ZitatTHW Kiel und die Handballwelt trauern um "Hein Daddel"
„Die Landeshauptstadt Kiel hat mit Heinrich Dahlinger eines ihrer größten Sportidole verloren“ – mit diesen Worten verliehen Stadtpräsident Rainer Tschorn und Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz soeben ihrer Trauer um den im Alter von 88 Jahren verstorbenen Heinrich Dahlinger Ausdruck.
Heinrich Dahlinger sei bei den Menschen in Kiel und weit darüber hinaus fest in den Köpfen und Herzen verankert – nicht nur bei den Handball-Fans. „Unser ‚Hein Daddel‛ hat große Kapitel deutscher Handball-Geschichte geschrieben. Sein Name wird immer untrennbar mit dem Aufstieg des THW Kiel zu einer europäischen Spitzenmannschaft verbunden sein. Unser tiefempfundenes Mitgefühl gilt der Familie Heinrich Dahlingers“, so Tschorn und Volquartz weiter.
Erst im September vergangenen Jahres hatte die Landeshauptstadt Kiel Heinrich Dahlinger die Andreas-Gayk-Medaille für seine außergewöhnlichen Verdienste um den Handballsport in Kiel und Deutschland verliehen. Vom 14. Lebensjahr an spielte der „Kieler Jung“ vom Ostufer beim THW Kiel Handball. In 1871 Handballspielen, davon 38 in der deutschen Nationalmannschaft, erzielte Heinrich Dahlinger insgesamt 5423 Tore. 1952 und 1955 gewann er mit der deutschen Nationalmannschaft die Feldhandball-Weltmeisterschaft. 1948 und 1950 wurde er mit dem THW Kiel Deutscher Feldhandballmeister, 1957, 1962 und 1963 Deutscher Hallenhandballmeister. Zweimal wurde Heinrich Dahlinger vom Bundespräsidenten die höchste Würdigung im Sport, das „Silberne Lorbeerblatt“, verliehen. Viermal wurde er zum „Sportler des Jahres“ in Schleswig-Holstein gewählt. Dahlinger war außerdem Träger der Goldenen Ehrennadel des Deutschen Handball-Bundes, des Schleswig-Holsteinischen Handball-Verbandes und des THW Kiel. 1978 beendete Heinrich Dahlinger seine aktive Laufbahn und wurde für viele Jahre Trainer beim THW Kiel.
In der Landeshauptstadt Kiel wird Heinrich Dahlinger über seinen Tod hinaus allseits präsent sein: Eine Sporthalle in Gaarden trägt seinen Namen genauso wie ein Linienbus. Das Maskottchen des THW Kiel trägt seinen Spitznamen „Hein Daddel“. Heinrich Dahlinger löste in seiner aktiven Zeit eine Handball-Begeisterung aus, die bis zum heutigen Tag nicht nur in Schleswig-Holstein anhält. KN
THW Kiel und die Handballwelt trauern um "Hein Daddel"
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Ein ganz, ganz großer ist von uns gegangen!!!
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Ich hab's im Schleswig-Holstein-Magazin gesehen. Traurig.

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Zitat
Original von Micha
Ich hab's im Schleswig-Holstein-Magazin gesehen. Traurig.
dito...
ein wirklich großer Sportsmann
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Eine große Persönlichkeit. Nicht nur eine beeindruckende Vita, auch als Mensch erschien Hein Daddel immer sehr sympatisch.
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"Hein war etwas ganz Besonderes"
Hein Dahlinger ist tot. Wenige Monate nach seinem 85. Geburtstag, den das Kieler Handball-Idol am 30. Oktober 2007 bei einem THW-Empfang im Vereinsheim des Handball-Bundesligisten noch mit rund 60 Freunden und Weggefährten bei guter Laune feierte, verstarb die Galionsfigur des Kieler Sports in der Nacht zum Sonnabend nach kurzer Krankheit in einem Rendsburger Krankenhaus.
Dahlinger hinterlässt seine Frau Waltraud, mit der er im Juni 2006 die "Diamantene Hochzeit" feierte, die Söhne Peter und Uwe sowie fünf Enkelkinder. Gemeinsam mit den Söhnen führte der gelernte Holzkaufmann in Schönkirchen lange Zeit eine eigene Firma.Hein Dahlinger wurde als Handballer mit Kieler Wurzeln berühmt und zur Institution in ganz Deutschland. Er war die in den Nachkriegsjahren von vielen Menschen gesuchte Leitfigur und der letzte Überlebende der großen THW-Mannschaft, die erstmals 1948 deutscher Feldhandballmeister wurde und den Begriff des "Hasseer Wirbels" prägte. Sportliche Erfolge sammelte er zuhauf, war während seiner 68-jährigen Vereinszugehörigkeit von 1939 bis 1966 aktiver Spieler, später Trainer, zweimal Feldhandball-Weltmeister, fünfmal Deutscher Meister und Inhaber des Silbernen Lorbeerblattes, die höchste Auszeichnung, die die Bundesrepublik an ihre Sportler zu vergeben hat.
Erst im Alter von 44 Jahren hängte er seine Sportschuhe an den Nagel, blieb der damaligen Ostseehalle aber als treuer Zuschauer bei Spielen seines THW treu verbunden. Unter dem Dach seiner sportlichen Heimstatt erinnert ein überdimensionales Trikot an großartige Leistungen, die er in 1871 Spielen für den THW auf die Spielflächen zauberte, in Kiel-Gaarden ist eine Sporthalle nach dem gebürtigen Diedrichsdorfer benannt.
Seine letzten Lebensjahre verbrachte der "echte Kieler Jung", wie er sich selbst gerne bezeichnete, in einem Hochhaus in Heikendorf. Aus dem fünften Stockwerk hatte er einen überragenden Blick auf seine geliebte Förde, dort saß er oft mit seiner Frau Waltraud und sprach über alte Zeiten. Für Gäste hatte der Sportnarr immer offene Türen. Ehefrau Waltraud schenkte dann starken, duftenden Kaffee in goldumrandete Tassen und reichte Gebäck, während ihr Mann den Besuch schon längst mit spannenden Geschichten über Handball und das Drumherum in seinen Bann gezogen hatte. Meistens griff er dann mit funkelnden Augen in seine Ablage neben dem Sofa und zog Fotoalben hervor, die seine Erzählungen eindrucksvoll illustrierten. Diese Alben waren Dahlingers liebste Schätze, er hütete sie wie die Bank von England ihren Goldvorrat.
Die Fähigkeiten des Sportlers Hein Dahlinger brachte Heinz Jacobsen, der ehemalige Ligaobmann, einmal auf den Punkt. "Er war ein begnadeter Spieler, ein Weltklassemann mit der seltenen Gabe, im richtigen Moment das Richtige zu tun." Vielleicht, so die weitere Einschätzung Jacobsens, habe es bessere Handballer als Dahlinger gegeben, aber bei diesem habe einfach die Mischung aus urwüchsiger Kraft und Spielintelligenz gestimmt.
Die meisten Begleiter und Fans riefen Dahlinger nur respektlos "Hein Daddel". Im Spiel hatte einst ein Zuschauer "Hein daddel los" gerufen, Dahlingers Spitzname war geboren und wurde zum ständigen Begleiter und Qualitätsmerkmal. Sein Folkeboot, mit dem er später erfolgreich Regatten segelte, bekam diesen Namen, das heutige THW-Maskottchen heißt so, sogar ein KVG-Bus trägt diesen Namen.
Aber mit Hein Dahlinger geht ein Mensch, der nicht nur Sportgeschichte geschrieben hat. Er hinterlässt als kantige, immer verlässliche, humorvolle und warmherzige Persönlichkeit Spuren und vor allem eine nicht zu schließende Lücke. "Hein war etwas ganz Besonderes", weiß Beate Sievers, die Ehefrau des im vergangenen Jahr verstorbenen Freundes und Mannschaftskameraden Dahlingers, dem späteren THW-Mannschaftsarzt Dr. Heinz-Georg "Gockel" Sievers. Zu Lebzeiten seien diese beiden Männer unzertrennlich gewesen. "Das war eine ganz, ganz enge Beziehung", erinnert sich Beate Sievers.
Als eine Rückenerkrankung "Gockel" in den letzten Lebensjahren fest ans Bett gefesselt habe, so Frau Sievers, wären Hein und Waltraud an jedem Sonnabend im Jahr zu Besuch gekommen - an jedem Sonnabend! "Dann setzte sich der große, kräftige Mann auf die Bettkante und erzählte von vergangenen gemeinsamen Erlebnissen. Die beiden waren glücklich, man konnte es spüren." Und Hein Dahlinger sei auch der letzte Mensch gewesen, den "Gockel" Sievers bewusst wahrgenommen habe. "Mein Mann war schon ganz schwach und hatte seine Augen geschlossen." Als Dahlinger das Zimmer betrat und ihn ansprach, öffnete der Sterbende zum letzten Mal seine Augen, guckte seinen alten Weggefährten an und schloss die Augen wieder. Beate Sievers: "Mir kam es vor wie: Tschüss, alter Freund."
Heute Abend spielt der THW in der Bundesliga gegen die Rhein-Neckar Löwen. Der Platz 35, Reihe 6, Block B, erster Rang, ist dann leer. Kiel trauert um einen großartigen Menschen.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 05.02.2008)