ZitatAlles anzeigenObama lässt Clinton hinter sich
von Sabine Muscat (Des Moines)
US-Senator Barack Obama hat bei den Demokraten die erste Abstimmung im Rennen um das Weiße Haus klar gewonnen. Bei den Republikanern setzte sich Ex-Gouverneur Mike Huckabee durch. Für Hillary Clinton war die erste Testwahl enttäuschend.
Barack Obama ist als Sieger aus der ersten Vorwahl für die Nominierung des Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten hervorgegangen. Eine Rekordwahlbeteiligung, vor allem unter jungen Wählern, verschaffte dem Senator aus Illinois einen Vorsprung von knapp acht Punkten vor Hillary Clinton. Bis kurz vor der Abstimmung hatte sie als Favoritin gegolten. Die New Yorker Senatorin landete mit 29 Prozent sogar hinter John Edwards knapp auf dem dritten Platz.
Bei den Republikanern ging Mike Huckabee als klarer Sieger aus dem eng umkämpften Rennen hervor. Der frühere Gouverneur aus Arkansas wurde von einer Welle der Zustimmung unter religiösen Wählern nach oben gespült. Er kam auf 35 Prozent, und ließ den ehemaligen Favoriten Mitt Romney, der massive Ressourcen in den Wahlkampf in Iowa gesteckt hatte, mit 26 Prozent weit hinter sich. Um den dritten Platz rangen Fred Thompson und John McCain mit je rund 13 Prozent kurz nach der Auswertung der Ergebnisse.
Das starke Abschneiden der charismatischen Aufsteiger Obama und Huckabee wurde im Lager der Sieger als Signal interpretiert, dass die Amerikaner nach acht Jahren Bush einen Neubeginn wünschen. "Ihr seid in großen Städten und kleinen Gemeinden zusammen gekommen, um zu sagen: 'Wir sind eine Nation, wir sind ein Volk, und unsere Zeit für den Wechsel ist gekommen'", rief Obama einer johlenden Menge in einer Veranstaltungshalle in Iowas Hauptstadt Des Moines zu. "Ein neuer Tag muss in der amerikanischen Politik anbrechen, ein neuer Tag muss in der amerikanischen Regierung anbrechen", verkündete der frühere Baptistenprediger seinen Anhängern.
Die Ergebnisse in Iowa sind sehr viel deutlicher ausgefallen als erwartet. Die Umfragen hatten bis kurz vor Schluss ein knappes Rennen auf beiden Seiten vorhergesagt. Vor allem bei den Demokraten hatten zuletzt mal Hillary und mal Obama vorne gelegen. Doch die Prognosen hatten offenbar die Wähler nicht erfasst, die sich erst in letzter Minute für einen Kandidaten entschieden – oder dafür, überhaupt zur Wahl zu gehen.
Doch gingen bei den Demokraten mehr als 220.000 Wähler zu den Parteiversammlungen in den 1784 Wahlkreisen in Iowa. Die Wahlbeteiligung übertraf den bisherigen Rekord aus dem Jahr 2004 bei weitem. Damals hatte sie bei 124.000 gelegen.
Obama ist Liebling der Jugend
Nach vorne blickend schlug der Sieger von Iowa gleich den Bogen nach New Hampshire, wo am 8. Januar die nächste Vorwahl stattfindet. "Ihr habt geschafft, wofür New Hampshire nur fünf Tage brauchen wird." Die Umfragen in dem Bundesstaat im Nordosten sehen Clinton nach wie vor klar in Führung. Die gedemütigte Favoritin gab sich denn auch bei ihrer Wahlparty im Hotel Fort Des Moines kampfeslustig. "Wir haben immer für eine nationale Kampagne geplant", sagte sie, umgeben von einer Phalanx ihrer engsten Vertrauten, darunter ihr Ehemann Bill, ihre erwachsene Tochter Chelsea, aber auch die frühere Außenministerin Madeleine Albright und General Wesley Clark.
Analysten halten die Wahl für Hillary Clinton auch nach der bitteren Enttäuschung von Iowa nicht für verloren. Landesweit liegt sie in Umfragen im Schnitt mehr als 20 Prozentpunkte vor Obama. In New Hampshire allerdings beträgt ihr Vorsprung nur rund sieben Prozentpunkte. John Edwards interpretierte sein gutes Ergebnis als Ansporn, in New Hampshire weiter zu machen.
Auch bei den Republikanern bleibt es weiter spannend. John McCain kann mit seinem Abschneiden in Iowa sehr zufrieden sein, zumal er dort wenig Wahlkampf betrieben hat. In New Hampshire liegt er an erster Stelle vor Mitt Romney, der geschwächt aus Iowa hervorgeht.
Doch nicht alle wollen nach diesem 3. Januar weiter kämpfen. Auf der demokratischen Seite kündigten die Senatoren Joe Biden und Chris Dodd nach ihrem schlechten Abschneiden ihren Ausstieg aus der Kampagne an.
FTD.de, 08:49 Uhr
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Die letztendliche Wahl ist übrigens am 4. November.
ZitatIowa entscheidet nicht immer die Wahl
Mancher Iowa-Verlierer schaffte es trotzdem ins Weiße Haus - Trotzdem noch gute Chancen für Clinton und Romney
Des Moines - Trost für Hillary Clinton: Das Ergebnis der Vorwahlen in Iowa hatte in der Vergangenheit wenig damit zu tun, wer später tatsächlich ins Weiße Haus gewählt wurde. Hillary Clintons Mann Bill etwa erhielt bei den Wahlversammlungen in Iowa 1992 miserable drei Prozent - und wurde einige Monate später doch zum Präsidenten gekürt. Die legendäre Stellung Iowas als politisches Orakel der Nation geht auf das Jahr 1976 zurück: Damals erzielte der bis dahin völlig unbekannte Jimmy Carter einen Überraschungssieg. Carter schaffte dann den Durchmarsch von Iowa bis zum Wahlsieg in Washington.Auch im letzten Wahljahr 2004 kam Iowa großes Gewicht zu: Senator John Kerry trug hier den Sieg bei den Demokraten davon. So groß war die Signalwirkung, dass Kerry auch in den nachfolgenden Bundesstaaten gewann und schließlich Spitzenkandidat der Partei wurde. Die Präsidentschaftswahl verlor er dann aber. Andere Iowa-Sieger wurden hingegen nicht einmal Spitzenkandidat - so etwa Richard Gephard (1988) und Tom Harkin (1992). Aufseiten der Republikaner sieht es nicht anders aus: Nur einer ihrer Iowa-Sieger in den letzten 30 Jahren schaffte den Sprung ins Weiße Haus: George W. Bush.(APA/AFP)
Quelle: Standard, 04. Jänner 2008, 07:46