In der Hektik der Entscheidungsspiele rückt der Abschied eines der, wenn nicht des, besten Spieler, welche je in der Liga spielten, etwas in den Hintergrund. Noch vier Wochen und dann ist Schluss. Vor dem letzten Spiel am 17.5. bzw. dem Bundesliga-Allstar-Game, bei welchem „Nick“ dann vermutlich seine ganz persönliche Verneigung des deutschen Handballpublikums erleben wird, schmeisst die deutsche Presse sicher noch einmal die „Nachruf“-maschine an, doch spätestens Anfang Juni war es das dann – „Nick“ geht.
Ich eröffne diesen Thread schon jetzt und wähle eine solche pathetisch Einleitung aus zwei Gründen. Zum einen habe ich seinen Weg seit 1996 mit besonderem Interesse verfolgt und habe die Höhen und Tiefen seiner Karriere, welche durch die Presse gegangen sind, noch recht gut im Kopf, zum anderen habe ich die leise Hoffnung, dass er selbst diese Abschiedsworte lesen wird. In dem Beitrag des NDR zum „Olympiaskandal“ schien es so, als würde er selbst in der Handballecke mitlesen.
„Nick“ Yoon kam 1996 in die Bundesliga. Er weckte mein Interesse, da ich erst vier Jahre zuvor ein Austauschjahr in Korea verbracht hatte und somit sehr interessiert an allem, was Korea betrifft. Viel kriegt man ja im allgemeinen nicht mit aus diesem kleinen Land kurz hinter Sibirien. Zunächst fiel mir aus der Ferne auf, dass er sich für einen Asiaten sehr schnell in Deutschland integrierte. Als asiatische Sportler, welche sich in einer Mannschaftssportart in Deutschland bis dahin Respekt erarbeitet hatten, fallen mir nur Bum-Kun Cha und Naohiro(?) Okudera ein. Die „Normalität“ waren eher Episoden wie Asiens Fußballer des Jahres Kim, welcher in Bochum scheiterte, der Chinese Chen Yang, welcher nach 3 Jahren Deutschland bei Eintracht Frankfurt immer noch gerade mal ja und nein sagte, oder der zweite Koreaner beim Vfl Choi Hyung-Ho.
2001 ergab sich dann die Gelegenheit zu einem ersten persönlichen Kontakt. Bei einem Auswärtsspiel in Großwallstadt, hatte ich einen japanischen Handballfan als Gast begleitet und fragte „Nick“ nach dem Spiel um ein Autogramm und Foto für den „Sportsfreund“. So kamen wir ins Gespräch und in den folgenden Jahren ergab sich immer einmal pro Saison die Gelegenheit für das übliche „Wie gehts wie stets“.
Die sportlichen Qualitäten von „Nick“ aufzuzählen verbietet sich bei dem Welthandballer von 2001 fast schon. Ich frage mich eigentlich, wo seine Schwächen sind. Den oft genannten spielerischen Egoismus in den 10 Jahren beim Vfl Gummersbach muss man anführen. Doch hat die Zeit in Hamburg gezeigt, dass er in einem Kreis von Welthandballer, also „unter seines gleichen“, durchaus taktisch einfügen kann.
Ein Phänomen erscheint mir die Robustheit von „Nick“. Ich kann mich an keinen längeren Verletzungsausfall erinnern und das bei fast ständigem Einsatz in Abwehr und Angriff. Beachtlich auch die Gelassenheit, mit welcher er über die Jahre die Sonderbewachung der Gegner ertragen hat. Ist Kyung-Shin Yoon in all den 12 Jahren mal wegen Reklamierens betraft worden?
Ein ewiges Rätsel wird wohl bleiben, warum er so lange in den 90ern dem Vfl die Treue gehalten hat. Sein Gehalt war natürlich schon immer eines der höchsten in der Liga. Doch wenn es stimmt, dass der THW und Barcelona dran waren, dürfte das auch kein Argument gewesen sein. Dass er nicht unbedingt die Rolle des Alleinunterhalters braucht, zeigen ebenfalls die letzten Jahre, als er beim Vfl und vor allem beim HSV viele „ebenbürtige“ Spieler neben sich hatte.
Sportlich hat er in den letzten Jahren einige Schwankungen gezeigt. Doch in dem Moment wo man anfängt zu grübeln, ob jetzt doch das Alter durch kommt, läuft er wieder zu ganz großer Form auf. Die Komplimente seiner Ex-Trainer, Mit-Spieler, etc. braucht man hier nicht aufzählen. Vielleicht doch eines von DHB-Präsident Uli Strombach, welcher beim letzten Pokalfinale dem HSV den Titel gönnte, damit „Nick“ auch mal einen deutschen Titel hole. Vermutlich wird es bei einem Europacup-Titel bleiben. Zum Glück wird er nun doch noch die Chance bekommen, bei Olympia aufzulaufen. 1992 in Barcelona ging sein Stern auf. Mit 35 dürfte Peking auf international der letzte richtig große Auftritt werden.
Wie sein Landsmann Kang Jae-Wong wird auch er mit aller Voraussicht dem Handball als Trainer erhalten bleiben. Kang hatte u.a. Trainerstationen in der Schweiz, den USA, China und Korea. Ich hoffe, dass er vielleicht auch in Deutschland ein Engagement finden wird, kann ihn mir als Trainer in der Bundesliga vom Typ her allerdings im Moment noch nicht vorstellen. Vielleicht hilft er ja auch jungen koreanischen Talenten auf dem Weg in die Bundesliga. Dass es dort Talente geben muss, zeigen die Platzierungen bei den Junioren-Welmeisterschaften.
Wenn ich in vier Wochen die Abschiedszeremonie für „Nick“ auf irgend einem Sportkanal sehen werde, weiß ich jetzt schon, dass mir dann die Tränen kommen werden. Automatisch werde ich dann wohl an eine der zahllosen koreanischen Soaps denken, in welchen der gehende Held von weinenden Müttern oder Frauen auf Knie angefleht wird zu bleiben. Ich kriege es nicht mehr zusammen aber der klassische Satz müsste ungefähr so gehen: „Hyong! Sopsophalkye“ „Großer Bruder! Wir werden Dich vermissen“.
Nach soviel Herz/Schmerz werde ich hier noch später die Artikel posten, welche in den nächsten Wochen erscheinen und online zu kriegen sind.
Vielleicht haben ja noch ein paar Leute hier eine Meinung, welche natürlich auch kontrovers sein soll. Mein Beitrag liest sich wie ein Heldenepos, verblendet und subjektiv wie es subjektiver nicht sein kann. Musste aber mal sein, in diesem Fall.