiger Medien. Der Veranstalter bestimmt, wer wann wo zugelassen wird. Biste nicht brav, darfst du nicht hin, ganz einfach.
    Fragen, bei denen die Antwort unangenehm sein könnte, werden nicht gestattet, mit jedem reden darf der Journalist auch nicht.
    Hatten wir grade noch ....

  • Flensburg Handewitt hat ja eine ähnliche Kooperation mit RSH. Kann man sich immer drüber streiten ob NDR2 was anderes ist, da ja ÖR, aber für mich ist es das gleiche. Journalistische Integrität ist ja jetzt kein exklusives Kriterium für ÖR.

    Natürlich ist in so einer Kooperation der journalistische Gedanke fast nicht mehr existent. Du bist das Sprachrohr, das eventuell dadurch belohnt Infos zuerst oder exklusiv zu bekommen. Wie man damit so richtig fies auf die Schnauze fallen kann, hat die ARD ja schon einmal demonstriert, weil sie damals jahrelang mehr oder weniger buchsstäblich mit dem Team Telekom im Bett war und es dann sehr interessant war, das man von all dem Doping nie etwas gesehen haben will.

    Mir fällt es allerdings schwer solche Skandale beim Handball zu erwarten...was ist denn jetzt wirklich schlimm daran? Ist jetzt nicht so das Kiel jemand anderem das Wasser abgraben würde und so viele sonstige Verbreitung haben Handballvereine jetzt auch nicht.

  • ...wenn der Anspruch besteht, frei und objektiv berichten zu können.

    Was "objektiv" und "subjektiv" ist, ist definiert. Daher können Medien nur subjektiv berichten, ob sie wollen oder nicht. Denn die einzelnen Entscheidungen und einzelnen Darstellungen werden immer von Menschen beeinflusst! Selbst Fernsehbilder erzeugen eine subjektive Wahrnehmung, da irgendwer entschieden hat, wo welche Kamera steht. Wenn das Teil vielleicht zehn Meter weiter links gestanden hätte, würde sie unter Umständen einen anderen Eindruck liefern. Die Forderung nach einer objektiven Berichterstattung ist Utopie.

  • Ich selbst mache einen Unterschied zwischen privaten und öffentlich-rechtliche Medien, denn die eine Seite sind selbst finanzierte Wirtschaftsunternehmen, die selbstständig handeln, und die andere Seite sollen dem allgemeinen gesellschaftlichen Interesse verbunden sein, deswegen werden sie über Gebühren finanziert, um frei von ökonomischen Zwängen zu sein. Aus diesem Grund sollte sich eigentlich eine Medienpartnerschaft zwischen einer Handball GmbH (Wirtschaftsunternehmen) und einem öffentlich-rechtlichen Sender ausschließen. Da müsste bei einer Berichterstattung theoretisch ein "Dauerwerbesendung" eingeblendet werden.

    Besonders heikel scheint die Organisation einer Veranstaltung für das Wirtschaftsunternehmen zu sein. Da schafft nämlich der öffentlich-rechtliche Sender die Wirklichkeit selbst, über die dann berichtet wird. Ooooh! Die zwangsläufige Frage aus diesem Gebahren lautet, weswegen wir Gebühren bezahlen.

    Doch das eingangs geschilderte Szenario fand kürzlich in Leipzig noch einen Zacken schärfer statt. Da hatte der MDR die Aufstiegsparty von Rasenballsport Leipzig geschmissen und unter anderem die Bands eingeladen: City, Karat, Puhdys, Silly. Die Legenden des Ostens waren in der Zwickmühle, einerseits die Einladung annehmen und nebenbei für das Brauseprodukt werben oder andererseits die Einladung ausschlagen und weitere Auftritte im Fernsehen riskieren. Das Ergebnis war bundesweit in den Zeitungen wiedergegeben worden. Silly, die bereits zu Tamara Danz' Zeiten queer reagierte, trat in den Trikots anderer ostdeutscher Vereine auf. Wenigstens ein Lichtblick bei dieser finsteren Veranstaltung.

    Noch finsterer in diesem Zusammenhang war, dass gleichzeitig der SC DHfK Leipzig sein Heimspiel gegen TSV Burgdorf bestritt, das heißt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seiner Veranstaltung den körperkulturellen Handballern die (Zuschauer)einnahme beschnitt.

  • So iss datt Leben. Lässt Du Dich als Medienunternehmen eng mit Verein und vor allem Sponsoren ein, kommst Du in der VIP-Loge ins Gespräch mit den Entscheidungsträgern. Bei der Gewinnung von Werbepartnern ist das hilfreich. Solange das Medium brav bleibt, wird es nicht unbedingt allzu sehr respektiert, doch zuverlässig bedient. Aber wehe, ein Redakteur nennt mal die Dinge beim Namen. Dann lernt er die kaufmännische Leitung des Unternehmens mal kennen :verbot: .

    Das hat aber nicht speziell mit Handball zu tun.

  • Für mich macht es kaum einen Unterschied, ob der kooperierende Sender privater oder öffentlich-rechtlicher Herkunft ist. Zum einen hat sich das Niveau in den letzten Jahren in vielerlei Hinsicht stark angeglichen, so dass es mit dem lange Zeit unangefochtenen Vorsprung der ÖR bei Seriösität und Glaubwürdigkeit lange vorbei ist. Zum anderen ist es mit der erwähnten und angeblichen wirtschaftlichen Unabhängigkeit der ÖR auch nicht weit her, seit Intendanten wie Herr Buhrow tränenreich zum energischen Sparen blasen und natürlich das Programm wie selbstverständlich nicht nur gebühren-, sondern auch werbefinanziert ist. Außerdem dürfte es dem durchschnittlichen Zuschauer Jacke sein, ob in Leipzig zur RB-Aufstiegsparty der MDR oder Radio PSR seine Jubelperser schickt.
    Die Geschichte mit den von Silly übergestreiften FCM- und Dynamo-Trikots war doch geschickt vom MDR eingefädelt. So konnte der Sender im nachhinein behaupten, für die populärsten Klubs im Osten auch ein bißchen Propaganda gemacht zu haben. ;)

  • Die Geschichte mit den von Silly übergestreiften Trikots war doch geschickt vom MDR eingefädelt. ;)

    Wo hast du denn das her? Sorry ... doch das würde der MDR als letztes einfädeln. Ansonsten: Ich glaube, man sollte schon differenzieren, sonst kommt am Ende nur noch (gesellschaftlich) Kacke raus. Es gibt ein gutes Beispiel bezüglich des NPD-Verbotsverfahrens, da haben die Richter des Verfassungsgerichts ein Verbot abgelehnt, weil nicht deutlich geworden war, ob die verfassungsfeindlichen Geschichten von PGs oder von eingeschleußten V-Leuten stammen. Was hat das mit unserem Fall zu schaffen? Es muss schon klar sein, wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender überträgt, was Berichterstattung und was selbst inszenierte Show ist ... nur mal so bemerkt.

  • ..was ist denn jetzt wirklich schlimm daran?


    Schlimm ist da nichts dran, aus Handballclubsicht eher sogar notwendig. Wie ich schon schrieb, mediale Präsenz ist nötig und da bietet sich so eine Partnerschaft an - da Handball nicht die Aufmerksamkeit wie Fußball hat, kann man sich freuen, wenn man verlässliche Medienpartner (wenigstens einen) hat.
    RSH ist nun auch nicht so für seine Sportkompetenz oder überhaupt -interesse bekannt, da geht es wohl eher um die Teilhabe am Event Sport, am regionalen Wir-Gefühl, am Dabeisein bei Highlights aus der Region.
    Der NDR ist nun in vielen Sportarten und mehreren Bundesländern unterwegs, und das Beispiel mit dem MDR und dem RB-Club oben und den Reaktionen darauf zeigt, dass es nicht ganz so leicht für die ÖR zu vermitteln ist. Auch der Hinweis auf das Nichtantasten der Gebühren macht den kleinen Zwiespalt deutlich.
    Die Sender werden selbst um Marktanteile kämpfen und deshalb haben sie so Marketingdingsdagmbh, um diese Events darüber laufen zu lassen wie es für die privaten selbstverständlich ist.
    Die Gründe, die hier geschildert werden, dass die Berichte in den Medien sind wie sie sind (wer kritisch schreibt, kriegt keine Informationen mehr), finde ich so deutlich sehr krass. Ich dachte, die relativ kleine Handballszene ist für einen Journalisten eine doch recht überschaubare Spielwiese, in der die Geschehnisse ihm schnell offen und durchschaubar und einschätzbar vor die Füße fallen. ?(

    Ich bin ja nicht der schnellste und ich bin auch nicht der stärkste, aber vielleicht bin ich ein schlauer Spieler. (JG24)