Hitlerkomik - moralisch verwerflich oder vertretbar?

  • Ich habe gerade in der Sonntagszeitung einen interessanten Artikel gelesen: Es ging um Hitlerkomik wie beispielsweise Walter Moers "Bonker" oder der neue Film von Levy, in dem Helge Schneider Hitler spielt.
    Da ich den Artikel leider online nicht finde und auch keinen Scanner habe, wollte ich einfach mal so zur Diskussion stellen, was ihr von Hitlerkomik im Allgemeinen haltet, findet ihr das absolut daneben oder könnt ihr darüber lachen?

    Hier noch ein Zitat von Charlie Chaplin, das meine Meinung recht gut darstellt: "Was das Komische an Hitler betrifft, möchte ich nur sagen, dass es, wenn wir nicht ab und zu über Hitler lachen können, noch viel schlechter um uns bestellt ist, als wir glauben. Es ist gesund zu lachen, auch über die dunkelsten Dinge des Lebens."

    Also, ich kann drüber lachen und oute mich auch als Fan von Walter Moers Bonker ;) , aber ich denke das ist auch generationsabhängig. Meine Oma würde mit Sicherheit fassungslos dasitzen, wenn sie sowas sehen würde....

    Also: Findet ihr sowas gut oder schlecht?

  • Generell finde ich nichts dabei. "Der große Diktator" mit Chaplin ist doch gelungen und witzig.
    Bei Helge Schneider befürchte ich jedoch, dass das Ganze ins Primitive und Peinliche abrutscht.
    Seine bisherigen Filme, legen diese Vermutung nahe.

  • Zitat

    Original von kuzorra
    Bei Helge Schneider befürchte ich jedoch, dass das Ganze ins Primitive und Peinliche abrutscht.


    Die Gefahr sehe ich prinzipiell auch, aber mit Dani Levi hat der Film einen sehr fähigen (jüdischen!) Regisseur, der daran wohl (hoffentlich) kein Interesse hat.

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

  • Alles unproblematisch. Schon im 3. Reich wurden unter der Hand Witze über Hitler erzählt. Wen es interessiert, der kann das ganz gut in "Der Flüsterwitz im 3. Reich" von Hans-Jochen Gamm nachlesen. Zwei Kostproben gefällig:

    2 Irrenärzte begegnen einander. Der eine grüßt: "Heil Hitler!" Darauf der Andere: "Heil du ihn!"

    oder:

    Die deutsche Verfassung ist bedeutend vereinfacht worden. Sie hat nur noch die folgenden 3 Paragraphen:
    1. Das deutsche Volk besteht aus dem Führer und den Angeführten.
    2. Der Führer ernennt und erschießt seine Minister persönlich.
    3. Alle Stände sind abgeschafft, insbesondere der Wohlstand und der Anstand. Zugelassen ist nur der Notstand.

    Politisches Kabarett, Karrikaturen machen definitiv nicht halt vor großen Monstern, solche Monster schreien eher danach, damit es den Menschen leichter fällt, damit umzugehen.

  • Zitat

    Original von kuzorra
    Generell finde ich nichts dabei. "Der große Diktator" mit Chaplin ist doch gelungen und witzig.
    Bei Helge Schneider befürchte ich jedoch, dass das Ganze ins Primitive und Peinliche abrutscht.
    Seine bisherigen Filme, legen diese Vermutung nahe.

    Die Filme von Helge Schneider sind klasse! :D

    EDIT: Kann deinem Beitrag nur zustimmen, Ulf! :hi:

    Einmal editiert, zuletzt von Betti (12. November 2006 um 14:22)

  • Zitat

    Original von Betti
    Die Filme von Helge Schneider sind klasse! :D


    Dito, das muss aber nicht heißen, dass er "historische Figuren" spielen kann. Wir werden es ja sehen. Ich denke schon, dass der Film gut wird.

    Davon abgesehen gibt es bereits mindestens zwei Filmparodien auf Hitler, die einfach großartig sind: Der große Diktator (Chaplin, 1940!) und The Producers / Frühling für Hitler (Brooks, 1968). Vielleicht braucht es ja noch genau diese dritte.

    Ach ja, gegen Hitlerparodien habe ich nichts einzuwenden. Wieso auch? Neben der rein historischen Bearbeitung und dem Versuch ihn emotional nachzuvollziehen (Bruno Ganz in "Der Untergang") ist doch die Parodie das einzige gebotene Stilmittel, diesen Wahnsinnigen darzustellen.

    Ach ja, Buchempfehlung: Paul Matussek, Peter Matussek, Jan Marbach:
    Hitler - Karriere eines Wahns, Herbig Verlag, München 2000.

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

    Einmal editiert, zuletzt von Felix0711 (12. November 2006 um 15:13)

  • Ich hab mal ein Jüdisches Witzebuch mit richtig "krassen" dritte Reich Witzen durchgeblättert. Schon interessant mit was für einem Humor, die Gruppierung welche unter Hitler am meisten leiden musste, die damalige Zeit und ihn selbst "auf die Schippe nehmen".

    "Mit dem Ende des Kinos werden wir vertrieben worden sein aus einem Paradies"
    ( Peter Handke)

    "Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung"
    ( Theodor W. Adorno )

  • In der letzten SWR3-Film-Kritik wurde der Film mehr als verrissen.

    Das Thema hätte für einen guten Film getaugt, nur die Umsetzung war bescheiden. Ein guter Helge Schneider allein reicht halt nicht aus.

    Lieber WM-Fünfter als Vize-Weltmeister im eigenen Land

  • Zitat

    Original von eisbeer
    In der letzten SWR3-Film-Kritik wurde der Film mehr als verrissen.


    Es wird vor allem kritisiert, dass der Film zuviel Wert auf die Political Correctness legen würde und daher die Komik gekünstelt rüber käme. Gut gelöst ist sicher der Nazi-Pomp der schön auf die Schippe genommen wird (wir kennen ja inzwischen alle die Badezimmer-Szene). Auf Helge bin ich gespannt.

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

  • Ich habe leider, leider am Freitag vergessen in eine Preview des Filmes zu gehen :/: Der Besuch wird jedoch höchstwahrscheinlich diese Woche nachgeholt werden, dann werde ich euch meine subjektive Beurteilung des Filmes mitteilen.


    Filmkomödie „Mein Führer“

    Dürfen wir über Hitler lachen?



    Levy bei den Dreharbeiten: "Ich liebe Grenzerweiterungen"
    17. Dezember 2006
    Dani Levy, dessen Komödie „Mein Führer“ im Januar ins Kino kommt, im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Er spricht über Helge Schneider, Humor und Tabus und Hitler als Würstchen und erbärmliche Kreatur.


    Im Januar kommt Ihr neuer Film in die Kinos, eine Komödie über den Nationalsozialismus. Helge Schneider spielt darin Adolf Hitler. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ihn zu besetzen?
    Das kam mir beim Schreiben. Als ich die erste Drehbuchfassung geschrieben habe, hab' ich immer wieder an Helge Schneider gedacht. Als Adolf Hitler. Ich dachte, was ist denn jetzt los, hast du zuviel gekifft, oder bist du schon etwas eigenartig altersverschroben, warum denn Helge Schneider? Zumal ich ihn auch nicht kannte, als Mensch nicht und auch sein Programm eigentlich nicht. Ganz eigenartig. Das war wie so ein Traum, den man nicht loswird. Also hab' ich gedacht, okay, dann muß ich den Mann wohl mal anrufen und ihm erzählen, daß ich ihn als Adolf Hitler sehe.



    Würstchen: Helge Schneider im Film als Adolf Hitler
    Und wie hat er reagiert?
    Freundlich, belustigt. Er meinte, ja, das ist 'ne Rolle, die man schon mal spielen könnte, ich solle ihm mal das Buch schicken und überhaupt. Und bei den Probeaufnahmen habe ich dann meine Instinkte so was von klar bewiesen gesehen. Ich wußte sofort, der ist der richtige Adolf Hitler. Weil er verschiedene Komponenten mitbringt, die für mein Projekt richtig sind. Er ist lässig genug. Er arbeitet sich nicht ab an dieser Figur, sondern spielt das wie ein Jazzmusiker. Er ist naiv - das finde ich für eine Komödie ganz wichtig. Daß man die Interpretation nicht gleich mitspielt, sondern daß man es eins zu eins macht. Gleichzeitig ist er musikalisch. Das heißt, er konnte Tonaufnahmen und Filmdokumente von Adolf Hitler supergut reproduzieren. Und er ist kooperativ, weil er weiß, wie sich das anfühlt, wenn man einen Film macht.


    Zu dem Projekt soll Sie Eichingers „Untergang“ inspiriert haben. Sie wollten dem einen humoristischen Antifilm entgegensetzen.
    Als ich von dem Projekt erfahren habe, also noch bevor es den Film gab, hat es mich schon in den Fingern gejuckt, einen Gegenfilm dazu zu machen, eine Art subversive Antwort darauf. Alleine die Konstellation Eichinger, Fest, Hirschbiegel - daß die mit viel Geld ein deutsches Monument herstellen wollten, das hat mich gereizt, dem etwas Kleines, Schnelles, Freches, politisch Inkorrektes entgegenzusetzen.



    Vor lauter Arbeit ist Levy noch nicht dazu gekommen, sein Bücherregal einzuräumen
    Ihre Filmhandlung ist fiktional. Im Mittelpunkt steht eine letzte große Hitler-Rede, die es in Wahrheit nie gegeben hat.
    Ich muß dazu sagen, daß sich in mir über Jahrzehnte eine Lust aufgestaut hat, die sogenannte Aufarbeitung der Deutschen im filmischen Bereich aufzumischen. Mindestens seitdem ich angefangen habe, mich hier in Deutschland auch künstlerisch bewußt als Jude zu fühlen. Ich wollte dieser autoritären Geschichtsschreibung schon lange etwas Antiautoritäres entgegensetzen. Etwas, das auch die dogmatische Instanz Film hinterfragt. Das begann schon, als die Diskussion um „Schindlers Liste“ entbrannte. Dem Film stand ich kritisch gegenüber, nicht weil der Film nicht gut war, ich fand den sogar sehr gut. Sondern weil es mich geärgert hat, daß Hollywood nun selbst beim Thema Holocaust behauptet, uns die Wahrheit erzählen zu können. Mich hat geärgert, daß da das Abbild eines Phänomens geschaffen wird, von dem ich glaube, daß es nicht abbildbar ist. Auch moralisch nicht abbildbar sein darf. Damals hab' ich gedacht, daß man das skurriler, eigensinniger, letztendlich auch freidenkerischer aufziehen muß.


    Also eher „Das Leben ist schön“ als „Schindlers Liste“?
    Ja. Benigni hat eigentlich genau das gemacht, was ich richtig fand. Als ich den Film zum ersten Mal gesehen habe, war ich verunsichert, sogar verärgert. Ich hatte das Gefühl, daß das nicht geht.


    Daß man mit dem Holocaust nicht poetisch umgehen darf?



    Hitler war "viel weniger bemitleidenswert, als ich ihn darstelle"
    Ja. Und ich dachte, daß der Film das KZ verharmlost. Ich hab' mich erst mal schwergetan. Aber das ging nicht lange, vielleicht 24 Stunden. Und dann hab' ich gemerkt, wie der Film in mir auf eine ganz tolle, befreiende Art gearbeitet hat. Es hat ein bißchen gedauert, aber nach einer Weile habe ich kapiert, was für ein extrem couragierter, gewagter Schritt in ein Tabuland das war.


    Dann müssen Sie den „Untergang“ gehaßt haben.
    Nein, der Film ist handwerklich und künstlerisch wirklich gut gemacht. Aber diese angestrengte Ernsthaftigkeit, bloß authentisch sein zu wollen, das hat mich provoziert. Ich muß gestehen, daß ich sogar gelacht habe. Ich fand den Film in gewisser Weise auch sehr doktrinär. Das Abbildtum dieser Zeit. Was Bruno Ganz gemacht hat, fand ich ziemlich interessant. Weil es mich gefordert hat. Auch die menschliche Seite von Adolf Hitler zu zeigen, das fand ich einen richtigen Schritt. Ich wollte aber in diesem Kontext mit Adolf Hitler kein Mitleid haben, also, das hat mich verwirrt.



    "Der Film spricht eine drastische Sprache. Da gibt's kein Vertun, da ist kein Irrtum"
    Ihrem Film wird man vorwerfen, daß Sie es sich zu leicht machen. Sie erklären die Verbrechen des Nazireichs mit der schweren Kindheit Adolf Hitlers.
    Ein Film ist nur ein Puzzleteil, keine monokausale These. Ich behaupte nicht, die Erklärung für Hitler und den Nationalsozialismus neu erfunden zu haben.


    Sie stützen Ihre These auf Alice Millers Buch „Am Anfang war Erziehung“.
    Ich muß gestehen, daß ich schon sehr fasziniert war, als ich dieses Buch gelesen habe, das ja auf Recherchen von Joachim Fest und anderen Historikern beruht.


    Millers These: Jeder Diktator, jeder Massenmörder war einmal ein mißhandeltes Kind. Das kann ja sein. Aber müssen wir uns Hitler deswegen unbedingt als armes Kind vorstellen?
    Wenn Sie Millers These schon zusammenfassen, dann richtig. Sie beschreibt den in der Psychoanalyse erwiesenen Zusammenhang zwischen der in frühester Kindheit erfahrenen Willkür, Gewalt und Mitleidslosigkeit und der unbewußten systemischen Rache als Erwachsener. Für mich ist Adolf Hitler keine Einzelbiographie. Das Phänomen Adolf Hitler ist zugleich das Phänomen seiner Zeit. Die „Schwarze Pädagogik“ war psychologisch gesehen eine wichtige Voraussetzung für die willkürliche, unempathische Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus, Hitler eine Projektionsfläche für die Deutschen. Politisch formuliert: Jedes Volk verdient seinen Diktator. Adolf Hitler hatte deshalb diese große Gefolgschaft, weil er etwas vertreten hat, was unten im Volk wiedererkannt wurde. Rede ich über Adolf Hitler, rede ich also auch über eine Zeit. Über eine Moral, über Eckdaten, über Parameter einer Volksbefindlichkeit. Übrigens hat für mich Erkenntnis oder Beschreibung eines Zustands nicht mit Entschuldigung zu tun.


    Sie sehen keine Gefahr, Hitler mit Ihrem Porträt zu verniedlichen?
    Verniedlichen kann man ihn nicht: Jeder weiß, was er getan hat. Ich betreibe ja auch keine neue Geschichtsschreibung, indem ich behaupten würde, Adolf Hitler habe von Vergasung oder Eliminierung der Juden nichts gewußt. Der Film spricht eine drastische Sprache. Die Nationalsozialisten reden von Endlösung, von Vergasen - da gibt's kein Vertun, da ist kein Irrtum eingeschlossen. Klar zeige ich Adolf Hitler als Würstchen, klar ist er in meinem Film eine erbärmliche Kreatur, und natürlich war er wahrscheinlich viel weniger bemitleidenswert, als ich ihn darstelle. Aber im Sinne einer Komödie, im Sinne einer bestimmten Erkenntnis, kann man das, finde ich, als Annahme machen, ohne dadurch Harmlosigkeit vorzugaukeln.


    Sie glauben also nicht, daß Ihr Film mißverstanden werden kann?
    Nein. Um noch mal die Gegenseite zu sehen: Filme wie „Der Untergang“ haben den Blick auf die Geschichte immer sehr distanziert gezeigt. Als Zuschauer muß ich mich da moralisch nie bewegen. Ich sitze in meinem Sessel, und es ist vollkommen klar, wer die Bösen sind. Und die Täter werden dann meistens noch dämonisiert und mit dramatischer Musik oder Guido-Knopp-Erzählerstimme begleitet, da bin ich moralisch ganz gesichert. Das Schöne an einer Komödie ist, daß sie moralische Fragen aufwerfen darf. Daß sie provozieren darf. Und deswegen war mir diese unerwartete Nähe zu Adolf Hitler, die mein Film herstellt, wichtig. Die hat auch mit Empathie zu tun, mit Mitgefühl oder nennen wir es ruhig Mitleid. Ich finde, das ist ein Prozeß, durch den der Zuschauer ruhig auch mal gehen muß. So. Daß das provozierend ist und verunsichernd, ist ja vielleicht ein sehr dialektischer, interessanter Vorgang. Das kann ja zu etwas Nachhaltigem führen. Es wird den Blick auf die Geschichte garantiert nicht verändern, aber es bringt eine Öffnung für dieses Thema.


    Ursprünglich war „Mein Führer“ aus Sicht Hitlers erzählt, dann haben Sie den Film umgeschnitten, jetzt steht ein Jude im Mittelpunkt. Wäre die erste Form nicht viel radikaler gewesen?
    Ich mochte die ursprüngliche Form sehr, muß ich wirklich sagen. Die Idee war die, daß Hitler heute, 2006, noch lebt. Als 117jähriger Mann, unsterblich, unauslöschbar. In einer ersten Fassung sollte er in einem Wellness-Hotel in Berchtesgaden leben und darauf warten, daß er als Reichskanzler wieder gebraucht wird. Er führte den Film stimmlich ein, ein uralter Mann erzählt von sich und von früher, und es endete dann auch wieder mit ihm, Hitler hatte das Schlußwort. Ich habe den Film so gemacht, ich habe das auch so vertreten - bis wir ihn das erste Mal einem Testpublikum vorgeführt haben. Die Leute, es waren fast 400, waren entsetzt. Die hatten das Gefühl, Hitler sei die Stimme des Films. Der erzählt den Film, und niemand rückt das gerade. Das ist zwar als philosophisches Modell interessant, aber die Zuschauer hatten das Gefühl, der Film bleibt in einem zynischen Rahmen. Das Publikum will wohl doch eine moralische Sicherheit spüren.


    Würden Sie zustimmen, daß ein Nichtjude heute in Deutschland einen Film wie „Mein Führer“ nicht machen könnte?
    Würde ich nicht zustimmen.


    Nein?
    Das würde ja heißen, wir Juden wären hier so eine Art Hofnarren. Vielleicht sind wir das. Ich mag Hofnarren. Es kommt nur darauf an, an wessen Hof? Also, bei „Alles auf Zucker“ würde ich Ihrer Annahme eher zustimmen, da plaudere ich aus dem Nähkästchen der jüdischen Familie. Aber mit diesem Film jetzt gehe ich ja sozusagen ins Feindesland über und erzähle aus dem Hoheitsgebiet der Deutschen, und das tue ich als Schweizer und als Jude. Ich wüßte aber nicht, warum ich das darf, und ein deutscher Regisseur wie Helmut Dietl oder so jemand dürfte das nicht.


    Niemand wüßte, ob er lachen darf oder ob er damit auf der falschen Seite steht.
    Das muß doch der Film selber klären. Aber Sie sind nicht die erste, die das sagt. Sie empfinden nicht alleine so. Ich sträube mich dagegen, so zu denken, aber es kann schon sein, was Sie sagen, daß ich da einen größeren Freiraum habe. Ich möchte halt nicht diese Exklusivität für mich in Anspruch nehmen, ich denke dann: Hört denn das nie auf, daß wir immer so eine Spezialrolle spielen? Ich habe durchaus ein Bewußtsein dafür, daß ich eine bestimmte Form von Humor habe, von subversiver Dialektik, und daß ich als Jude gerne ein Umdrehen von Wertigkeiten und Moral betreibe. Das ist, glaube ich, kulturelles Erbe. Trotzdem hoffe ich natürlich, daß der Humor auch von nichtjüdischen Zuschauern und auch von nichtjüdischen Kollegen verstanden wird und daß vielleicht danach jemand wie Dietl oder Buck zu mir kommt und sagt, Levy, den Film hätte ich auch machen können.


    Man sieht es an „Borat“. Wenn er selbst kein Jude wäre, könnte er sich seine antisemitischen Witze nicht erlauben.
    Das stimmt. Borat ist für mich ein Musterbeispiel von Jüdischsein. Auch mit der Härte und mit dem Austesten von Geschmacklosigkeit. Ich saß in dem Film und hab' so was von befreit aufgelacht. Ein wichtiges Element für mein Lachen war der Schock im Zuschauerraum. Ich liebe Grenzerweiterungen. Ich finde es wichtig, daß man sich aufmacht für das Unerlaubte, für das, was moralisch als tabu gilt. Nur dadurch kann es doch zu einer wirklichen Auseinandersetzung kommen.

    Interview Johanna Adorján


    Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17.12.2006, Nr. 50 / Seite 25
    Bildmaterial: Christian Thiel, X Verleih

    "Mit dem Ende des Kinos werden wir vertrieben worden sein aus einem Paradies"
    ( Peter Handke)

    "Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung"
    ( Theodor W. Adorno )

    Einmal editiert, zuletzt von Outsider81 (8. Januar 2007 um 14:48)

  • Da auf der Handballecke willkürlich Threads geschlossen werden hier einen

    http://www.youtube.com/watch?v=wGPGSyCreJA

    "Mit dem Ende des Kinos werden wir vertrieben worden sein aus einem Paradies"
    ( Peter Handke)

    "Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung"
    ( Theodor W. Adorno )

  • Zitat

    Original von Outsider81
    Da auf der [HANDBALLECKE]he[/HANDBALLECKE] willkürlich Threads geschlossen werden hier einen

    http://www.youtube.com/watch?v=wGPGSyCreJA

    Warum willkürlich? War aus gutem Grund. Braucht jeder Film einen eigenen Thread? Ich glaube nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von BrittaF (8. Januar 2007 um 15:24)

  • Zitat

    Original von Bienchen

    Warum willkürlich? War aus gutem Grund. Braucht jeder Film einen eigenen Thread? Ich glaube nicht.

    Ich hatte einen Thread speziell für dritte Reich Witze eröffnet, welche ein mod, OHNE Begründung mir gegenüber einfach geschlossen hat!

    "Mit dem Ende des Kinos werden wir vertrieben worden sein aus einem Paradies"
    ( Peter Handke)

    "Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung"
    ( Theodor W. Adorno )

  • Zitat

    Original von Outsider81

    Ich hatte einen Thread speziell für dritte Reich Witze eröffnet, welche ein mod, OHNE Begründung mir gegenüber einfach geschlossen hat!

    Und Du wundert Dich ernsthaft? Also wenn ich über ein Thema keine Witze lesen möchte, dann über das dritte Reich. Hat auch was mit Pietät zu tun...

    Zudem ist in diesem Thread hier genug Platz für solche "humoristische" Einlagen.

    Einmal editiert, zuletzt von BrittaF (8. Januar 2007 um 15:31)

  • Zitat

    Original von Bienchen

    Und Du wundert Dich ernsthaft? Also wenn ich über ein Thema keine Witze lesen möchte, dann über das dritte Reich. Hat auch was mit Pietät zu tun...

    Findest Du ernsthaft? Dann hälst Du bestimmt auch nix vom Leyfilm, welcher übrigens Jude ist. Ich persönlich finde es schon schade das man in Deutschland sich immer noch nicht traut, aus welchen Gründen auch immer, über das dritte Reich Witze zu machen. Während einee Theaterhospitanz durfte ich mich mal mit dem jüdischen Witz beschäftigen und erfahren das Juden mit derartigen Witzen keinerelei Probleme haben zu scheinen, wie mir die Lektüre eines jüdischen Witzbuchs offenbarte.

    Was mich jedoch fürchterlich aufregt is das, ohne Begründung mir gegenüber, einfache schließen eines von mir eröffneten threads, dass sind Methoden die mich, naja ich schreib besser nicht mehr dazu.

    "Mit dem Ende des Kinos werden wir vertrieben worden sein aus einem Paradies"
    ( Peter Handke)

    "Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung"
    ( Theodor W. Adorno )

  • Ab und an glaube ich, du hast einen kleinen Schatten. Witze über das Dritte Reich? Was ist/war daran witzig? Gaskammerwitze? Klasse Oli!