«Le Monde»: Real und Barcelona nutzten Dienste des berüchtigten
Doktor Fuentes - Spaniens Dopingskandal weitet sich auf Fußball aus
Von Hubert Kahl, dpa =
Paris/Madrid (dpa) - Spaniens großer Dopingskandal, der die Welt
des Radsports seit einem halben Jahr in Atem hält, hat auf den
Fußball übergegriffen. Real Madrid und der FC Barcelona sollen nach
einem Bericht der französischen Zeitung «Le Monde» auf die Dienste
des mutmaßlichen Dopingarztes Eufemiano Fuentes zurückgegriffen
haben. Die angesehene Zeitung stützte ihre Angaben am Donnerstag auf
vertrauliche Dokumente des Mediziners.
Die Unterlagen enthielten die Trainingspläne der Fußballer beider
Clubs für die Saison 2005/2006. Der Mediziner habe dort
handschriftlich Codes eingetragen, die nach den Ermittlungen der
spanischen Polizei für bestimmte Dopingverfahren und -mittel stehen.
Neben Real und Barça brachte das Blatt auch die spanischen
Erstligisten FC Valencia und Betis Sevilla mit dem Arzt in
Verbindung. Diese beiden Clubs wiesen die Vorwürfe sofort zurück und
betonten, nicht mit dem Arzt zu tun gehabt zu haben. Der spanische
Rekordmeister Real und der Champions-League-Sieger Barcelona nahmen
zunächst nicht Stellung. Reals Torjäger Ronaldo erklärte: «Wir haben
nichts zu verbergen. Wir unterziehen uns hier allen anstehenden
Dopingkontrollen.»
Fuentes stand nach Ermittlungen der Polizei im Zentrum eines
Doping-Netzwerks, das vor gut einem halben Jahr bei der «Operación
Puerto» (Operation Bergpass) aufgedeckt worden war. Dabei waren 58
Radprofis, darunter Jan Ullrich und der Giro-Sieger Ivan Basso in
Dopingverdacht geraten. «Le Monde» beruft sich in dem Bericht auf
Unterlagen, die der Polizei unbekannt seien. Die Ermittler hätten
damals nur die Praxis von Fuentes in Madrid, nicht aber dessen
Residenz auf Gran Canaria durchsucht, schreibt das Blatt. Die Polizei
befinde sich nur im Besitz eines kleinen Teil der Patientendateien
des Dr. Fuentes.
Real Madrid und der FC Barcelona hätten nicht direkt mit dem
Mediziner Kontakt gehabt. Fuentes habe seine Anweisungen an die
Mannschaftsärzte weitergegeben, schreibt die Zeitung. In einzelnen
Fällen hätten allerdings auch Fußballer den Arzt aufgesucht. Fuentes
sagte dem Blatt auf die Frage, ob er für Real und Barça gearbeitet
habe: «Das kann ich nicht beantworten. Man hat mir mit dem Tod
gedroht. Man hat mir gesagt, dass ich oder meine Familie große
Probleme hätten, wenn ich bestimmte Dinge ausspreche. Ich wurde drei
Mal bedroht. Ein viertes Mal wird es nicht geben.»
Der spanische Ex-Radprofi Jesús Manzano, der 2004 über Doping-
Praktiken im Radsport berichtet hatte, sagte «Le Monde», er sei in
der Praxis von Fuentes einem Fußballer von Real Madrid begegnet. Er
nannte aber nicht den Namen. In den Unterlagen, auf die die Zeitung
sich beruft, sei in den Trainingsplänen von Real und Barcelona an
bestimmten Tagen ein «e» mit einem Kreis eingetragen gewesen. Dies
habe für Blutabnahmen oder -injektionen gestanden. Ein Punkt in einem
Kreis habe die Verabreichung des Blutdopingmittels EPO symbolisiert,
schreibt «Le Monde».
Der Mediziner selbst sagte der Zeitung: «Ich habe für Clubs der
ersten und der zweiten Liga gearbeitet, für mehrere Vereine
gleichzeitig.» Er bestritt nicht, Dopingmittel verabreicht zu haben:
«Wenn ein Aktiver durch den Sport seine Gesundheit in Gefahr bringt,
reagiere ich an erster Stelle als Arzt. Wenn das zu seinem Schutz
verschriebene Mittel auf der Dopingliste steht, ist das sekundär.»
Der Mediziner betonte, dass er nie behauptet habe, nur Radsportler
behandelt zu haben. «Ich hatte Leichtathleten, Tennisspieler,
Fußballer, Handballer, Boxer und andere Sportler als Patienten.» Dass
in den Ermittlungsakten der Polizei nur Radprofis auftauchten, sei
vermutlich damit zu erklären, dass der Radsport nicht so eine starke
Lobby habe wie der Fußball.