ZitatOriginal von Felix0711
c) Balingen (keine Ahnung ob das was taugt)
Ja, tut es!
Weiß noch nicht wo und wann ich mir den Film zu gemüte führen werden - wird sich zeigen....Wird aber sicherlich lustig ![]()
ZitatOriginal von Felix0711
c) Balingen (keine Ahnung ob das was taugt)
Ja, tut es!
Weiß noch nicht wo und wann ich mir den Film zu gemüte führen werden - wird sich zeigen....Wird aber sicherlich lustig ![]()
Sönke Wortmanns Fußball-WM-Dokumentation Deutschland. Ein Sommermärchen ist für Filmemacher Winfried Oelsner Fluch und Segen zugleich. Ganz klar, ohne den riesigen Erfolg mit vier Millionen Besuchern in Deutschland hätte es „Projekt Gold - Eine deutsche Handball-WM“ unter keinen Umständen ins Kino geschafft. Auf der anderen Seite variiert Oelsner den Stil des Vorbilds nur minimal, lässt in seiner Dokumentation die Fehler Wortmanns aus, hat aber damit zu kämpfen, dass Handball nun mal Handball ist... und in Deutschland zwar mit einer gewissen Euphorie der WM-Titel der Mannen von Bundestrainer Heiner Brand gefeiert wurde, jedoch die Ausmaße nicht annährend die der WM-Hysterie erreichten, als im heißen Sommer 2006 eine ganze Nation im kollektiven Taumel der Welt zeigte, was für gute, herzliche Gastgeber die Deutschen sein können. So ist Oelsners Film vielleicht sogar der bessere, doch die Magie von Wortmanns „Sommermärchen“ bleibt unerreicht.
19. Januar bis 4. Februar 2007: die Handball-WM im eigenen Land. Eine große Sache, keine Frage. Doch so richtig realisiert hat dies vor dem Turnierstart eigentlich nur Bundestrainer Heiner Brand. Die deutsche Mannschaft, immerhin Europameister des Jahres 2004 und Vize-Weltmeister 2003, zählt gewiss nicht zu den Favoriten. Bei der letzten WM 2005 in Tunesien scheiterte das DHB-Team kläglich in der Vorrunde, wurde am Ende Neunter. Die besten Mannschaften kommen aus Frankreich, Kroatien und Spanien, dem Land des Titelverteidigers, angereist. Im tristen Grau des Januars hat die deutsche Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, „dass schon wieder WM is’“. Als dann auch noch der Start mit mittelmäßigen Leistungen bei Siegen gegen schwache Gegner (27:22 gegen Brasilien, 32:20 gegen Argentinien) holprig verläuft, steht das „Projekt Gold“, das Brand als Ziel ausgegeben hat, nach dem 25:27-Debakel gegen starke Polen vor dem Aus. Der Rest ist Geschichte. Dank einer Trotzreaktion fegt Deutschland Slowenien zum Auftakt der Zwischenrunde mit 35:29 weg und marschiert mit weiteren Siegen gegen Tunesien (35:28), Topfavorit Frankreich (29:26) und Island (33:28) ins Viertelfinale. Dort wird der amtierende Weltmeister Spanien mit 27:25 aus dem Weg geräumt, anschließend Frankreich im Halbfinale (32:21 nach zwei Verlängerungen) niedergerungen und im Endspiel Polen (29:24) keine Chance gelassen.
Besser könnte sich kein Drehbuchautor eine Dramaturgie, so perfekt für einen Sportfilm, ausgedacht haben. Wäre Deutschland vor dem Viertelfinale gescheitert, hätte es garantiert keinen Film gegeben, das ist klar. Aber für Produzent Frank Stephan Limbach und seinen Regisseur Winfried Oelsner („Tsunami“) lief alles nach Plan. Von der Konzeption unterscheidet sich „Projekt Gold - Eine deutsche Handball-WM“ kaum von Wortmanns Box-Office-Smashhit. Beide Filme geben dem Publikum noch einmal eine äußerst emotionale Rückschau auf das jeweilige Großereignis und einen intimen Einblick in das deutsche Team. Die große Bürde des unweigerlichen Vergleichs ist Oelsner sicherlich voll bewusst, doch er macht das Beste daraus und lernt aus Wortmanns formalen Fehlern. Das geht bei Kleinigkeiten wie den jetzt vorhandenen Einblendungen der Namen los (so dass der Zuschauer auch weiß, wen er da vor sich hat) und endet bei der besseren konzeptionellen Einbindung der Jubelszenen. Wortmann war damals so nah an der Mannschaft, dass er den WM-Wahnsinn wohl gar nicht in dem Maße wahrgenommen hat, wie er für die Fans existent war.
„Projekt Gold“ ist ein echter Handball-Film. Der Sport steht im Blickpunkt, das Drumherum ergänzt die Szenerie nur sehr schön. Je länger die Spielzeit voranschreitet, desto intensiver werden die Jubelbilder, die sich schließlich in eine Ekstase steigern, in der Oelsners Kamera ausgedehnte Bäder nimmt. Das macht seine Dokumentation vom Aufbau vielleicht besser und klarer als die Wortmanns, doch dem fiel einfach das Glück in die Hände, Chronist eines Jahrhundertereignisses zu sein. Er hielt einfach drauf und schnitt sein Material zusammen. Fertig. Das hört sich einfach an, verschweigt aber zunächst Wortmanns größten Verdienst, mit dem sein Handball-Pendant Oelsner nicht mithalten kann. „Deutschland. Ein Sommermärchen“ hat diese Handvoll Momente, bei denen dem Sportfan beim ersten Betrachten die Kinnlade herunterklappt, weil diese tiefen Einblicke noch nie so direkt zu sehen waren. Etwa wenn Coach Jürgen Klinsmann im Adrenalinrausch vor dem Argentinien-Spiel auf seine Spieler einredet und sie bis in die Haarspitzen motiviert, die Spieler nach Siegen in der Kabine toben, nach dem markerweichenden Aus kritisch diskutieren oder alte Ressentiments kernig gepflegt werden („Das lassen wir uns nicht nehmen. Und schon gar nicht von Polen.“). Aber auch das einfache, unaufgeregte Beobachten des Treibens im Mannschaftshotel hatte es vorher noch nicht gegeben. Beim Handball sieht das anders aus. Bei jedem im DSF übertragenen Bundesliga-Spiel ist die Kamera bei den Besprechungen zwischen Trainer und Mannschaft während des Matches dabei. „Projekt Gold“ kann hier nichts Neues bieten – alles läuft so ab, wie sich der Sportkenner dies vorstellt. Und dass Handballer harte Hunde sind, die auch mit Verletzungen zu Höchstleistungen auflaufen, ist ebenso wenig ein Geheimnis.
Zwei Mal schafft es der Film dann aber doch noch zu überraschen. Zum einen, wenn Heiner Brand sich über die Pizzaaffäre echauffiert (die Spieler bestellten am Abend vor der wegweisenden Partie gegen Slowenien um 23.00 Uhr noch Pizza aufs Zimmer). Und zum anderen bei einer lustigen Szene im ICE, als die Nationalspieler nach einem Spiel Zugreisende höflich von ihren reservierten Sitzen vertreiben müssen, um nicht im Gang zu stehen. Das ist höchst amüsant und menschlich.
Wären da noch die Protagonisten. Die deutsche Handball-Truppe ist durch die Bank eine Ansammlung von sympathischen Sportlern, die das Wort „Teamgeist“ noch tatsächlich leben, denn ohne diese Einstellung hätten sie niemals den Titel geholt. In einigen Interviews, die nach der WM geführt wurden, wird das Ereignis noch einmal aufgearbeitet, wobei besonders Torwart Henning Fritz im Mittelpunkt steht – eine weise Entscheidung. Seine Geschichte - von der Nummer drei im Tor des THW Kiel zum WM-Held - gibt am meisten her. Oelsners größter Trumpf ist jedoch Bundestrainer Heiner Brand. Nein, nicht dass er jemals so aus sich heraus gehen würde wie Springteufel Klinsmann... Brand ist ein ehrlicher, herzensguter Mensch, der eine gottgegebene Autorität besitzt, die niemand wagen würde, auch nur anzukratzen. Und er hat einen knochentrockenen rheinischen Humor, der „Projekt Gold“ viele amüsante Momente beschert.
Fazit: „Projekt Gold - Eine Handball-WM in Deutschland“ ist eine durchweg gelungene Dokumentation des deutschen WM-Triumphs und vor allem ein waschechter Handball-Film. Wer bei dem Gedanken daran gleich dankend abwinkt, sollte besser kein Kinoticket lösen. Für Fans der zweitbeliebtesten deutschen Mannschaftssportart ist das Werk jedoch ausnahmslos empfehlenswert. „Projekt Gold“ ist gewiss kein magischer Film, aber ein Zeitgenosse, der seinen Sport angemessen und punktgenau präsentiert. Ganz zu Anfang spricht Torwarttrainer Andreas Thiel ein paar weise Worte: „Sport ist ja nicht das wahre Leben.“ Das zwar nicht, aber Sport macht das Leben für viele interessanter... Und auch dieser Ansicht wird der Film gerecht. Ein Spiel wie das Halbfinale gegen Frankreich ist für engagierte Zuschauer nahezu unerträglich, so sehr zerrte es an den Nerven. Wer sich diesen Emotionen aus der sicheren Entfernung der Erinnerung noch einmal stellen möchte, ist mit „Projekt Gold“ bestens bedient.
7/10
Carsten Baumgardt
kann man jemanden ernstnehmen, der "sommermärchen" magie zuschreibt, die fussball-wm als "jahrhundertereignis" beschreibt und dem beim "sommermärchen" mehrfach die kinnlade runterklappte? ich nicht. ist aber wurst. beides sind ja mehr oder weniger dokumentationen, und die leben nun mal vom betrachteten.
Typisch Handball-Fan, so eine Kritik direkt wieder auseinander zu nehmen! ![]()
Ist doch objektiv und vor allem gut geschrieben. Ein Grund mehr, den Film im Kino zu gucken....
Ich kann allen nur den 04. August um 14 Uhr das CINEMAXX in Mannheim empfehlen.
Der BHV hat das ganzte KINO angemietet und zeigt den Film für 6 EURO, inkl. Laseshow und Verlosung eines Original Wm Balles mit Unterschrift von W.Klitschko, der sich am Dienstag vor der Hauptgruppe II in Mannheim während seiner PK für ein paar Bälle ins Tor stellte und danach den Ball signierte.
Karten sind bei mir zu bestellen.
Meikel: sollen wir mal eine diskussion über objektivität in zeiten der postmoderne führen? hihi.
Auf die Gefahr hin, daß dieses Thema in philosophische Sphären abgleitet, sei die Frage gestattet; Wie ist es möglich, daß ein Subjekt eine objektive Meinung äußert?
Zum Glück stelle ich diese Frage nicht im SCM-Forum, wo der kalte Krieg wieder ungeahnte intellektuelle Tiefen erreicht hat. Es gibt immer eine Nische, aus der die Demagogen gekrochen kommen, wenn sie ihre Zeit für gekommen halten.
ZitatOriginal von Linksaussen
Meikel: sollen wir mal eine diskussion über objektivität in zeiten der postmoderne führen? hihi.
nein
oooch.
Der Bericht/Rezension der Welt:
ZitatAlles anzeigen
29. Juli 2007, 00:00 Uhr
Von Josef Engels
Kino
Ein Handballertraum - und Stars ohne AllürenDas bessere Sommermärchen: Winfried Oelsners Handball-Film "Projekt Gold". Hier werden Männer, die kaum einer kennt innerhalb von zwei Wochen zu Helden. Dazu kommt: Der Zuschauer des Films wird nicht ständig Xavier Naidoos Gesängen ausgesetzt.
Man stelle sich vor: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hätte während der Weltmeisterschaft mit dem Zug von Spielort zu Spielort reisen müssen. Man male sich des Weiteren aus: Jürgen Klinsmann im Bahnhof, wie er sich - einem leicht überforderten Klassenlehrer ähnlich - von einem Schaffner den Weg zum richtigen Gleis erklären lässt. Und schließlich feststellen darf, dass die eigentlich reservierten Plätze im Abteil vergeben sind. Was dann zur Folge hätte, dass ein Olli Kahn den langen Weg von Berlin nach Westfalen im Gang stehend verbringen müsste.
Völlig abstrus, dieser Gedanke? Für die deutschen Handballer nicht. Während der Weltmeisterschaft im eigenen Lande, vor einem wichtigen Match, kam es zu diesem Reservierungs-Malheur. Die Spieler nahmen es mit viel Humor, wie es Winfried Oelsner in seiner Dokumentation "Projekt Gold" zeigt.Zuschauer kann sich mit Sportlern identifizieren
Diese kleine Szene, die so viel über den Unterschied zwischen Fuß- und Handball erzählt, legt den Grundstein für den Erfolg von Oelsners Film. Der Zuschauer kann sich problemlos mit den Sportlern identifizieren. Wo Sönke Wortmanns "Sommermärchen" doch einige Mühe darauf verwendet, uns die überlebensgroßen Sportler näher zu bringen, benötigt Oelsner keine Tricks. Hier werden Männer, die kaum einer kennt (zumindest gilt das für die auf ihren Sitzplatz pochenden Passagiere im Zug), innerhalb von zwei Wochen zu Helden. Solche Geschichten liebt das Kino.
Dass "Projekt Gold" im Detail - Interviews mit Spielern auf dem Hotelbett, intime Aufnahmen in der Kabine - so sehr an "Deutschland. Ein Sommermärchen" erinnert, liegt daran, dass beide Filme das gleiche Vorbild haben: Stéphane Meuniers vorzügliche WM-Dokumentation "Les Yeux dans les Bleus" von 1998. Oelsner, dessen Produzent Frank Stephan Limbach sich nachweislich von "Les Yeux" inspirieren ließ, ist dem Original allerdings in einem entscheidenden Punkt näher: Genauso wie die von Meunier begleitete französische Fußball-Nationalmannschaft wird sein Team am Ende Weltmeister. Für die Dramaturgie eines Sportfilms ist das schon ein gewisser Vorteil. Ein weiterer Pluspunkt gegenüber dem "Sommermärchen": Man wird nicht ständig Xavier Naidoos Gesängen ausgesetzt.
Dass der Handball, der so wunderbar schnörkellose Typen wie den Bundesschnauzbartträger Heiner Brand hervorbringt, eine sympathisch-bodenständige Angelegenheit ist, erweist sich hier als nur die halbe Wahrheit. Dieser Sport ist ungleich dynamischer, nervenaufreibender und härter als Kollege Fußball. Oelsner ist es gelungen, mit drei Kameras den peitschenden Rhythmus des Spiels derart zwingend auf die Leinwand zu übertragen, dass einem irgendwann - spätestens im hochdramatischen Halbfinale gegen Frankreich - schier die Luft wegbleibt.Blendend aussehen - und wie der Teufel spielen
Gleichzeitig schließt der Zuschauer behutsam Freundschaft mit einer Mannschaft, die immer mehr über sich hinauswächst. Eine der geschickt gesetzten narrativen Klammern in "Projekt Gold" ist dabei die Entwicklung des Tormanns Henning Fritz. Aus dem anfangs noch zutiefst verunsicherten Spieler, der eine katastrophale Saison und WM-Vorbereitung hinter sich hat, wird ein Retter in höchster Not. Es ist beeindruckend zu sehen, wie sich seine Körpersprache während des Turniers verändert.
Gegen Ende humpelt der im Endspiel verletzte Held zur Siegerehrung mit den Worten: "Wir sind Weltmeister. Das glaubt einem doch keiner!" Jeder Drehbuchautor wäre stolz, wenn er solche Figuren entwickelt hätte. Aber es gibt sie ja wirklich - den Trainer Brand, der vor dem wahrscheinlich wichtigsten Match im Leben seiner Schützlinge die Devise ausgibt: "Habt Spassss!". Den groben Klotz Oliver Roggisch, der sich Kopfwunden ohne Betäubung tackern lässt und von seinen zahlreichen Verletzungen erzählt wie andere vom Wochenendausflug. Oder Michael "Mimi" Kraus, den unbekümmerten "Bravo-Boy des Jahres 2000" (sic!), der nicht nur in der Tat blendend aussieht, sondern auch wie der Teufel spielt.Schlagworte
Handball "Projekt Gold" Winfried Oelsner Heiner BrandTolle Typen allesamt, die es nicht verdient haben, dass man sie bloß als Ersatz für die bei ihrer eigenen Weltmeisterschaft so knapp gescheiterten Fußballer hochjubelt. Nach Oelsners Film muss man sagen: Respekt. Bei der nächsten Zugfahrt stehen wir für die Jungs auf.
In Berlin ab Sonntag im Kino, bundesweit ab Donnerstag.
Quelle (und eine Bildstrecke): Welt-Online
ZitatEin weiterer Pluspunkt gegenüber dem "Sommermärchen": Man wird nicht ständig Xavier Naidoos Gesängen ausgesetzt.
Das ist in der Tat ein wirklich entscheidender Vorteil!! ![]()
Ich hoffe allerdings, dass es sich mit den Höhner Gesängen der auch in Grenzen hält. Na gut, ein bisschen „Wenn nicht jetzt, wann dann“ geht natürlich in Ordnung. ![]()
Für heute ist das Open-Air Kino in Köln geschlossen und es wird, wie ich es im Moment befürchte, morgen genauso sein.
Die aktuelle Lage, ob es morgen draußen statt findet oder nicht, findet man unter http://www.openairkino.de
Sehr lesenswert (und auch diskussionsanregend): die Rezension aus der 'Jungen Welt' (einer mitunter interessanten, kleinen überregionalen linken Tageszeitung aus Berlin) :
ZitatAlles anzeigenVoltaren geflaggt
Die Schmerzen und das Nationalgefühl: Zum Kinostart des Handball-WM-Wintermärchens
Von Peer Schmitt
»Blöd ist, wer vergißt, daß Profisport eine Frage der Schmerzen ist«Handball ist schwerer Blues-Rock. Auf Vereinsebene erfolgreich gespielt wird er hierzulande vor allem in Klein- und Mittelstädten wie Göppingen, Gummersbach, Großwallstadt. Für mich immer mit einem zurückgelehnten 70er-Jahre-Flair verbunden. Etwas für das Sonntag nachmittags-TV »der guten alten Zeit« (immer die jeweilige Kindheit). Wie Zweitliga-Fußball früher. Harte ehrliche Arbeit, mitunter am Rande des zivilisatorisch Gutzuheißenden. Wahrscheinlich ist Handball neben Wasserball der brutalste Mannschaftssport, den es gibt. »Kontaktsport«. Barbarei der Basis. Große Volksnähe. Provinz. Soweit der populäre Mythos. Irgendwie eine sehr deutsche Angelegenheit. Größter bekennender Fan der deutschen Handballnationalmannschaft, die Anfang dieses Jahres »im eigenen Land« die Weltmeisterschaft gewann, ist nicht zufällig Schreckensmann Horst Köhler.
Nun hat sich in den letzten Jahren Handball auch hierzulande nach spanischem und französischem Vorbild zum international ausgerichteten Profisportspektakel entwickelt. Mit guten TV-Quoten, gutem Geld und zuletzt einem WM-Titel, der Gold wert ist: Aus dem Außenseitersumpf zu den Sternen. Kein Wunder, daß auch die Handballer ihren eigenen Dokumentarfilm bekommen haben, wie ihn die Möchtegernweltmeister des DFB dank Sönke Wortmanns »Deutschland. Ein Sommermärchen« hatten. Vom Sommermärchen zum Wintermärchen. Das Wintermärchen ist besser. »Projekt Gold« heißt es. Überraschenderweise ein mehr als ordentlich gemachter Dokumentarfilm, den Regisseur Winfried Oelsner da abgeliefert hat. Mit im naheliegenden Vergleich zu Wortmann der klareren Dramaturgie, den besseren Szenen, besseren Typen, besseren Schnauzbärten und nicht zuletzt auch den besseren Einsichten.
Die Warnungen aus dem Deutschland-Wintermärchen von Heinrich Heine – »Fatal ist mir das Lumpenpack,/ Das, um die Herzen zu rühren,/ Den Patriotismus trägt zur Schau/ Mit allen seinen Geschwüren« – kann der Film natürlich nicht voll beherzigen. Doch ist der Anteil der Fahnenschwenkerei an der Spielzeit im Vergleich zum Wortmann-Machwerk deutlich reduziert. Bilder fahnentrunkenen Volks sind hier auch nicht so sehr als kulturpolitische Drohgebärde zu verstehen. Sie sind eher Mittel zum Zweck, die teilweise verblüfften Reaktionen der Spieler auf die nationale Euphorie zu dokumentieren, obwohl zumindest meiner Erinnerung nach die offizielle TV-Berichterstattung vom Turnier von einem extrem widerwärtigen Chauvinismus gekennzeichnet war.
Unfreiwillig groteske Szene andererseits, in der der jüngste Spieler der Manschaft, Dominik Klein, in seinem engen Hotelzimmer einen Platz für eine riesige Deutschlandfahne sucht. Schließlich hängt er sie vor das Fenster, als wäre eine Nationalflagge einfach dazu da, die kleine Sichtluke auf die äußere Welt restlos zu verdecken, mithin jeden Fahnenbesitzer in eine blinde National-Monade zu verwandeln.
Eine der besten Sequenzen des Films handelt vom Unterschied zwischen Normalität und medialem Ausnahmezustand. Nach ihrem Eröffnungsspiel in Berlin steht die Mannschaft abseits aller TV-Kameras relativ orientierungslos auf einem Bahnsteig des Berliner Ostbahnhofs. Sie steigt in den Zug nach Köln und muß feststellen, daß das reservierte Abteil bereits hoffnungslos überfüllt ist. Niemand kümmert sich besonders um die Nationalhelden (das Turnier ist, wie gesagt, im Anfangsstadium eine eher provinzielle Angelegenheit). Die Handballer sind zwar erfolgreiche Profisportler, aber aufgrund der relativen Marginalität ihres Sports keine Stars im gegenwärtig weltläufigen Sinne, keine »Prominenz«. Dann zeigen sich diese Handball-Brutalos tatsächlich als nette und witzige Typen, mit Hang zu Selbstironie und versteckten Nachdenklichkeiten.
Einer der interessantesten ist der Abwehr-Experte Oliver Roggisch. Den Unterarm mit asiatischen Schriftzeichen tätowiert (vermutlich irgendwelche Schmerzensformeln), redet Roggisch offen und klug von Verletzungen, Ängsten und Leidenschaften. Seine Hauptleidenschaft ist anscheinend (seinem Sport gemäß) der Schmerz. Maxime des Leistungssports: Ohne Schmerzen kein Gold. Später wird Roggisch in der Umkleidekabine eine Rißwunde am Kopf getackert. Der Manschaftsartzt fragt: »Mit oder ohne Betäubung?« Roggisch in fast schon verächtlichem Tonfall: »Ohne!«
»Bundestrainer, Bundestrainer, was hast du mir da bloß angetan«, murmelt der wegen der Verletzungen nachnominierte Christian Schwarzer nach dem offensichtlich sehr schmerzensreichen Halbfinale gegen Frankreich in der Kabine und schüttet sich dabei ungefähr ein halbes Pfund Kraftpulver in seine Wasserflasche.
Da fällt einem natürlich sofort Ex-Nationalspieler Stefan »Kretzsche« Kretzschmar ein, der zu diesem Zeitpunkt spekulierte, die Mannschaft würde sich nach der Halbfinalschlacht auf das Endspiel mit kräftiger Einnahme von Voltaren vorbereiten, einem ursprünglich zur Therapie von Rheuma entwickelten Schmerzmittel. Unlängst hat Anti-Doping-Radler Rudolf Scharping das Statement im Zusammenhang der Tour de France-Diskussionen wieder aufgekocht. Scharping kritisierte die Verharmlosung eines Medikaments, das dazu diene, »die Schmerzschwelle höher zu drücken, damit man das, was in einem sehr harten Spiel auszuhalten ist, tatsächlich aushalten kann.« Blöd ist, wer vergißt, daß Profisport eine Frage der Schmerzen ist. Oliver Roggisch weiß das. Stefan Kretzschmar weiß das. Nur die Funktionäre, Politiker und Mediendeppen tun so, als wüßten sie es auf einmal nicht mehr. Sie stellen sich blöd. Kretzschmars Antwort an Scharping: »Wir fressen das ja nicht wie Müsli. Offenbar hat er (Scharping) einen Fahrradschlauch im Kopf und zu doll aufgepustet.«
Die Qualität von Winfried Oelsners Dokumentarfilm liegt genau darin, einen Kompromiß zwischen konventioneller Turnierverlaufsdramaturgie samt Monaden-Nationalismus und eben der Reflektion des Voltaren-Alltags der Leistungssportler zu finden. Lehrreich.
»Projekt Gold«, BRD 2007, Regie: Winfried Oelsner, 106 min, Kinostart heute
Quelle: Junge Welt
Der Bericht ist wirklich gut geschrieben. Sehr angenehm zu lesen.
Den Film gibt es natürlich auch schon bei IMDB, wenn auch noch mit wenig Inhalt. Besonders beeindruckend ist auf jeden Fall der cast. ![]()
wow. rezensionen aus der jungen welt, wo ich sonst schon für artikel aus der taz gesteinigt wurde. wer bringt die jungle world? oder die bahamas?
guter artikel, ja. auch wenn ich erstmal monade nachschlagen mußte. mit den junge-welt-duktus bin ich nicht so vertraut.
Sendeplan des Senders 'Phoenix' für morgen: ![]()
Zitat12.00 Bekanntgabe der Arbeitsmarktdaten Nürnberg. (VPS 12.00)
anschl. Pressekonferenz zur Premiere des Films "Projekt Gold - Eine Deutsche Handball WM". Dresden. (VPS 12.00)
THEMA. Auf Streife 12.30 Deutsche Skipper im Visier Unterwegs mit der Maas-Polizei Film von Wiel Verlinden und Manfred Schulz, WDR/2007
Quelle: [URL=http://www.ad-hoc-news.de/Aktuelle-Nachr…ag,-31Juli-2007]hier[/URL]
Edit: : Auch Im Feuilleton (!!) der Berliner Zeitung heute eine positive und interessante Besprechung - hätte ich nicht gedacht: als von dem Film zum erstem Mal die Rede war, hab ich skeptisch gelächelt (und war da wohl nicht der Einzige):
ZitatAlles anzeigenWie funktioniert ein Wunder im Sport?
Ein Film über die Handball-WM untersucht es: "Projekt Gold" von Winfried OelsnerAndreas Lesch
Heiner Brand ist nicht nur Bundestrainer der deutschen Handballer, nein: Er ist auch Detektiv. Zumindest an diesem einen Abend bei der Weltmeisterschaft 2007. Es ist nicht mehr weit bis Mitternacht, da schleicht Brand über die Gänge des Mannschaftshotels und entdeckt einen Gast, der dort nichts zu suchen hat: den Pizzaboten. In der nächsten Besprechung rügt der Bundestrainer seine Spieler scharf. So eine schlechte und unprofessionelle Ernährung, so spät abends, und das auch noch am Tag vor der wichtigsten Partie ihrer Karriere, dem ersten WM-Hauptrundenspiel gegen Slowenien, das könne ja wohl nicht sein.
Dies ist in dem Film "Projekt Gold - Eine deutsche Handball-WM" der einzige wirklich überraschende Moment. Die Dokumentation über den Titelgewinn der deutschen Mannschaft ist keine Sammlung von Sensationen. Sie lüftet kaum streng gehütete Geheimnisse, was aber daran liegt, dass der Handball so geheimnistuerisch wie der Fußball nicht ist. Der Film über die Handball-WM muss damit leben, dass er knapp ein Jahr nach dem Film über die Fußball-WM in die Kinos kommt, nach Sönke Wortmanns "Deutschland. Ein Sommermärchen". Er wird zwangsläufig mit ihm verglichen. Aber er hält diesem Vergleich problemlos stand.
Natürlich enthalten beide Dokumentationen ähnliche Elemente. Sie zeigen das Trainingslager vor der WM, die Arbeit mit Fitnesstrainern und Psychologen, die Spiele, den Jubel nach Siegen und den Frust nach Niederlagen, die Reaktionen der Zuschauer, dazu Interviews mit Spielern, Trainern und Betreuern sowie die üblichen Sportlerspäße und Anekdoten am Rande des Turniers. Aber es wäre billig, den Handball-Film deshalb als Abklatsch des Fußball-Films zu bezeichnen: Turniere im Sport sind nun mal so. Sie laufen nun mal so ab.
Regisseur Winfried Oelsner ist ein Film gelungen, der sich angenehm von Wortmanns Werk unterscheidet. Oelsners Film ist nicht platt patriotisch, er ist nicht von schwarz-rot-goldenem Fahnengeschwenke und dauernder Gefühlsduselei dominiert. Er zielt nicht auf den schnellen Scherz, er vertraut eher dem subtilen Humor. Er lebt natürlich auch von den Emotionen der WM, besonders von der Dramatik des Viertelfinales gegen Spanien und des Halbfinales gegen Frankreich. Aber seine stärksten Szenen sind die stillen Momente: Torhüter Henning Fritz, der in seinem Verein zuvor lange frustrierter Ersatzmann gewesen ist, erzählt etwa, wie er zu Beginn der WM im Spiel die Faust ballte - aber sich in Wahrheit schwach und mutlos fühlte; erst im Laufe des Turniers habe er die Kraft, die diese Geste ausdrücken soll, wieder ehrlich gespürt. Heiner Brand berichtet, er sei zu Beginn seiner Trainerkarriere sehr stur gewesen; später habe er gelernt, wie wichtig der Austausch ist.
Der Handball-Film ist schon deshalb intelligenter als der Fußball-Film, weil seine Protagonisten intelligenter sind. Sie reflektieren über sich und ihren Sport, über ihre Verletzungen, Hoffnungen und Gefühle. Ihre teilweise sehr persönliche Aussagen sorgen dafür, dass der Film ein sehr brauchbares Erklärstück ist zu der alten und immer wieder neuen Frage: Wie funktioniert ein Wunder im Sport? Wie wächst eine Mannschaft, an die niemand glaubt, zu einer Einheit, die immer stärker wird und auch den letzten Gegner überwindet?
Der Film erzählt die prägenden Geschichten der deutschen Mannschaft bei der WM. Er zeichnet die Befreiung des Torhüters Fritz von seinen Selbstzweifeln nach, das Comeback des längst zurückgetretenen Kreisläufers und Motivators Christian Schwarzer, die Verletzung des Spielmachers Markus Baur und die starken Leistungen seines Vertreters Michael Kraus. Er zeigt sehr ausführlich auch die Kabinenansprachen des Bundestrainers. Es ist ein Film, in dem viel geredet wird. Er bringt aber auch viele Spielszenen - und verzichtet auf manches überflüssige Drumherum.
Dieser Film zeichnet ein realistisches, differenziertes Bild von der WM. Auch wenn sein Titel nicht besonders kreativ ist: "Projekt Gold" - dieses Motto trugen die Spieler schon vor der WM auf ihren T-Shirts, es war ihr Motto für das Turnier. Vielleicht kommt der Film auch zu spät in die Kinos, um ein Erfolg zu werden. Vielleicht wird er darunter leiden, dass viele Zuschauer sich fragen: Wie hieß noch mal Deutschlands Gegner im Finale? Wer war noch mal Pascal Hens? Doch nicht nur wer Handball mag, wird diesen Film mögen.
Projekt Gold - Eine deutsche Handball-WM Dtl. 2007. Regie: Winfried Oelsner, Kamera: Frederik Walker, Winfried Oelsner, Mark Liedtke. 113 Minuten, Farbe. Ab heute im Kino.
Berliner Zeitung, 30.07.2007
Hab ich gefroren. ![]()
Wer wissen will wie gut der Film war, der schaut ihn sich am besten selbst an. ![]()
Zurück vom Projekt Gold..
Eiswetter in Köln - wir haben gefrohren, als wäre tiefster Winter ![]()
Einige tolle Lacher und super Sprüche von den Spielern, aber es fehlten auch einige Dinge, wie der Empfang in Wiehl..
Was auch sehr schade war, dass der Vorbericht so intensiv war und das Finale sehr kurz.. Ebenso habe ich die geniale WM-Stimmung sehr vermisst - nicht ein Einspieler der so typischen WM-Lieder...
Steinimaus schreibt:
ZitatEbenso habe ich die geniale WM-Stimmung sehr vermisst - nicht ein Einspieler der so typischen WM-Lieder...
Das fanden die Rezensenten gut - und macht nach ihnen die Qualität des Filmes aus
(aus ihrer Sicht)
vgl. Junge Welt und Berliner Zeitung Rezension (oben)