Spielplandiskussion 1. Bundesliga - Finale im Stadion?

  • Ich finde es schade. Man hätte wohl auch strategisch planen können, wenn das Medien- und Zuschauerinteresse weiter abnimmt, Handball im Fernsehen gar nicht mehr stattfindet und in sport1 die Fußball-Bezirksliga Lüneburger Heide live übertragen wird, setzen wir die Play-offs um. Ich mag den Bohmann auch nicht sonderlich, aber hier macht er eigentlich nur seinen Job, und da ist halt mal die Weiterentwicklung der HBL damit verbunden. Das draufhauen auf ihn muss man nicht wirklich verstehen und erinnert eher an Reflexe als an reflektieren. Schäbiger find ich die Vereine. Ohne es genau zu wissen, gehe ich aber schwer davon aus, dass einiges an Zustimmung signalisiert wurde, sonst hätte der Vorstand kaum eine Abstimmung auf die Agenda gesetzt. Da habe wohl einige auf Grund der Fandiskussion kalte Füße bekommen und Bohmann über ihren Sinneswandel im unklaren gelassen. Feine Gesellschaft, hier und da.

    Play Offs haben meiner Meinung nach gar nichts mit Weiterentwicklung zu tun, sondern sind ein Rückschritt. Der Zweck einer bundesweiten Liga ist es, keine KO-Spiele zwischen einzelnen Staffel- oder Regionalmeistern mehr zu haben, sondern einen Meister in einem einheitlichen Ligasystem zu ermitteln. Das Ligasystem ist der direkte Gegenentwurf zu KO-Endrunden (und auch mit diesem Gedanken überhaupt erfunden worden, nämlich in England mit der Einführung der Football League 1888, durch die die bis dahin üblichen KO-Spiele zur Bestenermittlung nämlich überwunden werden sollten. Das was davon übrig blieb, ist der heutige FA-Cup.). Außerdem geht es bei dieser Diskussion eben auch noch um Sport und sportliche Gerechtigekeit und nicht nur um Geld. Die reine Fixierung einer "Weiterentwicklung" der Liga auf den finanziellen Aspekt halte ich für falsch. Und wie ein Play Off-Event die Popularität der Liga hätte steigern sollen, ist mir immer noch schleierhaft und wird es wohl auch immer bleiben, weil dadurch ja die 306 vorherigen Spiele wenigstens zum Teil ad absurdum geführt werden, wie auch Herr Bohmann immer wieder selbst gesagt hat. Wie Sprotte schon richtig schrieb, erschließt es sich nicht, weshalb jemand eine Dauerkarte kaufen sollte, die dann für die entscheidenden Spiele doch nicht gilt - oder warum würde sich jemand am 32.Spieltag Kiel gegen Flensburg anschauen - und dafür Eintritt bezahlen - wollen, wenn das Spiel sowieso keine Bedeutung hat, weil sich beide vierzehn Tage später im Play Off wiedersehen, wo es dann erst um die "Wurst" geht?

    Daneben ist das ganze Krisengerede auch nicht ganz nachzuvollziehen. Welche Krise? Worin soll die bestehen? In mangelnder Popularität? Wohl eher nicht. Das reine Zuschauerinteresse an der Handball-Bundesliga vor Ort war jedenfalls noch nie so hoch wie derzeit - freilich auch wegen des kostspieleigen Arenabetriebs und der daraus resultierenden größeren Kapazitäten, aber diese werden wo sie vorhanden sind auch gut in Anspruch genommen. Die Liga ist momentan mitten in ihren besten Jahren: der Ligaschnitt ist zwar seit 2008 wieder leicht rückläufig, er lag aber 2012/13 immer noch höher als in allen vierzig Spielzeiten bis 2005/06. Die halbe Liga kommt regelmäßig auf 4.000+. In der letzten Saison, 2010/11 und 2007/08 war kein Verein unter 2.000, sowas gab es in der ganzen Ligageschichte vorher noch nie. Der Rückgang gegenüber 2011/12 betrug letzte Saison gerade mal zehn Zuschauer pro Partie*, der Schnitt lag um mehr als 700 Zuschauer oder 18,85 % über dem zehn Jahre zuvor (2002/03: 3.830 - 2012/13: 4.552: macht +722 = 18,85% Steigerung) und war fast doppelt so hoch wie vor zwanzig Jahren (1992/93: 2.323). Seit 2005/06 liegt der Ligaschnitt stets über 4.500. So goldene Zeiten in Punkto Zuschauerzahlen wie die derzeit hatte die Bundesliga noch nie und wohl keine Hallenhandball-Liga jemals irgendwo.

    Vielleicht muß man einfach auch mal mit dem derzeitigen Zustand zufrieden sein, insgesamt etwas bescheidener rangehen (... und auch die Ausgabenseite mal beachten) und nicht immer versuchen, medial und im Marketing eine Art kleiner Fußball zu werden. Der "Peak" für Hallenhandball in Punkto Medienpräsenz und Zuschauerinteresse war 2007/08 im WM-Sog erreicht, mehr ist nicht drin. Jetzt ging es in den letzten Jahren wieder etwas runter, aber man steht immer noch auf einem viel höheren Punkt des Berges als etwa vor zehn Jahren oder gar vor zwanzig. Ein "immer mehr" mit dem Holzhammer Play Off oder Stadionspielen erzwingen zu wollen, ist meiner Meinung nach der völlig falsche Weg. Eine grundlegende - aus sportlichen Gesichtspunkten sinnvolle - Reform der Bundesliga, insbesondere eine Reduzierung der Mannschaftszahl, ist langfristig sicher wünschenswert, aber auch da sollte man mit Bescheidenheit und Augenmaß herangehen, um eine langfristig sinnvolle Lösung zu erreichen und nicht (wie z.B. derzeit im DHB-Pokal) jedes Jahr sich etwas neues einfallen lassen und dann jahrelang eine Experimentierphase zu haben, deren Experimente nur auf schnellen Profit und "Fifteen Minutes of Fame" zielen.

    * Die Gesamtzuschauerzahl betrug 1.388.594 (Summe der Vereinsangaben lt. Handball-Woche. Abweichend davon SiS: 1.389.215). Die Handball-Woche gibt 4.538 als Saisonschnitt an (SiS 4.540), dabei wurde aber der Ausfall des Spiels SCM-FAG nicht berücksichtigt und die Gesamtzahl fälschlich durch 306 dividiert. Der tatsächliche Schnitt aus den 305 ausgetragenen Spielen liegt bei 4.552 (mit den SiS-Zahlen: 4.555), in der Saison davor waren es 4.562.

  • Wobei der Götze-Vergleich Unsinn ist, denn der fällt nicht mehr ins klassische Drafting-System. Da hätte man eher Thiago nennen müssen, der ja erstmal in die Liga reinmöchte...

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.

  • hier mal ein Beispiel aus den USA, das überrascht:
    Big four

    Was daran überrascht dich nun? ?( Das sind doch allesamt Fakten, die seit Jahren bekannt sind. Ich sehe darin weder etwas neues noch etwas, was so oder auch nur ähnlich auf die europäische Sportlandschaft übertragbar wäre. Alleine schon, dass ein Spieler zwangsweise zu einem bestimmten Verein muss, ist bei uns ausgeschlossen. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass es in den vier amerikanischen Top-Ligen weder Ab- noch Aufstieg gibt.

    Abgesehen davon hat der Super-Football-Fan von Autor die Packers als Rekordtitelträger bezeichnet. :verbot: Nicht die Packers, sondern die Pittsburgh Steelers haben bislang als einziges Team sechs Mal die Vince Lombardy Trophy gewonnen. Aber das nur so am Rande.

    San Francisco 49ers - Rhein-Neckar Löwen - Adler Mannheim -BVB

  • Die Play Offs sind vom Tisch. Hat doch noch die Vernunft gesiegt.

    Ligaversammlung hat entschieden: Play-Offs vom Tisch

    Allerdings sollte sich der HBL Vorstand mal überlegen, ob er noch am richtigen Platz ist.


    Da belibt dem Bohrmann ja fast gar nichts anderes übrig als zurückzutreten. Im Vorfeld gab es doch einige prominente Befürworter. Da ging er aber mit mehr als einem Messer im Rücken nach Hause.

    Trotzdem bin ich aber froh, dass diese Idee vomTisch ist!

  • [
    Da belibt dem Bohrmann ja fast gar nichts anderes übrig als zurückzutreten. Im Vorfeld gab es doch einige prominente Befürworter. Da ging er aber mit mehr als einem Messer im Rücken nach Hause.

    Bohmann, meinswegen noch Buhmann. Bormann ist noch wieder ein anderer..... ;)

    Der hier

    THW Kiel / News: Kieler Nachrichten: THW f黵 Play-off-System (24.08.2013)

    kennt sich ja sonst eher mit Feile und Säge aus, hat aber auch mal das ganz große Messer herausgeholt.

    Ansonsten schließe ich mich Heritcus' Beitrag in epischer Breite an.

  • Ansonsten schließe ich mich Heritcus' Beitrag in epischer Breite an.

    Ich auch! :hi:

    Viele Menschen sind der Auffassung zu denken, dabei ordnen sie nur ihre Vorurteile neu.

  • Play Offs haben meiner Meinung nach gar nichts mit Weiterentwicklung zu tun, sondern sind ein Rückschritt. Der Zweck einer bundesweiten Liga ist es, keine KO-Spiele zwischen einzelnen Staffel- oder Regionalmeistern mehr zu haben, sondern einen Meister in einem einheitlichen Ligasystem zu ermitteln. Das Ligasystem ist der direkte Gegenentwurf zu KO-Endrunden (und auch mit diesem Gedanken überhaupt erfunden worden, nämlich in England mit der Einführung der Football League 1888, durch die die bis dahin üblichen KO-Spiele zur Bestenermittlung nämlich überwunden werden sollten. Das was davon übrig blieb, ist der heutige FA-Cup.). Außerdem geht es bei dieser Diskussion eben auch noch um Sport und sportliche Gerechtigekeit und nicht nur um Geld. Die reine Fixierung einer "Weiterentwicklung" der Liga auf den finanziellen Aspekt halte ich für falsch. Und wie ein Play Off-Event die Popularität der Liga hätte steigern sollen, ist mir immer noch schleierhaft und wird es wohl auch immer bleiben, weil dadurch ja die 306 vorherigen Spiele wenigstens zum Teil ad absurdum geführt werden, wie auch Herr Bohmann immer wieder selbst gesagt hat. Wie Sprotte schon richtig schrieb, erschließt es sich nicht, weshalb jemand eine Dauerkarte kaufen sollte, die dann für die entscheidenden Spiele doch nicht gilt - oder warum würde sich jemand am 32.Spieltag Kiel gegen Flensburg anschauen - und dafür Eintritt bezahlen - wollen, wenn das Spiel sowieso keine Bedeutung hat, weil sich beide vierzehn Tage später im Play Off wiedersehen, wo es dann erst um die "Wurst" geht?

    Daneben ist das ganze Krisengerede auch nicht ganz nachzuvollziehen. Welche Krise? Worin soll die bestehen? In mangelnder Popularität? Wohl eher nicht. Das reine Zuschauerinteresse an der Handball-Bundesliga vor Ort war jedenfalls noch nie so hoch wie derzeit - freilich auch wegen des kostspieleigen Arenabetriebs und der daraus resultierenden größeren Kapazitäten, aber diese werden wo sie vorhanden sind auch gut in Anspruch genommen. Die Liga ist momentan mitten in ihren besten Jahren: der Ligaschnitt ist zwar seit 2008 wieder leicht rückläufig, er lag aber 2012/13 immer noch höher als in allen vierzig Spielzeiten bis 2005/06. Die halbe Liga kommt regelmäßig auf 4.000+. In der letzten Saison, 2010/11 und 2007/08 war kein Verein unter 2.000, sowas gab es in der ganzen Ligageschichte vorher noch nie. Der Rückgang gegenüber 2011/12 betrug letzte Saison gerade mal zehn Zuschauer pro Partie*, der Schnitt lag um mehr als 700 Zuschauer oder 18,85 % über dem zehn Jahre zuvor (2002/03: 3.830 - 2012/13: 4.552: macht +722 = 18,85% Steigerung) und war fast doppelt so hoch wie vor zwanzig Jahren (1992/93: 2.323). Seit 2005/06 liegt der Ligaschnitt stets über 4.500. So goldene Zeiten in Punkto Zuschauerzahlen wie die derzeit hatte die Bundesliga noch nie und wohl keine Hallenhandball-Liga jemals irgendwo.

    Vielleicht muß man einfach auch mal mit dem derzeitigen Zustand zufrieden sein, insgesamt etwas bescheidener rangehen (... und auch die Ausgabenseite mal beachten) und nicht immer versuchen, medial und im Marketing eine Art kleiner Fußball zu werden. Der "Peak" für Hallenhandball in Punkto Medienpräsenz und Zuschauerinteresse war 2007/08 im WM-Sog erreicht, mehr ist nicht drin. Jetzt ging es in den letzten Jahren wieder etwas runter, aber man steht immer noch auf einem viel höheren Punkt des Berges als etwa vor zehn Jahren oder gar vor zwanzig. Ein "immer mehr" mit dem Holzhammer Play Off oder Stadionspielen erzwingen zu wollen, ist meiner Meinung nach der völlig falsche Weg. Eine grundlegende - aus sportlichen Gesichtspunkten sinnvolle - Reform der Bundesliga, insbesondere eine Reduzierung der Mannschaftszahl, ist langfristig sicher wünschenswert, aber auch da sollte man mit Bescheidenheit und Augenmaß herangehen, um eine langfristig sinnvolle Lösung zu erreichen und nicht (wie z.B. derzeit im DHB-Pokal) jedes Jahr sich etwas neues einfallen lassen und dann jahrelang eine Experimentierphase zu haben, deren Experimente nur auf schnellen Profit und "Fifteen Minutes of Fame" zielen.

    * Die Gesamtzuschauerzahl betrug 1.388.594 (Summe der Vereinsangaben lt. Handball-Woche. Abweichend davon SiS: 1.389.215). Die Handball-Woche gibt 4.538 als Saisonschnitt an (SiS 4.540), dabei wurde aber der Ausfall des Spiels SCM-FAG nicht berücksichtigt und die Gesamtzahl fälschlich durch 306 dividiert. Der tatsächliche Schnitt aus den 305 ausgetragenen Spielen liegt bei 4.552 (mit den SiS-Zahlen: 4.555), in der Saison davor waren es 4.562.

    Das mit der "sportlichen Gerechtigkeit" seh ich beim Rundensystem genausowenig wie bei den Play offs. Zum Ende einer Saison, wenn den Spitzenteams und -Spielern WM/EM, CL, Pokal in den Knochen stecken, mischt auch mal eine Truppe vorne mit, die sich im Vorjahr nicht für CL qualifiziert hat. Gabs mit der SG, gabs mit den Löwen. HSVH wurde unter anderem 2011 Meister, weil der THW verletzungstechnisch am Stock ging. Sportliche Gerechtigkeit?
    Ich halte im übrigen weder die Basketball- noch die Eishockeymeister sportlich unlegitimierter als den THW oder den FCB. Mag jeder anders sehen. Play offs würden meiner Ansicht nach auch die Chance wechselnder Meister erhöhen. Ich halte persönlich einen Serienmeister wie den THW suboptimal für die Sportart.

    Man kann sich die Handball-"Krise" auch einfach wegdenken. Sport1 hat wohl nicht die vertraglichen Übertragungszeiten geändert, weil die Einschaltquoten so gestiegen sind, dass man sie mit Regionalligafußball wieder auf gewohnt niedriges Niveau bringt. Ich denke auch nicht, dass die Vereine von gleichbleibenden Zuschauerzahlen in den Hallen überleben können. Weniger Geld, weniger Stars, weniger Zuschauer ist einfach mal eine logische Kette. Mal ganz abgesehen von Heeren von Freikartenverteilern, die man ja gewollt nicht von den verkauften Karten unterscheidet und kommuniziert.

    Ich halte diese Entwicklung momentan einfach noch überschaubar, künftig kann man schlimmstenfalls auch in aller Gemütlichkeit den Untergang der Sportart Handball beobachten. Aber der Reformwille scheint mir in diesem Land sowieso sediert worden zu sein, nicht nur im Sport... ;)

  • Das mit der "sportlichen Gerechtigkeit" seh ich beim Rundensystem genausowenig wie bei den Play offs. Zum Ende einer Saison, wenn den Spitzenteams und -Spielern WM/EM, CL, Pokal in den Knochen stecken, mischt auch mal eine Truppe vorne mit, die sich im Vorjahr nicht für CL qualifiziert hat. Gabs mit der SG, gabs mit den Löwen. HSVH wurde unter anderem 2011 Meister, weil der THW verletzungstechnisch am Stock ging. Sportliche Gerechtigkeit?
    [...] Play offs würden meiner Ansicht nach auch die Chance wechselnder Meister erhöhen. Ich halte persönlich einen Serienmeister wie den THW suboptimal für die Sportart.

    Vollkommene sportliche Gerechtigkeit ist nicht erreichbar. Man kann nicht für jeden Schnupfen die Saison stoppen. Aber man sollte ein System haben, mit dem man sich einem gerechten Zustand möglichst weit annähert (das gilt auch nicht nur für Sport). Und das ist in einem System, in dem jede beteiligte Mannschaft gegen jede andere spielt und am Ende der gewinnt, der dabei am besten abgeschnitten hat (= die meisten Punkte hat), meiner Ansicht nach am ehesten gewährleistet.

    Natürlich ist ein Zustand, in dem in neun Jahren acht Mal die gleiche Mannschaft - und das meistens recht unangefochten - Meister wird, grundsätzlich zu hinterfragen. Aber der Lösungsansatz sollte meiner Meinung nach nicht darin bestehen, den Mannschaften, die zwar auch gut, eben über die lange Strecke nicht ganz so gut und konstant waren wie der Erste, am Ende der Saison die Meisterschaft per "Glücksschuß" zu ermöglichen. Dadurch wird die Ligarunde selbst ja auch nicht spannender.

    Die "Handballkrise" ist in der sportlichen Konstellation gegeben, aber doch nicht im Zuspruch des Publikums. Einen ligaweiten Schnitt von > 4.500 in der 18er-Liga, in der - siehe unten - ein großer Teil der Spiele nur marginalen sportlichen und rechnerischen Wert hat, für Krisenhaft zu halten, spricht für eine etwas verschobene Wahrnehmung bzw. schlicht überzogene Ansprüche. Ehrgeiz ist ja gut und schön und wichtig, aber man sollte auch realistisch bleiben. Vor zwanzig Jahren lag der Zuschauerschnitt der Bundesliga bei glücklichen knapp 2.000 in den Turnhallen, und da wurde regelmäßig auf Breite im Fernsehen übertragen (ARD/ZDF).

    Nein, die Lösung liegt ganz woanders. Es funktioniert nicht über eine Titel-Lotterie, sondern über Niveauverdichtung. Was ich an anderer Stelle in diesem Forum über die 18er-Liga geschrieben habe, bleibt wahr. In der letzten Saison haben die unteren sechs Teams satte zwei Punkte aus den 72(!) Spielen gegen die oberen sechs geholt und keinen einzigen Sieg. Das ist die schlechteste Bilanz aller Zeiten, aber ein seit Jahren anhaltender Trend. Es wäre aus meiner Sicht viel sinnvoller, hier die Schere anzusetzen und die Liga zu verkleinern. Das (leider nur) in dieser Saison in der HBF angewendete 12er-System mit Meister- und Abstiegsrunde halte ich immer noch für das geeigneteste System, um am Ende eine wirklich spannende (und fast die ganze Saison über spannende) Meisterschaft zu haben, bei der es auch nicht auf Zufall oder einmalige Tagesform ankäme, denn immerhin würden die ersten sechs jeweils vier Mal aufeinander treffen. Dazu würden die Luftnummernspiele der obersten gegen die untersten sechs, die weder eine sportliche noch rechnerische Bedeutung für die Liga haben wegfallen.

    Die dann natürlich ebenfalls nochmal zu reformierende 2.Liga bestünde aus den derzeitigen "unteren sechs" der 1.BL mit der oberen Hälfte der jetzigen 2.Bundesliga, was eine hübsch attraktive Liga ergäbe, die immer noch stärker wäre als ein Gutteil der europäischen Erstligen. Ein eingleisiger Unterbau wäre bei einer 12er-Bundesliga natürlich unumgänglich, damit die Niveauschere zwischen beiden Ligen auf einem erträglichen Maß bleibt. Die derzeitigen 20 Mannschaften sind allerdings für die zweite Liga eh zu viel, 16 reichen völlig aus. Darunter stelle ich mir eine 3.Liga vor, die so aussieht wie die "alte" 2.Bundesliga, also mit Nord- und Südstaffel, wo sich der ambitionierte semiprofessionelle Betrieb tummelt, wie es eigentlich in der zweigleisigen 2.BL auch war. Die jetzige vierzügige 3.Liga würde ich als 4.Liga beibehalten, allerdings unter Regionalliga-Label, da könnte man dann unter Einbeziehung der Landesverbände auch wieder sechs Staffeln draus machen (analog Regionalliga 2000 bis 2005). Im Endeffekt entspräche das im Groben der alten Ligastruktur vor 2011, bloß mit einer Spitzenliga "on Top" und völlig ohne KO-Spiele und Glücksroulette.

    Das sieht auf den ersten Blick radikaler aus als die Play Offs, und wird in Balingen, Nettelstedt oder Minden natürlich eher anders gesehen, aber ich glaube (bin davon ziemlich überzeugt), daß sich eine derart aufgestellte Liga deutlich besser vermarkten ließe als die derzeitige 18er-Liga, in der ein großer Teil der Spiele a. nominal unattraktiv für nicht-speziell-Handballfans sind und b. sportlich wie arithmetisch quasi überflüssig (s.o.) sind und dieses System dazu die sportliche Fairness nicht auf dem grünen Götzen opfert.

  • Verletzungen gehören zur Kalkulation dazu. Der THW ging verletzungstechnisch am Stock, weil er eben auf einen kleinen, dafür hochwertigen Kader setzt. Gibt halt mal ne Spielzeit, wo die Rechnung dann nicht aufgeht. Sportlich ungerechter wird es dadurch nicht - nur weil sich der THW mal verkalkuliert hat.

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.

  • Verletzungen gehören zur Kalkulation dazu. Der THW ging verletzungstechnisch am Stock, weil er eben auf einen kleinen, dafür hochwertigen Kader setzt. Gibt halt mal ne Spielzeit, wo die Rechnung dann nicht aufgeht. Sportlich ungerechter wird es dadurch nicht - nur weil sich der THW mal verkalkuliert hat.

    Das mit dem THW war ja nur ein Beispiel, wenn auch ein eher krasses. Ob sich der THW damals verkalkuliert hat, sei mal dahingestellt. Stärker halte ich das Argument mit den Teams, deren Spieler alle Wettbewerbe spielen müssen im Vergleich zu denen, die teils deutlich weniger belastende Spiele zu Saisonende hin haben. Ich versteh auch das mit dem vielzitierten "Glücksschuss" nicht. Bei einem best of three oder Five geht wohl überwiegend die stärkere Mannschaft in die nächste Runde. Mehr oder weniger Glück als bei einer normalen Runde zu Saisonende seh ich da gar nicht.

    Es muss ja auch definitiv kein play Off sein. Das Schema, das Hereticus hier aufzeichnet, find ich gut durchdacht. Das wär ein Thema, das Bohmann mal mittelfristig planen könnte und das durchaus in einem Horizont von fünf Jahren angedacht werden kann. Vielleicht zeigt sich ja bis dahin auch, dass es keine Krise gibt. Vielleicht sieht man bis dahin aber auch, dass Handball nur als Fernsehsport auf dem Niveau überleben kann. Und es geht mir nicht nur um Zuschauerzahlen. Die HW hat mal vor einiger Zeit die Nachwuchsentwicklung im Handball skizziert, das war alles andere als erfreulich. Ohne Fernseh-, WM/EM und Finalfourpräsenz wird das wohl nicht mehr.

  • Das der THW am Stock geht ist doch relativ zu sehen und traf eventuell 2011 zu, aber es ist nicht der Grund warum es ab und zu Überraschungen auf den Plätzen hinter Kiel gibt. Die genannten Beispiele wie Mannheim oder Flensburg blieben in den letzten Jahren auch nicht von Verletzungen verschont. Flensburg hatte zum Beispiel letzten Herbst schlimme Verletzungssorgen und Mannheimer, Berliner, Kieler und Hamburger-Fans erinnern sich sicherlich an ihre Zeitperioden wo das der Fall war.

    Bei aller Zweiklassengesellschaft muss man nämlich auch mal ehrlich sein. Jedes Jahr nach den großen Turnieren, sei es Olympia im Sommer oder die WM/EM im Winter haben die Spitzenmannschaften einen Vorteil die das Glück haben die wenigsten verletzten oder todmüden Spieler wieder zu bekommen. Diesen Mannschaften dann am Ende der Saison noch eine Play-Off-Runde aufzwingen ist Unfug. Der Terminplan ist viel zu voll.

    Die Lösung des Problems der Zweiklassengesellschaft oder vielleicht eher Dreiklassengesellschaft hat doch keiner. Es ist zu wenig Geld im System als das man hier irgendwelche Prämien gerecht umverteilen könnte und andere Ideen wie eine Ausländerbeschränkung würden a) die Liga international schwächen und b) würde es den kleinen Vereinen auch nichts bringen, eher im Gegenteil würden sie leergekauft werden.

    Ich finde es illusorisch durch eine simple Modus_Änderung irgendwas tiefgreifendes verändern zu wollen. Ich hoffe durch die gesunkenen Gehälter und Etats nähert sich die Liga nun weiter an, aber es wird immer Spitzenmannschaften geben. Das ist im Ligabetrieb eben ganz normal.

  • wenn man sich in einem land mit 80 mio einwohnern als mannschaftssportart #2 etablieren möchte, dann geht das nicht mit nur 12 mannschaften, da müssen es schon die 18 teams sein, damit man wenigstens halbwegs vernünftig im ganze land repräsentiert ist

    nur weil es bei einer sportart wie frauenhandball funktioniert, die mehr oder weniger unter ausschluss der öffentlichkeit stattfindet, ist es nicht gleich ein erfolgsrezept für den männerhandball - und 4 mal thw-sg oder hsvh - rnl pro jahr (plus evtl. duelle in CL oder pokal) sind auch dauer auch nicht der bringer

    woo woo woo - you know it, bro

  • Über das konkrete Modell kann man sicher streiten. Das von mir vorgeschlagene wird aber nicht nur im Frauenhandball angewendet, sondern in Europa häufig angewendet, zum Beispiel in der Schweiz, in Slowenien oder Tschechien. In Polen ist es seit Jahren im Gespräch. 18 Mannschaften sind zu viele. Es bringt ja nichts, wenn Mannschaften mitspielen, nur damit viele Orte in der Tabelle aufgeführt werden. Viermal SG-THW mit ungewissem Ausgang ist mir immer noch lieber als 72 mal THW+Co. gegen HBW+Co. mit 70 Siegen für die Gruppe THW (s.o.).

    Im internationalen Vergleich ist die Bundesliga außerdem eine Riesenliga. Keine andere erste Handball-Liga in Europa hat so viele Teams (mit Ausnahme Italiens, wo es drei 12er Gruppen gibt - konkret wurde die Eliteliga 2012 abgeschafft und mit der damaligen zweithöchsten Liga zusammengelegt). Dänemark, Schweden, Frankreich, Ungarn, Polen, Russland kommen alle mit 14 oder weniger Mannschaften aus, nur Spanien leistet sich (noch) 16 Mannschaften.

    Und auch die Bundesliga war die meiste Zeit ihrer Existenz als eingleisige Liga ja kleiner als jetzt. Das 18er Modell ist ja erst 1999 eingerichtet worden, davor waren sechzehn Teams die Regel und bis zur Wiedervereinigung bestanden die beiden deutschen Topligen aus 14 (BL) bzw 12 (DDR-Oberliga) Mannschaften, wobei die Oberliga auch erst 1989 von 10 auf 12 aufgestockt wurde. Und beide waren zur damaligen Zeit wohl unbestritten zu den besten europäischen Handball-Ligen zu zählen. Ich finde 18 Mannschaften jedenfalls zu viel und denke, daß die Liga zumindest mittelfristig verkleinert werden sollte.

    Im Übrigen finde ich es bemerkenswert, daß auf der HBL-Homepage weder von den Play Off-Plänen an sich noch von der gestrigen Abstimmung zu lesen ist...

  • Im Übrigen finde ich es bemerkenswert, daß auf der HBL-Homepage weder von den Play Off-Plänen an sich noch von der gestrigen Abstimmung zu lesen ist...

    Das wundert dich noch!? :hi:

    „PdV wird NIEMALS nach Kiel wechseln.“ Zitat von Stifler‘sMom

    „Man kann froh sein , dass wir heute nur gegen Plock spielen.“ „Habe nur ich das Gefühl, dass wir jeden Angriff 5 gegen 6 spielen ?“ Zitate von Stifler‘sMom zum CL-Spiel des SCM.

  • es geht nicht darum die tabelle aufzufüllen, sondern sich im land zu präsentieren - wenn der thw in balingen, eisenach oder minden spielt, dann wird der thw auch in den dortigen medien präsentiert und die dortigen fans sehen die kieler live und in farbe

    ein spiel thw-sg wird da wahrscheinlich nur im 4. anlauf auftauchen - falls es um die direkte titelentscheidung geht - die kieler bleiben dann erst recht eine regionale geschichte

    und als kronbeispiel nun schweiz, slowenien und tschechien für den "12er-erfolg" anzuführen ist - naja - ein witz - ein vergleich macht weder aus wirtschaftlichen noch aus geographischen gründen einen sinn - eine bundesliga muss einfach das ganze land erfassen und dass geht mit 12 mannschaften natürlich wesentlich einfacher, wenn ich nur 8 mio einwohner habe - russland kann man da auf grund der größe mit endlosen steppen als sonderfall betrachten, zumal der handball da sicherlich nicht als sportart #2 zu betrachten ist

    woo woo woo - you know it, bro

  • und als kronbeispiel nun schweiz, slowenien und tschechien für den "12er-erfolg" anzuführen ist - naja - ein witz - ein vergleich macht weder aus wirtschaftlichen noch aus geographischen gründen einen sinn - eine bundesliga muss einfach das ganze land erfassen und dass geht mit 12 mannschaften natürlich wesentlich einfacher, wenn ich nur 8 mio einwohner habe - russland kann man da auf grund der größe mit endlosen steppen als sonderfall betrachten, zumal der handball da sicherlich nicht als sportart #2 zu betrachten ist

    Daß die genannten Länder mit Deutschland nicht vergleichbar sind, ist mir auch klar. Aber welches Land ist das - bezogen auf Handball - schon? Selbst im relativ handballstarken Frankreich muß man sich hinter hierzulande unbeachtetem Sport wie Rugby anstellen. Mir ging es darum zu zeigen, daß das kein exotisches Spielsystem ist, sondern auch international angewendet wird, und zwar mit Variationen häufiger als das in der Bundesliga gespielte einfache Round-Robin. (Außer in Deutschland gibt es das nur noch in Frankreich, Spanien, Rumänien, England und Malta. Alle anderen Länder spielen Endrunden, Play Off, mehrfaches Round-Robin, oder eine Kombination von alledem.)

    Trotzdem bleibe ich dabei, daß eine Liga, in der fast jeder fast jeden schlagen kann, deutlich besser zu vermarkten sein wird als eine, in der mindestens ein Drittel der Spielausgänge mit 95% Trefferquote Wochen im Voraus prognostiziert werden kann, sogar gänzlich unabhängig von Verletzungssorgen. Der Niveauausgleich wäre in der 12er-Liga deutlich höher als in der 18er-Liga, und das gilt natürlich auch für die dann wesentlich stärker aufgestellte 2.Liga. Das sind längerfristige Prozesse, von denen ich glaube, daß am Ende alle Beteiligten davon profitieren würden. Ich würde diese Vereine wie Balingen oder Eisenach ja auch nicht auf ewig aus der 1.Liga rausschmeissen wollen, sondern es stünde ihnen ja frei, sich für die 12er-Liga zu qualifizieren respektive dann aus der 2.Liga wieder dahin aufzusteigen. Dann gibt es auch Kiel live und in Farbe in der eigenen Halle, und zwar genauso oft wie im 18er-Format auch, nämlich (mindestens) einmal pro Jahr und dazu die Gegner gleicher Augenhöhe nicht nur in fünf, sondern zehn Heimspielen. Es wäre halt nicht nur viermal THW-SG, sondern auch viermal SCM-Wetzlar oder FAG-TBV (nach dem Stand der letzten Abschlußtabelle), und zwar eben nicht auf Kosten der Spiele mit den spektakulären Gegnern, sondern im "Tausch" gegen die +10-Spiele gegen (SCM-Beispiel letzter Saison) GM, Essen und Neuhausen. Ich wüßte, was ich aufregender fände.

  • Es gäbe ja auch die Alternative - wie im US-Sport - dafür zu sorgen, dass eine 18er-Liga ausgeglichen ist. Dafür benötigt man dann aber eine Art Salary-Cap und Luxussteuer, so dass das Geld der Großen auf die Kleinen verteilt wird. Aber da drehen wir uns im Kreis. :)

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.