Eine "Kante" mit Geschick
Gummersbachs Handballstar Gunnarsson auch als Fußball-Profi geeignet
von ULRICH KLEIN
REYKJAVIK. Klar, er freut sich. Und das nicht zu knapp: "Natürlich ist es was Besonderes, dort zu spielen, wo ich her komme, wo meine Eltern und Freunde leben", gesteht Robert Gunnarsson vor dem Champions-League-Gastspiel mit seinen Gummersbacher Handballern heute Abend (21.30 Uhr Ortszeit) bei Valur Reykjavik. Der Kreisläufer ist freilich Profi und deshalb wird er sich sämtliche Sentimentalitäten verkneifen. Das kündigt er zumindest an: "Für uns geht es darum, einen guten Start hinzulegen und zu punkten. Die folgenden Aufgaben gegen Veszprem und Celje werden nämlich bestimmt nicht einfacher", schätzt Gunnarsson.
Ein äußerst geschickter "Lückenfüller"
Der 28-Jährige gibt einen erstklassigen Wikinger ab: 1,91 Meter groß, Schultern eines Möbelpackers, struppiger Bart, Handflächen in Tellergröße - dass Robert von den Kollegen nur "Robbi" gerufen wird, ist eine ziemliche Verniedlichung. Allerdings ist der Hüne aus dem Norden alles andere als ein Grobmotoriker. Im Gegenteil: Gunnarsson weiß sich am Kreis geschickt in die Lücken der gegnerischen Defensivreihen zu schleichen, die folgenden Torwürfe erinnern in ihrer Ausführung nicht selten an die Parterre-Akrobatik begabter Bodenturner. Mit diesen außergewöhnlichen Talenten hat er es inzwischen bereits auf weit über 100 Einsätze in der isländischen Handballnationalmannschaft gebracht.
Dass "Robbi" einmal für sein Land am Ball sein und Berufssportler werden sollte, konnte seine Sportlehrer nicht wirklich überraschen. Die Frage war nur, in welcher Disziplin? "Ich habe mit sechs Jahren mit dem Handball angefangen und gleichzeitig mit meinen Freunden Fußball gespielt", erzählt Gunnarsson, der sich früh für den Job des Schlussmannes im großen Tor interessierte.
Als er dann auch in einem Verein zwischen den Torstangen stand, entwickelte das Multitalent immer erstaunlichere Qualitäten. Und der Berufung in die isländische Jugendnationalmannschaft sollte bald ein weiterer lauter Lockruf von einer anderen Insel folgen. Der englische Premiere-Club Aston Villa lud den damals 17-Jährigen zum Probetraining ein. Dabei muss "Robbi" mächtig Eindruck gemacht haben. Jedenfalls sollte er noch ein zweites Mal in Birmingham vorspielen. Diese Offerte lehnte Gunnarsson jedoch dankend ab. Auch weil er zur gleichen Zeit die Möglichkeit bekam, sich in der ersten isländischen Handball-Liga zu versuchen. "Obwohl Fußball die Sportart Nummer eins bei uns ist, war da für mich klar, dass der Handball meine Berufung ist," erklärt "die Kante aus Reykjavik".
Eine durchaus vernünftige Einschätzung: Robbi entwickelte sich rasch zum Leistungsträger. Schnell wurden auch ausländische Clubs aufmerksam auf den gewandten Wikinger.
Verblüffende Künste im Fußball-Kasten
Gunnarsson folgte einer der Avancen und ging für drei Jahre zu GF Aarhus. Nach den dänischen Erfahrungen buhlte der VfL Gummersbach um den Klassekreisläufer - mit Erfolg. Seit drei Jahren geht er nun für die Blau-Weißen auf Trefferjagd. Und auch Robbis verblüffende Künste im Fußballkasten sind spätestens seit Sommer im Oberbergischen bekannt. Bei einem freundschaftlichen Kick der VfL-Handballer gegen den Bezirksliga-Aufsteiger 1. FC Gummersbach zeigte der Kreisläufer nämlich eine Vorstellung, die selbst Frank Riedel schlucken ließ. "Ich kann mir schon vorstellen, dass der auch als Fußballprofi Karriere gemacht hätte", staunte der Gummersbacher Fußballchef.
Für "Robbi" zwar ein hübsches Kompliment. Aber dennoch möchte er gerne noch "einige Handball-Jährchen" dranhängen. Gut möglich, dass das in Gummersbach sein wird. "Ich fühle mich sehr wohl beim VfL", sagt er.
Quelle: Kölnische Rundschau vom 28.09.2007)