RAF-Terroristen vor Begnadigung

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    Original von Zwetschge
    @LV: Wie ich ja schon geschrieben habe, sehe ich ein, dass er aufgrund der rechtlichen Situation freikommen muss. Allerdings finde ich das, nicht nur in seinem Fall eine Frechheit. Ich glaube mich erinnern zu können, dass er 3x lebenslänglich bekommen hat. Wieso muss dann noch eine Mindeststrafe von 26 Jahren festgelegt werden, nach der er entlassen wird? Wieso muss ein Straftäter nicht seine komplette Haftdauer verbüßen? Das ist es, was ich nicht verstehe. Nicht nur in diesem Fall, sondern allgemein betrachtet.

    Hallo Zwetschge,

    das gehört zu den Details, die die Medien gern verschweiben. 1985 wurde Klar tatsächlich zu einer Gefängnistrafe von sechsmal Lebenslänglich und 15 Jahren verurteilt. (Quelle: Wikipedia, steht auch schon auf Seite 4 dieses Threads) 1986 gab es eine Änderung im Strafgesetzt, nach der es keine mehrfachen lebenslänglichen Freiheitstrafen mehr gab. Also galt für Klar eine Mindeststrafe von 26 Jahren, die am 03.01.2009 endet. Nähreres können sicher die Juralisten beantworten.

    Ich finde es insofern unerträglich, dass man in vielen Internetforen immer wieder lesen muß "er hat doch 6-mal lebenslängliche Freiheitsstrafe bekommen, wieso läßt man ihn jetzt laufen...". Klar hat seine Strafe verbüßt, er hat nichts geschenkt bekommen, seine Gnadengesuche vergangener Jahre sind allesamt abgelehnt worden. Nun muß auch mal die liebe Volksseele Ruhe haben und geben.

    Wer einen wiederstandsfähigen Magen hat, der kann sich ja mal die Kommentare zu dem Welt-Artikel "Haftentlassung: Gericht erhält wegen Klar beleidigende Anrufe" durchlesen.

  • Danke euch beiden. Mit diesen Erklärungen kann man wenigstens etwas anfangen.

    Bin halt ehe ein Verfechter des "Rache-Modells". Wenn einer Scheiße gebaut hat, muss er dafür büßen. Aber Diskussionen in Härtefällen, bzw. bei Fehlurteilen gibt es eben überall.

  • Zitat

    Original von Zwetschge
    Wenn einer Scheiße gebaut hat, muss er dafür büßen.

    Eine mehrjährige Haftstrafe ist auch Buße. Bei dem Rachemodell überwiegen m. E. die Nachteile.

    • Offizieller Beitrag

    Streng genommen gehört die Todesstrafe nicht in diese Diskussion. Aber nur Staaten mit dem "Rachemodell" praktizieren sie, denn sie ist quasi das "Aushängeschild" dieses Modells (Stuktur: Mord, Todesurteil, Hinrichtung, die Tat ist gesühnt, alle freuen sich und alles ist wieder gut).

    In diesen Staaten ist lebenslang überwiegend wörtlich gemeint.

    Nun ist es aber auch so, dass diese Staaten (mit Ausnahme Teilen der USA) unserem Kulturkreis nicht sonderlich nahe stehen.

  • Juristisch ist das vollkommen korrekt.
    Begrifflich aber irritierend, den "Mindeststrafe" impliziert ja eigentlich, dass mehr absitzen als das "Minimum" der Normalfall sein sollte.
    Wenn der gute Klar keinen Job findet, wird er vermutlich vom Geld der Steuerzahler (Hartz 4) leben und damit praktisch von dem Staat finanziert werden, den er bis aufs Messer bekämpfte.
    Kurios!

    Mit jedem wag ichs, dem ich kann ins Auge fassen.

  • Michel: Kann man ja so sehen, dass mindeststrafe nicht den Normalfall darstellen sollte. Dafür wird jedoch auch jeder Einzelfall geprüft, von daher muss es auch Leute geben, die eben dieses Mindestmaß nur absitzen müssen. Der Begriff impliziert sprachlich eigentlich nur, dass er diese Strafe mindestens absitzen muss, mehr nicht und genau dies ist hier doch geschehen.

    Was diese Hartz 4- Geschichte angeht. Erstens glaube ich nicht, dass Klar großartig davon leben muss. Der könnte nun als Autor noch genügend Geld erwirtschaften, zweitens hat sich der Staat in den letzten 30 Jahren auch erheblich verändert. Der Staat, den er damals bekämpft hat, ist nicht mehr der Staat, in dem wir heute leben. Drittens hat er die letzten 26 Jahre auf Staatskosten verlebt. Nun können einige bestimmt heraussuchen, was die Staatskasse teurer kommt. Hartz 4 oder eben Haftstrafen ;)

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.

  • Zitat

    Original von Micha

    Eine mehrjährige Haftstrafe ist auch Buße. Bei dem Rachemodell überwiegen m. E. die Nachteile.

    Ja klar ist sie eine Buße. Nur will mir nicht in den Kopf, wieso Haft strafen nie bis zum Ende abgesessen werden müssen. Dann könnte man sie doch gleich kürzer machen oder?

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von meteokoebes
    Was diese Hartz 4- Geschichte angeht. Erstens glaube ich nicht, dass Klar großartig davon leben muss. Der könnte nun als Autor noch genügend Geld erwirtschaften, zweitens hat sich der Staat in den letzten 30 Jahren auch erheblich verändert. Der Staat, den er damals bekämpft hat, ist nicht mehr der Staat, in dem wir heute leben. Drittens hat er die letzten 26 Jahre auf Staatskosten verlebt. Nun können einige bestimmt heraussuchen, was die Staatskasse teurer kommt. Hartz 4 oder eben Haftstrafen ;)

    Es ist aber auch sehr wahrscheinlich, dass dem Klar alles weggepfändet wird, was über den gesetzlichen Freibetrag hinaus geht. Er hat auch materiell genug Schaden angerichtet.

  • Tja Lord Vader, ist ein interessantes Gebiet, dass "wir" zumindestens medientechnisch ebenso miterlebt haben wie die westliche Seite. Ich wusste aber nicht mehr ganz genau ob du oder eventuell L.F. derjenige damals warst.

    +++++

    Zwetschge, dass mit dem Jurastudium fällt eher in die Kategorie Totschlagargument, obwohl der Begriff in diesem Zusammenhang etwas unpassend ist.
    Ich habe glücklicherweise auch kein Jura studiert, mir aber schon vor längerer Zeit mal von einem Rechtsverdreher diese Thematik erläutern lassen. Zusätzlich stand der Unterschied mittlerweile fast in allen Tageszeitungen.

    +++++

    Zitat

    Original von Lothar Frohwein

    Es ist aber auch sehr wahrscheinlich, dass dem Klar alles weggepfändet wird, was über den gesetzlichen Freibetrag hinaus geht. Er hat auch materiell genug Schaden angerichtet.

    Hieß es nicht, dass sämtliche materiellen Ansprüche verjährt wären? Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass irgendjemand versucht ihm den Gerichtsvollzieher auf den Hals zu hetzen. Müsste es da nicht mindestens erst einmal ein zivilrechtliches Verfahren geben? Mich würde schon interessieren, ob man einfach so nach 26 oder mehr Jahren Schadensersatzansprüche geltend machen kann.

  • Das ist ja schön, dass du dir das schon vor längerer Zeit hast erklären lassen. Aber anstatt Unwissende aufzuklären, drückst du halt lieber einen beleidigenden Kommentar ab.

  • Zitat

    Original von Zwetschge
    Das ist ja schön, dass du dir das schon vor längerer Zeit hast erklären lassen. Aber anstatt Unwissende aufzuklären, drückst du halt lieber einen beleidigenden Kommentar ab.


    Ich glaube, das hast du missverstanden. So etwas würde nadinchen doch niemals machen. :nein:

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von nadiner
    Hieß es nicht, dass sämtliche materiellen Ansprüche verjährt wären? Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass irgendjemand versucht ihm den Gerichtsvollzieher auf den Hals zu hetzen. Müsste es da nicht mindestens erst einmal ein zivilrechtliches Verfahren geben? Mich würde schon interessieren, ob man einfach so nach 26 oder mehr Jahren Schadensersatzansprüche geltend machen kann.

    Wenn damals niemand die Ansprüche hat titulieren lassen, sind sie wohl verjährt. Diese Informationen haben wir nicht, ich kann mir aber nur schwer vorstellen, dass die Anwälte der Opfer das nicht getan haben, denn sie wussten ja, dass er eines Tages wieder draußen und dann nicht 85 Jahre alt sein wird.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von nadiner

    Hieß es nicht, dass sämtliche materiellen Ansprüche verjährt wären? Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass irgendjemand versucht ihm den Gerichtsvollzieher auf den Hals zu hetzen.

    Ich denke, dass wird der Staat schon selber erledigen ... eigentlich müssten da noch ne Menhge Gerichtskosten und so offen sein ...

  • Zitat

    Original von Lothar Frohwein
    Nun ist es aber auch so, dass diese Staaten (mit Ausnahme Teilen der USA) unserem Kulturkreis nicht sonderlich nahe stehen.


    Hmmmm....? :D

    Zitat

    Original von michel.b
    Wenn der gute Klar keinen Job findet, wird er vermutlich vom Geld der Steuerzahler (Hartz 4) leben und damit praktisch von dem Staat finanziert werden, den er bis aufs Messer bekämpfte.
    Kurios!


    Das trifft zum Beispiel auf einen großen Teil der Neonazis ebenso zu, ist also kein großer Aufreger. Viele, die vom Staat leben, lehnen eben diesen Staat ab, weil er ihnen der eigenen Sicht zu Folge die Chancen raubt, nicht mehr von ihm leben zu müssen, respektive diese Chancen zu den eigenen Lasten Anderen ermöglicht. Ein nur scheinbares Paradoxon. Aus Sicht der Betroffenen durchaus logisch (Nein, meine persönliche Ansicht spiegelt das nicht! wieder).

    Und zum Thema:
    Klar wird viel zu sehr zum Sonderfall stilisiert. Natürlich ist sein Fall populärer und durchleuchteter als viele andere, und es melden sich auch viel mehr Opferangehörige mit besten Medienkontakten in eben diesen Medien zu Wort, aber am Ende des Tages ist Christian Klar auch nicht mehr und nicht weniger als ein gewöhnlicher Mörder. Seine Taten haben nichts besonderes. Weder haben sie etwas wie auch immer geartetes mystisch-glorioses, noch sind sie abstoßender als andere Morde es auch sind.

    Da der Gleichheitsgrundsatz nun mal auch für selbsterklärte Feinde des Staates gilt, ist für Christian Klar das gleiche Recht anzuwenden wie für alle anderen Straftäter auch. Und genau das passiert ja gerade. Ein bischen weniger kalkulierter Empörungs-Wind aus den beiden Großverlagen aus Hamburg und (neuerdings) Berlin täte der Diskussion vielleicht auch gut.

    Es kommen ständig Mörder auf Bewährung frei, die unter Umständen Taten begangen haben, die mancher noch abstoßender finden könnte, als die Morde des Christian Klar. Wenn nicht gerade wieder Prangerparty in der BILD-Redaktion ist, erfährt öffentlich niemand davon. Ich finde es im Allgemeinen auch nicht besonders berichtenswert, wenn unsere Gerichte geltendes Recht so anwenden, wie es ihnen das Gesetz vorschreibt.

    Und es würde mich im Übrigen ziemlich stark wundern, wenn Herr Klar nicht bald bei Beckmann und Konsorten sitzt. Kann er ja den Genossen Peymann mitbringen und die beiden spielen gemeinsam mit JBK aus Handkes Publikumsbeschimpfung. Damit kennen sie sich ja beide bestens aus (Peymann hat 1966 die Uraufführung uraufgeführt, und inhaltlich hat Klar seine "politische Dialektik" größtenteils daraus geklaut).