ZitatAlles anzeigenWenn Hendrik samstags zum Zebra wird
Von Christina Stefanescu
Er hampelt, tanzt, klatscht 60 Minuten ohne Pause - im Riesen-Zebra-Kostüm. Hendrik Dold ist das Maskottchen der Meisterhandballer vom THW Kiel. Zu Hein Daddel wurde der BWL-Student, als ein Freund sagte: "Du bist ein bisschen bekloppt, der Job passt schon zu dir."
Hendrik Dold, 24, sitzt in seiner Umkleidekabine in der Kieler Ostseehalle, in Shorts, T-Shirt, mit Flip Flops an den Füßen, und schnauft. Bis neun Uhr morgens war er mit Freunden unterwegs. Jetzt ist es gerade 14.20 Uhr. In zehn Minuten muss er eigentlich raus, zu den 10.250 Zuschauern, die sich an diesem Samstag das letzte Saisonspiel der Handballer des THW Kiel gegen den VfL Gummersbach anschauen wollen.
Hendriks Arbeitsbekleidung steht einsatzbereit an der Tür: ein fassförmiger Korpus, einen Meter hoch, mit schwarzen und weißen Querstreifen, ein überdimensionaler Kopf mit 16 Mikrofonhüllen aus Schaumstoff oben drauf und einer schwarzen Nase, die so groß und rund ist wie eine Honigmelone. Dazu noch schwarze Füße, doppelt so lang und breit wie Hendriks eigene - Hendrik trägt Schuhgröße 46 -, Handschuhe, eine hautenge Hose, ebenfalls schwarz-weiß gestreift.
"Ich bin total fertig nach der Nacht", sagt Hendrik. Aber das zählt nicht. Hendrik ist nun mal Hein Daddel, das Maskottchen des THW Kiel, 210 Zentimeter groß und laut Verein 200 Kilogramm schwer - und dieser Hein Daddel muss seit August 1998 bei jedem Heimspiel des THW Kiel dabei sein. Benannt wurde Hein Daddel nach dem ehemaligen Spieler Hein Dahlinger. Gebaut hat die Puppe Peter Röders, aus dessen Werkstatt auch Tabaluga und Bernd das Brot stammen.
Seit einem Jahr steckt Hendrik im Zebra-Kostüm aus Fleece, Polyurethan- und PPI-Schaum. Sein Freund Philipp hatte den Job an ihn abgegeben. Hendrik sei ein bisschen bekloppt im Kopf, der könne das schon machen, hatte Philipp gesagt. Seitdem verdient sich der BWL-Student Hendrik einen Teil seiner Miete als Kinderliebling des Vereins dazu.
Die Handballer dehnen ihre Muskulatur, als Hein Daddel zehn Minuten später als sonst die Halle betritt. Die Fans jubeln. Das T-Shirt, das Hendrik unter dem drei Kilo schweren Kostüm trägt, ist jetzt schon nass. "Sobald ich das Ding anziehe und drei Meter laufe, schwitze ich. Das ist schlimmer als in der Sauna", sagt Hendrik. Er joggt über das Spielfeld. Abklatschen mit Stefan Lövgren, dem Mannschaftskapitän des THW Kiel. Zehn Minuten albert Hendrik bei der Mannschaft herum, stellt sich hinter das Tor und mimt den Torwart. Durch die Nase kann er sehen, wie die Zuschauer auf sein Gehampel reagieren.
Gegen drei verschwinden die Spieler noch einmal in der Kabine. Hendrik muss in der Halle bleiben und zur Musik einer Sambaband tanzen. Ein Schluck Wasser wäre jetzt gut. Dafür aber müsste er Heins Kopf abnehmen. "Ich versuche zu vermeiden, dass die Kinder mich sehen. Für einige bin ich wie der Weihnachtsmann. Die glauben nicht, dass da einer drin steckt", sagt Hendrik. Fotos und Autogramme von Hein Daddel sind Trophäen für die kleinen Fans. Einige schreiben ihm sogar Briefe.
Drei Minuten vor Anpfiff darf auch Hendrik kurz in die Katakomben. Er quetscht sich zwischen den Banden aus Gummi durch, die ihm Ordner in den Weg gestellt haben. "Letztes Jahr wollte ich nach einer Auszeit schnell vom Feld, bin drüber gehüpft und habe mich lang gemacht. Aber ich bin ja gut gepolstert", erzählt Hendrik.
Wie bei jedem Heimspiel kommt er mit der Mannschaft in die Halle zurück, geht dann auf die Tribüne und versucht, die Leute zum Anfeuern zu animieren. "Wenn ich zu viel klatsche, habe ich am nächsten Tag Muskelkater", hatte er vor dem Spiel noch gesagt. Vergessen. Hendrik hält die Arme auf Knubbelnasenhöhe und klatscht - beinahe 60 Minuten lang. Ein festes Programm hat er nicht. Klimmzüge, wie er sie in der Pause an der Querlatte des Tors vollführt, sind selten. "Solche besonderen Dinge versuche ich zu dosieren. Sonst machen die Leute nicht mehr mit."
Tage wie dieser sind der richtige Zeitpunkt für besondere Aktionen. Der THW Kiel gewinnt nicht nur mit 31:29 gegen den VfL Gummersbach. Er beendet die Saison auch zum zwölften Mal als Deutscher Meister: Bundesligarekord. Und der wird gebührend gefeiert. Zehn Minuten nach Abpfiff wird die Meisterschale in einem Fischernetz von der Hallendecke abgeseilt - direkt in die Arme von Hein Daddel.
Bei einem normalen Heimspiel würde Hendrik jetzt schon unter der Dusche stehen. Heute darf er nicht nur die Schale in die Kameras der Fotografen halten, sondern bekommt auch selbst eine Meisterschaftsmedaille umgehängt. Hein Daddel ist ein Teil der Mannschaft, macht mit ihr die Welle, darf auch auf dem Meisterschaftsfoto nicht fehlen.
Eine Stunde nach Spielende kommt Hendrik geduscht aus seiner Kabine. Hein Daddel hat er in einem gelben Bettbezug verstaut. Er würde jetzt gern nach Hause gehen. Aber die Meisterschaftsfeier geht weiter - mit 15.000 Fans auf dem Rathausplatz. "Hein Daddel muss dabei sein", sagt Hendrik und schultert Hein.
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Quelle : http://www.spiegel.de/unispiegel/job…,420022,00.html
Wenn Hendrik samstags zum Zebra wird
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- Offizieller Beitrag
Jetzt wollte ich den Artikel auch gerade hier unter der Überschrift "Du bist ein bisschen bekloppt, der Job passt schon zu dir." posten - was muss ich sehen?? Jenny ist mir wieder mal zuvorgekommen

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Artikel:
Zitat...der Job passt schon zu dir...Seitdem verdient sich der BWL-Student Hendrik einen Teil seiner Miete als Kinderliebling des Vereins dazu.
Es soll auch Maskottchen geben, die quasi ehrenamtlich 'arbeiten' .
Nuja, in Kiel ist halt alles etwas 'professioneller'.