Verhalten des Trainers in aussergewöhnlichen Situationen

  • Ich habe versucht, über die Suchfunktion glücklich zu werden, aber es gibt wohl nicht den einzig richtigen Schlüsselbegriff. Was ich gerne zur Diskussion und zum Erfahrungsaustausch hier reinstellen möchte (und wobei ich darauf hoffe, dass möglichst viele ihre Erfahrungen mit einbringen), ist die Tatsache, dass Du als Trainer/in irgendwann einmal in eine Situation gerätst, die aussergewöhnlich ist. Das sind meistens Sonderfälle, vielleicht so selten, dass sie alle 10 Jahre nur passieren, aber vielleicht doch lehrreich, wie man als Trainer/in sich dann verhalten kann bzw. verhalten sollte.
    Beispiel:
    Ich bin in der D-Jugend mal ins Tor gestanden, weil der Torwart leicht angeschlagen war und eine Pause brauchte. Darauf nagelte mein wurfstärkster Spieler den Ball ins lange Eck, ich bringe die Fussspitze noch hoch, lenke den Ball an die Innenkante des Pfostens (beschleunige ihn dadurch noch) und von da aus knallt mir der Ball genau auf das linke Auge, so richtig voll in die Augenhöhle. Ich sehe erst mal schwarz, dann Sterne, dann geht es wieder so einigermassen. Natürlich Betroffenheit bei den Spielern. Glücklicherweise trainiert in der anderen Spielhälfte die weibliche C-Jugend. Ich gehe zum dortigen Trainer und lass ihn mein Auge anschauen. Er rät, sofort ins Krankenhaus zu gehen. Er würde den Rest des Trainings (20 Min.) auf meine Mannschaft aufpassen. Ich mich auf das Fahrrad geschwungen, ins Spital, dort gab es (abends !) eine Sprechstunde für Augenverletzungen, der Arzt hat mich dann angeschaut.
    Diagnose: Netzhautriss, musste gelasert werden. Auge war 3 Wochen lang irgendwie entzündet, dann legte sich das wieder.
    Überlegung: Ich habe mir später überlegt, was ich gemacht hätte, wenn dies beim zweiten Training (alleine in der Halle ohne weibl. C) passiert wäre. Wahrscheinlich hätte ich a) versucht durchzuhalten bis Trainingsende oder b) hätte versucht, übers Handy Eltern zu mobilisieren, welche in der Nähe wohnen.
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  • hallo Lago,

    hoffe du siehst wieder klar. weiss schon warum ich bei meinen jungs nicht ins tor gehe. da muss eher ein anderer spieler oder ein leibchen seine knochen hinhalte.
    Wenn du alleine trainierst, musst du dir ja immer überlegen, was ist wenn du im stau stehst, krank wirst, später kommst. Daher habe ich da immer meinen Notfallplan in der Tasche, der darin besteht entweder immer einen co trainer zu haben oder ich weiss von mind. einem Elternteil das immer da ist, vielleicht sogar trainererfahrung hat oder was anderes. Hatte mal einen dad der Tekwando Trainer war. Als ich dann mal das Training abbrechen musste, weil mich meine Erkältung schlimmer erwischt hatte als gedacht, hat er das Training übernommen. mit tekwando trainingseinheiten. echt net schlecht. im nächsten spiel konnten viele besser fallen :)

    gruss

    :spring: Laufen ist schön, andere laufen lassen noch viel schöner :D

  • Möchte auch mal nen Taekwando-Vater haben...

    Nächste Situation (so tatsächlich passiert):
    Wir machen in der D-Jugend ein Aufwärm-Spielchen, 2 Mannschaften spielen gegeneinander. Mein Linkshänder (jüngerer Jahrgang und körperlich etwas schwächer) wird von einem älteren Spieler manngedeckt und dieser meint, ihn besonders eng decken zu müssen. Ich schaue mir das mal an, dann versuche ich, die Situation zu entschärfen, indem ich ermahne, nicht so engagiert zu spielen. Das geht eine Viertelstunde gut, dann geht das wieder los... Da der Ältere nicht reagiert, sage ich - da ich die Situation als nicht so ernst ansah - zum Linkshänder, er soll mal stehenbleiben und den Rechtshänder ins Leere laufen lassen. Eine Minute später versucht sich der Linkshänder engagiert mehrmals durchzusetzen, wird aber gehalten und immer wieder eingeholt, also praktisch aus dem Spiel genommen. Bevor ich reagieren kann und abpfeife, rennt der Linkshänder mit einigen herausgepressten, nicht sehr liebenswürdigen Bemerkungen aus der Hallentür hinaus. Ich pfeife ab, ich schaue in den Gang, er steht am Wasserhahn und trinkt. Ich rufe: Komm wieder rein! und gehe zurück in die Halle. Nix passiert, er kommt nicht. Ich und einige Spieler schauen jetzt nochmals raus, kein Linkshänder mehr da. Suchaktion erfolglos.
    -- Ich setze auf das Prinzip Hoffnung, da der Spieler normalerweise ein sehr verständiger Typ ist und nicht auffällig war. Tatsächlich erscheint er nach einer DreiViertelStunde (!) wieder, als ob nichts gewesen wäre. Wir besprechen die Sache im Team, nach Trainingsende führe ich nochmals ein VierAugenGespräch, das sehr konstruktiv ist. Folgeprobleme: Keine.
    -- Frage: Wäre es besser gewesen, das Training abzubrechen ? Nach Vorschrift die Eltern anzurufen ? Was hätte mit den anderen Spielern dann geschehen können ?
    -- 2. Frage: Habt Ihr auch schon solche Fälle gehabt ??
    Schreibt doch mal bitte.....

  • Erlebt denn niemand was Aufregendes als Trainer ???
    Nur ich ??
    Zur Abwechslung mal was eher Heiteres.
    Wir fahren (A Jugend mä.) zurm Tabellenführer, ringen ihm auswärts ein Unentschieden ab - und entsprechend gut ist die Stimmung auf der Heimfahrt. Plötzlich - wir fahren gerade an einigen Apfelplantagen am Schwäbischen Meer vorbei - kommt die Parole auf: Ich muss pinkeln - dringend anhalten !
    Okay, nach hundert Meter bietet sich eine seitliche Bucht zum Rausfahren und ich halte an. Das Auto leert sich schlagartig, die Spieler setzen in sehr sportlicher Manier über den Zaun der Apfelplantage, stopfen sich die Taschen mit rotbackigen Äpfeln voll und klettern etwas mühseliger zurück. Zum Abschluss wird der Zaun eingenässt... Plötzlich ein Ruf, im Hintergrund eine Gestalt mit Drohgebärde = blitzschnelles Abfahren ist angesagt. Wochenlang zittern und bangen, ob da nicht ein aufgeregter Landwirt die Autonummer aufgeschrieben hat...
    Ich bekam natürlich auch einige Äpfel "geschenkt" bzw. die restlichen Exemplare blieben grosszügig im Auto zurück. Verhindern konnte ich das Ganze nicht - vielmehr grinsten die Spieler, weil sie mich sozusagen ausgetrickst hatten.
    Moral: Halte nie an einer Apfelplantage.

  • Eken Cup Stockholm 2012

    Wir fahren mit unserer E-Jugend zum Abschluss der Saison nach Stockholm zu einem grossen Rasenturnier. Dann beginnt der Regen und an diesen Tagen regnet es zu beginn nur einmal und zwar ununterbrochen.
    Die Spielfelder gleichen Kartoffelacker, 6m Linien ekennt man nur noch anhand der Grenze zwischen Gras und Schlamm.
    In einem besonders umkämpften Spiel rufe ich meinem Spieler, der gerade mit dem Gegner im Schlamm um den Ball gekämpft hat, warum hast Du den den Ball nicht genommen ? Der Spieler wischt sich den Schlamm aus dem Gesicht und antwortet : weil ich nichts mehr gesehen habe !
    Impressionen :
    Google

  • Suomi, naja, an das Turnier werden sie sich in 10 Jahren noch erinnern...

    @lago, das mit dem dass dein spieler für ne dreiviertel stunde verschwindet, ist ganz schön 'kritelik'. wäre was passiert, keine ahnung ob man dich zur rechenschaft gezogen hätte. hast du deine aufsichtsplicht in dem moment vernachlässigt? müsste man mal klären. ich hätte sofort die eltern angerufen. einfach um die info weiterzugeben. ich glaube nicht, dass ich das ganze training abgebrochen hätte. vielleicht hätte ich die ganze mannschaft ein wenig genervt. mit liegestützen und solchen sachen. und der flüchtige wäre bei mir nicht mit einer gardinenpredigt weggekommen. ich denke, ich hätte ihn für ne zeit aus der mannschaft ausgeschlossen. allerdings ist das etwas, was ich den kids in den ersten drei trainingseinheiten eintrichtere: während der trainingszeit haben sie in der halle zu sein, ausser zur pinkelpause. wer sich länger ausserhalb aufhält, kann heimgehen und braucht erstmal nicht mehr kommen....das wissen die kids bei mir. daher....

    ich muss sagen, bisher waren meine jugendmannschaften immer relativ brav. wobei ich mit denen auch nicht so wahnsinnig viel mache, was schon eher in den privaten bereich geht. daher....habe ich gerade keine geschichten oder themen...

    gruß

    :spring: Laufen ist schön, andere laufen lassen noch viel schöner :D

  • Diese Geschichte passierte bei meinem Trainerkollegen am letzten Wochenende beim grössten finnischen Hallenturnier hier in Vantaa / Finnland.
    Weibliche E-Jugend !
    Unsere Mädels spielen gegen eine Mannschaft aus St. Petersburg (RUS). In Russland scheint die Sicht auf unseren Sport etwas anders zu sein, und das Einzige was zählt ist ein Sieg. Dementsprechend spielen die Russen sehr hart und unfair. Trotzdem können unsere Mädels mithalten. Der Russische Coach wird immer unruhiger und schreit den Schiri (auf Russisch) an, da er mit seiner Linie nicht einverstanden ist. Kurz vor Schluss platzt ihm der Kragen, rennt aufs Spielfeld und reisst dem Schiri die Pfeife aus der Hand. Die Ordnungshüter greifen sofort ein, können die Situation jedoch nicht beruhigen. Erst nachdem die Polizei gekommen ist, beruhigt sich die Situation. Er wird zur Unterkunft zurück gebracht und die Mädels dürfen mit einem Ersatzcoach am nächsten Tag weiterspielen.
    Fazit :
    Forfait Niederlage der Russen
    Coach wurde nach den Incident direkt in den Zug nach St. Petersburg geschickt.
    Die Finnischen Mädels haben eine Story fürs leben...

  • um auf das ausgangsthema bezug zu nehmen: in dem fall war aber ein co trainer dabei. was wäre denn gewesen, wenn kein 2. Betreuer dabei gewesen wäre????? aber das wäre dann russisches gesetz....

    gruß

    :spring: Laufen ist schön, andere laufen lassen noch viel schöner :D


  • -- Ich setze auf das Prinzip Hoffnung, da der Spieler normalerweise ein sehr verständiger Typ ist und nicht auffällig war. Tatsächlich erscheint er nach einer DreiViertelStunde (!) wieder, als ob nichts gewesen wäre. Wir besprechen die Sache im Team, nach Trainingsende führe ich nochmals ein VierAugenGespräch, das sehr konstruktiv ist. Folgeprobleme: Keine.
    -- Frage: Wäre es besser gewesen, das Training abzubrechen ? Nach Vorschrift die Eltern anzurufen ? Was hätte mit den anderen Spielern dann geschehen können ?
    -- 2. Frage: Habt Ihr auch schon solche Fälle gehabt ??
    Schreibt doch mal bitte.....


    Ich kenne das Thema Kindertraining vom Kampfsport, birgt aber teils ähnliche "Probleme". Das Training abzubrechen wäre keine Option in meinen Augen. Mit welcher Begründung und was hättest Du machen sollen - es besteht nach wie vor die Aufsichtspflicht für die "restliche" Truppe. Einzig die Tatsache dass der Spieler 45min "verschwunden" war ist etwas ungünstig. Ich würde noch mal klar die Regeln dazu formulieren. Bei uns gibt es die klare Regelung, dass keiner ohne Abmeldung die Halle verläßt und in die Umkleide oder Toilette geht. Das Gebäude verlassen geht natürlich in keinem Fall. Andererseits lassen sich die Kids ja kaum an die Leine legen. Es kommt sehr auf die Kinder an - man kennt sie ja mit der Zeit und kann sie in etwa einschätzen. Hätte man Sorge der würde jetzt wirklich abhauen, könnte man die entsprechenden Eltern verständigen. Das Training würde ich allerdings weiterführen - gerade wenn Du alleine bist hast Du kaum eine andere Wahl.
    Wir arbeiten grundsätzlich mit mindestens 2 Trainern (da wir Mädchen und Jungs haben entsprechend auch eine weibliche und eine männliche Person). Wenn jemand wie in diesem Fall aus der Halle flüchtet wäre einer sofort in der Umkleide und würde das Gespräch mit dem Jungen suchen, wie Du es ja später auch gemacht hast. Zur Aufsichtspflicht, weil maleikalika danach fragt: Die Aufsichtspflicht besteht nicht darin die Kinder anzuleinen. Du hast mit Deiner Qualifikation dafür zu sorgen, dass in Deinem Trainingsbereich die Kinder sicher trainieren können. Sind die Kinder alt genug klar zu wissen wo die Grenze ist (eben die Halle nicht zu verlassen) und sie laufen Dir davon, dann hast Du meiner Ansicht nach nicht die Aufsichtspflicht verletzt.

    Zu Deinem Eingangspost finde ich Deine Überlegungen am Ende genau richtig. Falls es geht das Training zu Ende führen, ansonsten Krankenwagen anrufen und in der Nähe wohnende Eltern bitten bis zum Ende der Stunde auf die Kids aufzupassen, falls vorhanden Telefonkette zum informieren der anderen Eltern. Vorstellbar wäre je nach Gegend, Alter und Selbständigkeit der Kinder: Umziehen lassen und gruppenweise (!) nach Hause schicken.

  • Mal wieder was Schlimmeres:
    Ich kam damals gerade aus dem Sportlerausgang der Halle mit meiner Sporttasche heraus. Da fährt (breiter Geh- und Radweg an der Halle) langsam eine Mutter auf ihrem Fahrrad vorbei, weshalb ich stehen bleibe. 3 -4 m hinter ihr folgt der etwa 2-jährige Filius auf seinem Laufrad. Genau dann fliegt die Hallentür auf, ein Spieler der C-Jugend rennt heraus, verfolgt von einem weiteren Jugendlichen. Während Ersterer noch vor dem Laufrad auf den Parkplatz rennt, streift der Zweite das Laufrad ein wenig. Der Zweijährige kommt ins Trudeln, stürzt und ist am Brüllen. Derweil hat der zweite C-Jugendliche den anderen eingeholt, ihm einen Faustschlag mit den Worten ("Das ist die Rache für ... "irgendwas) versetzt und rennt wieder in die Halle zurück. Ich strecke den Arm aus, fange ihn vor der Tür ab und sage zu ihm: "Helf dem Kind da, Du hast es umgerannt!" Reaktion: "Das war ich nicht !" Darauf ich: "Doch, geh hin und hilf ihm!" und stosse ihn in Richtung Unfallort. Die Mutter konnte nicht ohne weiteres absteigen, da sie ein weiteres Kleinkind im Kindersitz auf dem Fahrrad hatte. Er besinnt sich, dreht um, geht hin, hilft dem Kind wieder auf, die Lage beruhigt sich, Mutter und Kind fahren weiter.
    Zwei Tage später überreicht der Vereinsvorsitzende mir einen Brief, in dem die Mutter (Sozialpädagogin) mich beschuldigt, ich hätte ihren Sohn (von der C-Jugend, mit der ich sonst nichts zu tun hatte) vor der Halle ohne Anlass geschlagen und sie fordert den Vorsitzenden auf, mich schnellstens aus dem Verein zu entfernen.
    Frage: Wie ging es wohl weiter ?