Torhüter-Gegenstoß-Problematik

  • Dem TW B droht die Disqualifikation eben nicht, wenn er in Ballbesitz kommt und steht, bevor der Angreifer herankommt.

    Genau - er muss nicht nur im Ballbesitz sein, sondern darf sich auch nicht mehr bewegen. Wie sich das mit dem dynamischen Geiste des Handballspiels, den man doch eigentlich stärken will, in Einklang bringen lässt, ist mir noch ein Rätsel. Ein Torwart muss also den Pass abfangen und stehen und darf nicht den Schwung aus seiner Bewegung ausnutzen, um direkt einen Gegenangriff einzuleiten. Eigentlich sollte der Gegenstoßspieler mit dem Wechsel des Ballbesitzes als Abwehrspieler zu bewerten sein, wird er aber noch lange nicht - weil er laut Annahme dazu nicht fähig ist.

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.

  • Also langsam verstehe ich die ganze Diskussion hier nicht mehr. Die Hauptakteure, Feldspieler und Torwarte, haben doch offensichtlich weniger bis gar keine Probleme mit der Umsetzung dieser Regeländerung. Schiedsrichter und Trainer scheinen da schon mehr Probleme zu haben. ;)
    Nach meiner Beobachtung arrangieren sich z.B. Jugendspieler problemlos mit dieser Regel. Sie akzeptieren sie einfach und bleiben als Torwart in der Mehrzahl (weit über 90%) in ihrem Torraum. Für die ist das selbstverständlich, genauso wie sie nicht mehr als 3 Schritte mit Ball machen dürfen, (natürlich die Feldspieler gemeint :D ). Dass Schiedsrichter bei der Beurteilung von Situationen, bei denen der Torwart doch außerhalb des Torraums mit einem Feldspieler zusammenstößt, Schwierigkeiten haben, kann ich noch nachvollziehen. Aber deshalb wurde ja gerade der Torwart in die Pflicht genommen, einen Zusammenprall zu verhindern. Das macht doch die Entscheidungsfindung für die Schiedsrichter einfacher als sie vorher war.
    Das Videobeispiel, bei dem die Feldspielerin mit der Torfrau im Torraum zusammenprallt, ist keine direkte Konsequenz aus der Regeländerung. Solche Situationen gab es schon immer und das nicht nur bei Tempogegenstößen! Hier jetzt einen Bezug herstellen zu wollen, halte ich für, sagen wir mal, fantasievoll.
    Die ganze Diskussion geht wohl doch mehr in die Richtung, ob ich bestimmte Regeln überhaupt akzeptiere, bzw. diese in ihrer Grundausrichtung für sinnvoll halte. Aber da kann ich mir jede Regel herausgreifen und in Frage stellen, (wie z.B. beim Fußball auch immer wieder die Abseitsregel diskutuiert wird).

  • Beim Zusammenstoß zwischen Torwart und Gegenstoßspieler sind zwei Personen aktiv beteiligt. Das lässt sich vom Kopftreffer beim Siebenmeter nicht sagen (denn wäre der Torwart aktiv, dann gäbe es in diesem Fall keine Strafe fürden Werfer. ;) ) Daher halte ich den Vergleich für nicht zielführend - ebensowenig wie den Fall Jo Deckarm.

    Die Passivität begründet sich in beiden Fällen darin, dass der Spieler (im Gegenstoß) bzw. der Torhüter (beim 7-m) die Folgen der Aktion nicht verhindern kann. Der Konterspieler sieht den Torhüter nicht, während der Torhüter beim 7-m die Hände nicht schnell genug vor das Gesicht ziehen kann. Passiv bedeutet nicht, dass keine Handlung vorgenommen wird.
    Das Beispiel dient auch nur dazu, aufzuzeigen, was das Extrem in solchen Fällen wäre.


    Beim THW Kiel kann man sehr schön sehen wie die Regeländerung konsequent umgesetzt wird. Die Gegenstoßpässe von Thierry Omeyer erreichen die Mitspieler zielsicher bei 9 bis 10 Metern vorm Tor - gelegentlich sogar als Kempa-Anspiel direkt am Wurfkreis. Diese Bälle wären früher ein gefundenes Fressen für den gegenerischen Torwart gewesen, der acht, neuen Metern vor seinem Tor stehend die Bälle locker abgelaufen hätte. Aber durch die Regeländerung kann er sich das nicht mehr erlauben, denn er riskiert mit großer Wahrscheinlichkeit eine Disqualifikastion und einen Siebenmeter gegen seine Mannschaft.


    Wie gesagt, Handball verändert sich eben. Es gibt genügend Tohüter, die trotzdem rauskommen und die Pässe abfangen, ohne mit dem Gegenspieler zusammenzuprallen. Und wenn der Gegenspieler sich dann im Torhüter absichtlich verhakt, dann gibt es eben die Hinausstellung für den Spieler.

    Wenn man schon 2 Hinausstellungen hatte und dann so rangeht, kann man nur wichtige Termine haben. (frei nach Johannes B. Kerner)

    Der Schiedsrichter gilt in seiner Wahrnehmungsfähigkeit als unfehlbar... (DHB-Bundesgericht) :D

    Einmal editiert, zuletzt von DonMaffa (15. November 2011 um 23:25)

    • Offizieller Beitrag

    Die Passivität begründet sich in beiden Fällen darin, dass der Spieler (im Gegenstoß) bzw. der Torhüter (beim 7-m) die Folgen der Aktion nicht verhindern kann. Der Konterspieler sieht den Torhüter nicht, während der Torhüter beim 7-m die Hände nicht schnell genug vor das Gesicht ziehen kann.

    Und wenn der Gegenspieler sich dann im Torhüter absichtlich verhakt, dann gibt es eben die Hinausstellung für den Spieler.

    Auch wenn man das immer wieder schreibt - es wird dadurch nicht richtig. Der Konterspieler muss nicht nach hinten schauen. Wer bewusst nicht dahin schaut wo er hinläuft kann nicht beanspruchen den Zusammenstoß nicht verhindern zu können.

    Das hört sich in der Theorie gut an, aber in der Praxis muss der Torhüter kalkulieren:

    Komme ich wirklich rechtzeitig hin und erkennt der Schiri das auch richtig. Da verzichten einige drauf und dessen sind sich viele angreifende Mannschaften auch bewusst.

  • Auch wenn man das immer wieder schreibt - es wird dadurch nicht richtig. Der Konterspieler muss nicht nach hinten schauen. Wer bewusst nicht dahin schaut wo er hinläuft kann nicht beanspruchen den Zusammenstoß nicht verhindern zu können.

    Ein Konterspieler, der nicht nach hinten schaut, um die Richtung des Balles zu sehen, hat antizipatorische Fähigkeiten, die unbeschreiblich wären. Jedenfalls ist mir eine solche Situation in meinen 15 Jahren Handballerfahrung noch nicht untergekommen.

    Wenn man schon 2 Hinausstellungen hatte und dann so rangeht, kann man nur wichtige Termine haben. (frei nach Johannes B. Kerner)

    Der Schiedsrichter gilt in seiner Wahrnehmungsfähigkeit als unfehlbar... (DHB-Bundesgericht) :D

    • Offizieller Beitrag

    @ DonMaffa

    Ich traue Dir durchaus zu verstanden zu haben was meine Aussage war. Natürlich wird der Angreifer irgendwann Richtung Ball blicken müssen - aber wenn er dann dabei weiterrennen will ohne zu wissen wohin, dann geht ein eventueller Zusammenstoß jedenfalls nicht nur auf die Kappe des auch in Richtung Ball blickenden Torhüters.

  • Angenommen im Straßenverkehr kommt es zu einem Zusammenstoß und es stellt sich heraus, dass einer der Autofahrer mit ordentlich Tempo meterweit rückwärts gefahren ist und dabei in die andere Richtung geguckt hat -> Wie hoch wäre hier die Mitschuld des Rückwärtsfahrers?

    Klar müsste man noch die Randbedingungen definieren (Vorfahrt, stand/fuhr der andere Beteiligte, ...). Aber grob gesagt, lässt sich doch schon festhalten, dass man mindestens fahrlässig gehandelt hat.

    Es würde doch auch niemand auf die Idee kommen, rückwärts durch einen Wald zu rennen, oder?

    Ich denke, außerhalb des Handballfeldes wird jeder anerkennen, dass blindes Rückwärtslaufen gefährlich für die eigene Gesundheit sein kann.

    "Wenn man in ein Testspiel soviel hereininterpretiert hat man von Sport keine Ahnung." (Oldie50)

  • Angenommen im Straßenverkehr kommt es zu einem Zusammenstoß und es stellt sich heraus, dass einer der Autofahrer mit ordentlich Tempo meterweit rückwärts gefahren ist und dabei in die andere Richtung geguckt hat -> Wie hoch wäre hier die Mitschuld des Rückwärtsfahrers?

    Klar müsste man noch die Randbedingungen definieren (Vorfahrt, stand/fuhr der andere Beteiligte, ...). Aber grob gesagt, lässt sich doch schon festhalten, dass man mindestens fahrlässig gehandelt hat.

    Es würde doch auch niemand auf die Idee kommen, rückwärts durch einen Wald zu rennen, oder?

    Ich denke, außerhalb des Handballfeldes wird jeder anerkennen, dass blindes Rückwärtslaufen gefährlich für die eigene Gesundheit sein kann.

    Das sind alles Beispiele, die in einer Umwelt vorkommen, die nicht so begrenzt wie das Handballspielfeld sind. Im Rahmen des Tempogegenstoßes muss der Spieler einfach davon ausgehen dürfen, dass in seiner Laufrichtung kein Gegenspieler (außer dem Torwart selbst) mehr vorhanden ist. Also kann er auch nach dem Ball schauen.

    In der Umwelt sieht die Sache anders aus, da hier generische Hindernisse vorkommen, die der Fahrer so nicht ignorieren darf.

    Wenn man schon 2 Hinausstellungen hatte und dann so rangeht, kann man nur wichtige Termine haben. (frei nach Johannes B. Kerner)

    Der Schiedsrichter gilt in seiner Wahrnehmungsfähigkeit als unfehlbar... (DHB-Bundesgericht) :D

  • Das sind alles Beispiele, die in einer Umwelt vorkommen, die nicht so begrenzt wie das Handballspielfeld sind. Im Rahmen des Tempogegenstoßes muss der Spieler einfach davon ausgehen dürfen, dass in seiner Laufrichtung kein Gegenspieler (außer dem Torwart selbst) mehr vorhanden ist. Also kann er auch nach dem Ball schauen.

    Eben! Eben! Eben!
    Außer dem Torwart selbst bedeutet eben er muss damit rechnen, dass da noch ein Gegenspieler ist! Nämlich der Torwart!

    • Offizieller Beitrag

    Eben! Eben! Eben!
    Außer dem Torwart selbst bedeutet eben er muss damit rechnen, dass da noch ein Gegenspieler ist! Nämlich der Torwart!

    Du meinst den Torhüter der nach Regel 5:3 außerhalb des Torraums den Regeln für Feldspieler unterliegt ? ;)

    Ich denke die Diskussion ist müßig - die Befürworter der Diskussion bestehen auf ihr Axiom dass der Angereifer nicht mit jemandem rechnen muss, die anderen sehen das nicht so.

  • Folgende Situation:
    Gastmannschaft führt Mitte der ersten Halbzeit mit fünf Toren und ist im Angriff. TW Heimmannschaft hält Wurf und leitet mit langem Pass Tempogegenstoss ein. TW Gastmannschaft verläßt sein Tor bis auf ca. 9m und steht. Spieler Heimmmanschaft bringt den Ball ca. 3m vor TW unter Kontrolle und steht dann, bis er die Situation erfasst hat, auch und sucht offensichtlich nach Anspielstation. Darauf reagiert der TW und macht den Angreifer fest, so das dieser nur noch einen unkontrollierten Wurf zustande bringt der am Tor vorbei geht.

    Meine Entscheidung:
    Zwei Minuten für den TW und Siebenmeter für die Heimmannschaft wegen Verhinderung klarer Torgelegenheit. Die Entscheidung löste natürlich Diskussionen in der Halle aus. Etliche Spieler und Zuschauer forderten die Rote Karte für den Torwart. Wobei ich der Meinung bin, das dadurch, das beide Spieler standen, eine neue Spielsituation entstanden war und nicht mehr die Unterbindung eines Tempogegenstoßes gegeben war. Da auch zu keiner Zeit die Gefahr einer Verletzung für den Angreifer gegeben war hielt ich die Zwei-Minuten-Strafe für richtig, eine Rote Karte wäre für mich vollkommen unangemessen gewesen.

    Sieht das hier jemand der Regelkundigen anders? Hätte ich zwingend Rot geben müssen ?

    Bin für Eure Meinungen dankbar. :hi:

  • So wie du es schilderst ist es aus meiner Sicht kein "Rot"
    DHB Info 1.7.10

    Zitat

    (Stand: 1.7.10): Verdeutlichung "Torwart == Gegenstoß == Kontakt"

    .....

    Desweiteren kann der Torwart nach einem Ausweichmanöver des vielleicht etwas frueher in Ballbesitz gekommenen Angreifers wegen Klammern / Stossen entsprechend bestraft werden. Auch da hat sich gar nichts geändert.

  • offtopic: Sind die IHF-Lehrfilme eigentlich irgendwo käuflich erhältlich? Danke im Voraus.

    Wenn man schon 2 Hinausstellungen hatte und dann so rangeht, kann man nur wichtige Termine haben. (frei nach Johannes B. Kerner)

    Der Schiedsrichter gilt in seiner Wahrnehmungsfähigkeit als unfehlbar... (DHB-Bundesgericht) :D