ZitatAlles anzeigenOriginal aus der BZ vom 27.02.06
Führer sucht Volk
Dani Levy dreht eine Komödie über Hitler. Dafür werden 1 000 Komparsen benötigtElmar Schütze
Stefan Arndt ist sich ganz sicher: "Dani Levy darf so einen Film machen", sagt er und schiebt gleich hinterher: "Wenn er ein tolles Drehbuch hat, darf das eigentlich jeder." Stefan Arndt ist Filmproduzent, ein besonders erfolgreicher dazu. Seine Berliner Firma X-Filme hat Knüller wie "Lola rennt" oder "Good Bye, Lenin!" realisiert. Dani Levy ist Regisseur, ein jüdischer - was eigentlich egal sein sollte, wenn sein neuer Film nicht das historisch heißeste Eisen anpacken würde, das hier zu Lande denkbar ist: "Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler", heißt sein neuestes, noch im Entstehen begriffenes Werk. Der Titel verrät es: Eine Komödie soll es sein. Groß ist die Geheimniskrämerei um diesen Film. Reichlich wenig dringt nach Außen, außer, dass der Theater- und Fernsehstar Ulrich Mühe (den Juden Grünbaum spielen wird. Und Blödelbarde Helge Schneider ("Katzeklo") den Hitler.
Helge Schneider als Adolf Hitler!? Zwar weiß man spätestens seit Charlie Chaplins "Der Große Diktator" dass der größte Verbrecher der Menschheitsgeschichte durchaus als groteske Figur interpretiert und entlarvt werden kann, ein Risiko bleibt aber solch eine Besetzung allemal. Der Garant dafür, dass "Mein Führer..." nicht peinlich gerät, soll Regisseur Levy sein. Der hat zuletzt mit "Alles auf Zucker!" ein leichtes Händchen im Umgang mit heiklen Themen bewiesen. Seine Komödie über eine nichtjüdisch-jüdische Großfamilie mit dem großartigen Henry Hübchen und der erträglichen Hannelore Elsner wurde sehr gefeiert. Nun also wagt sich Levy an die Nazizeit. Eine Komödie über Hitler, geht das künstlerisch überhaupt? Und wenn ja, ist das auch moralisch erlaubt? Bei X-Filme verweist man auf Roberto Benigni. Der italienische Schauspieler und Regisseur erhielt 1998 für seine Tragikomödie "Das Leben ist schön", die in einem KZ spielte, drei Oscars. In welche Richtung es bei "Mein Führer" gehen soll, wird in einem Exposé von X-Filme nur grob umrissen: "Mit einer großen Portion subversivem Humor erzählt Levy seine eigene und völlig überraschende Version der Geschehnisse im Führerhauptquartier." Oder wie es Produzent Stefan Arndt sagt: "Es ist eine erfundene Handlung, aber alles hätte so - oder zumindest so ähnlich - passieren können."
Lange hat die Crew zuletzt in Berlin und Umgebung an Levys Version der Geschichte gearbeitet, fast alles ist abgedreht. Nur eine Szene fehlt noch, und die hat es in sich. Es ist eine Massenszene, unabdingbar, wenn man sich das Nazireich als Thema aussucht. Weil aber auch die Firma X-Filme mit dem öffentlichen Fördergeld sparsam umgehen muss, werden jetzt kostenlose Schauspieler gesucht: Komparsen. Am Montag nächster Woche, dem 6. März, soll eine historische Massenszene gedreht werden. 1 000 Komparsen werden dafür benötigt, sie sollen eine Menschenmenge von einer Million am Silvestertag 1939 darstellen - eine Szene, die historisch nicht verbürgt ist. Auf einer Straße in Mitte soll den ganzen Tag über gedreht werden. Gesucht werden Freiwillige zwischen 16 und 60 Jahren. Die männlichen Komparsen sollten unter 18 und über 50 Jahre alt sein (die anderen Jahrgänge waren damals an der Front).
Die Statisten sollen ausschließlich dunkle Kleidung tragen. Die Filmemacher bauen auf den Enthusiasmus der Hauptstädter. Gezahlt wird nämlich nichts. Der einzige Lohn: Alle erhalten ein T-Shirt zum Film mit einer Signatur von Helge Schneider, außerdem Freikarten für Kassenschlager wie "Sommer vorm Balkon". Größeren Wert hat der Genuss, an der Entstehung eines Kunstwerkes beteiligt zu sein - über das die Mitspieler allerdings wenig wissen. Neben Enthusiasmus müssen sie daher eines mitbringen: Vertrauen.
Da sind wir ja mal gespannt, ob ein für seine Filme gefeierter Regisseur (Dani Levy) und ein anerkannter Blödelbarde, der bisher keine qualitativ hochstehenden Filme abgeliefert hat, (Helge Schneider) fähig sind, daraus einen guten und schundfreien Film zu machen.
Ich bin der Meinung, dass man über Hitler neben "The Great Dictator" (1940), an den eh nix rankommt und Mel Brooks' "The Producers" (Frühling für Hitler, 1968 ) nicht noch eine Hitler-Satire braucht. Aber vielleicht wird es dafür mal wieder Zeit.