Soooo, mal wieder was aus dem Recht-Bereich. Vielleicht sollte man entsprechende Hinweise wie bei der Songtext-Thematik erstellen.
ZitatAlles anzeigenJeder kann zum Opfer werden
Rechtsverletzung im Internet: Zypries will Abmahnkosten deckeln
Kostenpflichtige Abmahnungen sind im deutschen Internet an der Tagesordnung. Für manche Anwälte sind sie ein gutes Geschäft. Überhöhte Streitwerte und "Mondhonorare" machen sie für die Betroffenen oft zu einer finanziellen Katastrophe. Bundesjustizministerin Zypries verspricht eine Deckelung der Abmahnkosten. Kritikern gehen ihre Vorschläge nicht weit genug.
von Alfred Krüger, 08.11.2006 [Archiv]
------------------------------------------------------Im April letzten Jahres traf es die Musikfans. Betreiber von Songtextseiten wurden von einer jener Abmahnwellen überrollt, die mit der Regelmäßigkeit eines Schweizer Uhrwerks immer wieder durchs deutsche Internet schwappen. Das Vergehen der Musikfans: Sie hatten auf ihren Webseiten urheberrechtlich geschützte Songtexte veröffentlicht. Kommerzielle Absichten hatten die allermeisten nicht.
Mit Google auf Opfersuche
Die Rechteinhaber und ihre Anwälte kannten trotzdem kein Pardon. Die ertappten Homepagebesitzer wurden kostenpflichtig abgemahnt und mussten für die Abmahnkosten tief in ihre Taschen greifen. Anwaltsgebühren von 1600 Euro pro veröffentlichtem Songtext wurden fällig.
Homepagebesitzer, Onlineshop-Betreiber und eBay-Kunden stehen auf den Listen abmahnfreudiger Geschäftsleute und dubioser Abmahnvereine obenan. Schon eine simple Google-Suche liefert ihnen reichlich potenzielle Opfer wie etwa den Webmaster einer Vereinswebseite, der ohne Erlaubnis ein Stück einer urheberrechtlich geschützten Landkarte gescannt und als Anfahrtsskizze zum Vereinslokal ins Netz gestellt hat.
Auch der Betreiber eines Onlineshops, der nicht alle Preise ausdrücklich als Brutto-Preise gekennzeichnet hat, ist schnell "entlarvt" und abgemahnt. Ebenso der Kleinbetrieb, der per Homepage für sich Werbung macht und im Impressum statt der Hausadresse nur ein Postfach nennt. Auch Markenrechte sind schnell verletzt. Wer bei eBay ein Armband anbietet und es als "im Cartier-Stil" beschreibt, muss mit einer kostenpflichtigen Abmahnung wegen "missbräuchlicher Verwendung eines Markennamens" rechnen.
"Der Einzelfall zählt nicht"
Eine Abmahnung flatterte auch Denny K. ins Haus. Der Göttinger Schüler hatte bei Norsk-IT, einem norwegischen Online-Elektronikshop mit deutscher Zweigstelle, einen so genannten Printserver gekauft und diesen kurz darauf beim Internetauktionshaus eBay zur Versteigerung angeboten. Um sein Angebot attraktiver zu machen, versah er es mit einem Bild, das er sich bei Norsk-IT "entlieh".
Norsk-IT entdeckte das fragliche Foto, witterte eine Verletzung seiner Urheber- und Markenrechte und ließ den Schüler kostenpflichtig abmahnen. Die mit der Abmahnung beauftragte Rechtsanwaltskanzlei unterstellte einen Streitwert von 10.000 Euro und verlangte rund 600 Euro Gebühren - stattliche Summen, wenn man bedenkt, dass die fragliche Angebotsseite nebst "entliehenem" Bild laut eBay-Besucherzähler nur insgesamt fünf Mal angesteuert wurde.
Es komme nicht auf den Einzelfall, sondern auf den wirtschaftlichen Gesamtschaden an, der einem Unternehmen durch rechtswidrige Handlungen entstehe, erklärte Christian Böhme, Geschäftsführer von Norsk-IT.
Kostenfreie Erstabmahnung
Kritiker des deutschen Abmahnrechts sind völlig anderer Meinung. Sie verlangen eine kostenfreie Erstabmahnung. Sie wollen dem Missetäter, der sich oft nur heillos im juristischen Paragrafengestrüpp aus Wettbewerbs-, Urheber- und Markenrecht verheddert hat, eine "Chance zum Lernen" geben. "Guten Rat nehmen die meisten Leute gerne an", meint etwa der Verein Abmahnwelle e. V.
Böhme widerspricht. Freundlichkeit werde vielfach "als Aufforderung zum Weitermachen aufgefasst". Im Übrigen sei die kostenpflichtige Abmahnung für den Markenrechtsverletzer noch das kleinere Übel. "Da es sich hier eindeutig um Straftatbestände handelt, wäre es uns auch möglich, die betreffenden Personen anzuzeigen", droht der Geschäftsführer von Norsk-IT.
Zypries will Abmahnkosten deckeln
Dass das deutsche Abmahnrecht erhebliche Mängel besitzt, hat sich auch bis zum Bundesjustizministerium herumgesprochen. Abmahnungen seien grundsätzlich ein geeignetes Mittel und ein wichtiges Instrument, mit dem sich der Geschädigte gegen die Verletzung seiner Rechte wehren könne, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries in ihrem Grußwort zum 57. Deutschen Anwaltstag in Köln Ende Mai dieses Jahres. Auch sei es völlig in Ordnung, "dass die Kosten von demjenigen getragen werden, der das Recht verletzt hat", erklärte Zypries.
In letzter Zeit habe man jedoch deutliche Auswüchse festgestellt. So sei es gar keine Seltenheit, dass für die einmalige Verletzung eines Urheberrechts eine Abmahnung mit einer zuweilen vierstelligen Anwaltsrechnung verschickt werde, empörte sich Zypries vor den versammelten Rechtsanwälten und ihren Standesvertretern. "Und wenn ich dann noch höre, dass eine Anwaltskanzlei täglich bei den Betroffenen anruft, um die Geldforderung einzutreiben, dann muss ich Ihnen ganz klar sagen: Ein solches Verhalten kann nicht akzeptiert werden!"
Keine "Mondhonorare"
In ihrer Antwort auf einen offenen Brief, den die Ministerin von der Initiative "Rettet das Internet" erhielt, kündigte Zypries kürzlich deutliche Korrekturen am deutschen Abmahnrecht an. "Mondhonorare" sollen künftig ausgeschlossen werden. "Einfach gelagerte Fälle mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung im nichtgewerblichen Bereich sollten nicht mehr als 50 bis 100 Euro für Abmahnung und Anwalt nach sich ziehen", gab Zypries die Richtung vor.
Kritikern gehen diese Vorschläge nicht weit genug. Sie monieren, dass sich Zypries nur auf Verletzungen des Urheberrechts beschränke, der Abmahnmissbrauch etwa bei Markenverletzungen aber außen vor bleibe. Zudem soll die neue Regelung nur für nichtgewerbliche Seiten gelten. "Das heißt, jeder der auch nur einen (Werbe-)Banner auf seiner Homepage hat, bleibt außen vor", fürchtet die Initiative "Rettet das Internet".
Quelle: http://www.wiso.de