2011/12 2. Bundesliga 19. Platz, Zwangsabstieg in die 3.Liga wegen Insolvenz Der DHC zur neuen Saison wurde wieder einmal kräftig umstrukturiert. Neben dem neuen Trainer Richard Radtka war insbesondere „der Praktikant“ Roman Kaminski neues Mädchen für alles beim DHC des Heinz Lieven und die Geschäftsstellenangestellte nun offiziell Marketing-Ansprechpartner. Auch die Japan-Träume wurden weiter hochgehalten, auch wenn es den VIP-Raum auf Intervention des Pächters und Wirt im Sportcenter, Uli Jung, nicht mehr gab. Radtka konnte zur neuen Saison auf Spieler bauen, die vom Potenzial her um den Aufstieg hätte mitspielen können, wären da nicht die abgezogenen 8 Punkte aus dem Lizenzentzug und Zwangsabstieg. Die Zweigleisigkeit der zweiten Liga war seit dieser Saison Geschichte, 20 Teams kämpften in der eingleisigen Liga nun gegeneinander. Mit breiter Brust ging der TSV in die Saison, gewann die ersten 5 Saisonspiele auch bei favorisierten Mannschaften und hatte vor dem Spitzenspiel gegen Essen bereits die 8 Punkte wettgemacht. Garant dafür war unter anderem der Neuzugang am Kreis und insbesondere in der Abwehr, Bastien Arnaud. Doch eben dieser verletzte sich vor dem Spiel gegen Essen und fiel rund 6 Monate aus. Essen teilte gut aus im Spitzenspiel, war auf das Dormagener Spiel gut eingestellt und gewann verdient 23:20. Bis zum 15. Spieltag ging es danach durchwachsen weiter: 6 Siegen standen 4 Niederlagen gegenüber. Am 09.11.2012 war die HSG Nordhorn-Lingen zu Gast beim TSV. Obwohl von der Paarung selbst nicht ganz so spannend, bleibt das Spiel vielen Dormagenern sicher noch lange im Gedächtnis, insbesondere wegen der letzten beiden Spielminuten. Dormagen startete schwach in das Spiel und lief ständig einem 3-4 Tore-Rückstand hinterher. Beim 20:23 in der 54. Minute durch den Ex-Dormagener Schagen schien der Sieger festzustehen. Doch der DHC kämpfte sich –wie so oft- zurück ins Spiel. Nach 57:37 hieß es plötzlich 23:23, die Halle stand noch einmal wie eine QWand hinter Ihrer Mannschaft. Doch dann griffen die Schiedsrichter Harald Schembs/Markus Weyell in das Spiel ein und sorgten dafür, dass es nicht sportlich entschieden wurde: Schembs/Weyell, in Dormagen eh nicht als gute Schiedsrichter bekannt, ließen über 2 Minuten Nordhorn im Angriff gewähren, zeigten kein Zeitspiel an, pfiffen Ballverluste wegen fadenscheiniger „Fouls“ zurück und auch Fuß- und Schrittfehler der völlig den Faden verlorenen Nordhorner wurden nicht geahndet. 19 Sekunden vor Schluss machte Nordhorn das 23:24, die Zeit lief weiter, der Mittelkreis wurde blockiert und der Anwurf verzögert. Am Ende verlor Dormagen zwar nicht unverdient über das Ganze Spiel gesehen, aber ein fader Beigeschmack blieb. Die Schiedsrichter verließen nach Schlusspfiff fluchtartig das Parkett. Mit der Heimniederlage gegen den Aufsteiger Leipzig Anfang Dezember begann für den DHC Rheinland der sportliche Abstieg: in den folgenden 12 Punktspielen verlor der TSV 11 mal! Trainer Radtkas Konzept wirkte mehr und mehr unflexibel, der Trainer selbst zunehmend ratlos. Nach den Weihnachtstagen platzte dann beim DHC die erste Bombe: der DHC Rheinland hatte zunächst den TSV Bayer Dormagen aus der DHC Rheinland GmbH herausgekauft, obwohl der Sportverein Lizenznehmer war, um anschließend zu verkünden, dass man mit der Insolventen HSG Düsseldorf in der kommenden Saison eine Spielgemeinschaft eingehen wolle: das Konstrukt sollte DDHC heißen und die Spiele abwechseln in Dormagen und Düsseldorf stattfinden. Der in Dormagen noch immer schlechter Erinnerung bleibende Frank Flatten sollte Geschäftsführer des Vereins werden, der den Bundesligaaufstieg anpeilte. Die Fans liefen Sturm: eine Spielgemeinschaft mit Düsseldorf ging gar nicht. Flatten ging gar nicht. Heimspiele in Düsseldorf gingen gar nicht. Nun hatte sich endlich auch die Dormagener Presse auf dieses theoretische Konstrukt gestürzt und zerrissen es in der Luft. Ständige Dementis und Richtigstellungen zuvor gemachter Aussagen wirkten nicht nur unprofessionell, sie kosteten auch den letzten Kredit bei dem größten Faustpfand, dass der TSV hatte: seine treuen Fans und Zuschauer. Auch der Wechsel von Michael Hegemann und Matthias Lenz von der auseinanderbrechenden HSG Düsseldorf nach Dormagen und der Deal mit Kyocera, die den Hallennamen zur kommenden Saison gekauft hatten, ließen Kritiker und Zweifler nicht mehr verstummen, zu viel Porzellan hatte Lieven in den letzten Monaten zerschlagen, zu viele Leute vor den Kopf gestoßen. Sportlich gab es die größte Demütigung für den DHC am 22. Spieltag: am 24. Februar kam der DHC nicht über ein 23:23 gegen das Rumpfteam des feststehenden Absteigers Düsseldorf hinweg. Der sportliche Tiefpunkt war erreicht. Der absolute Tiefpunkt in der Dormagener Handballgeschichte war das allerdings nicht, den gab es ein paar Tage danach, am 06.März 2012: ohne seine neuen Partner in Düsseldorf zu informieren, ohne Spieler zu informieren oder irgendjemanden ins Vertrauen zu ziehen oder zur Beratung Kontakt aufzunehmen, melde Geschäftsführer Heinz Lieven erneut Insolvenz an und setzte dem ganzen noch die Krone auf, indem er auch die Lizensierungsunterlagen für die kommende Saison zurückzog. Somit war dem DHC Rheinland jeglicher Handlungsspielraum unter dem Boden weggezogen worden, wirtschaftlich bankrott und als Absteiger in die 3. Liga feststehend war der DHC Rheinland in dem Moment Geschichte, denn in Liga 3 würde die Lizenz wieder an den TSV Bayer Dormagen gehen – und dieser hat keine Ambitionen mehr, in den Profihandball zurückzukehren. Grund für diesen Schritt waren offiziell die Anfeindungen in der Presse und den Internetforen, inoffiziell scheint jedoch die Beratungsresistenz des Geschäftsführers und ein falsch gestellter Lizensierungsantrag der Grund für den Rückzug zu sein. Von nun an bestimmten Insolvenzanträge und Vereinssuche das Geschehen bei den DHC-Spielern. Sportlich war damit erneut im März die Luft raus und diesesmal kamen auch die Zuschauer nicht wieder zurück. Die Halle wurde bis Saisonende leerer und leerer. Der Minusrekord in 29 Jahren wurde am 19.Mai gegen Bad Schwartau erreicht, als offiziell noch 392 Zuschauer das Spiel sehen wollten. Im Mai gab der TSV Bayer Dormagen bekannt, dass man sich dem „Abenteuer 3. Liga“ stellen wolle. Neuer Mann für das Marketing soll Spieler Tobias Plaz werden – wohl wissend, dass diese Kombination Spieler/Marketing am Höhenberg bereits zwei Mal schief gegangen ist. Was war noch in dieser Saison? Am 11.04. entschied ich mich –so meine Erinnerungen- erstmals in 29 Jahren bewusst dafür, nicht zu einem Handballheimspiel zu gehen. Dortmund gegen Bayern gaben mir mehr Reiz. Am 04.05. zum Lokalduell gegen Korschenbroich gab es erstmals kein Hallenheft mehr, das sollte bis zum Saisonende auch so bleiben. Der 37:33 Sieg sollte der letzte Sieg sein, den ich von einer Dormagener Profimannschaft zu sehen bekommen sollte. Am letzten Spieltag, dem 02.06.2012 wurde es noch ein letztes Mal richtig traurig und es war eigentlich ein passender Abgesang auf den DHC an sich und diese völlig verkorkste Saison: da Gegner Bietigheim einer Verlegung in den Mai nicht zugestimmt hatte und im Juni die Spieler keinen Versicherungsschutz mehr hatten, lief zum letzten Farewell nicht mehr der DHC auf, sondern eine Mischung aus Oberliga- und A-Jugendspielern des TSV Bayer Dormagen. Unter gütiger Mithilfe der sehr schwachen Schiedsrichter behielt die Profimannschaft der Gäste am Ende mit 32:27 die Oberhand. Wer auf eine Art „Verabschiedung“, Saisonausklang oder auch Informationen zur neuen Saison in der 3.Liga gewartet hatte, wurdfe einmal mehr von den Verantwortlichen des DHC / TSV Bayer enttäuscht. Es tat sich rein gar nichts. Noch nicht einmal die Spieler wurden verabschiedet. Die Miss- und Nullkommunikation, die in den letzten Jahren gepflegt und kultiviert wurde, hält bis heute an. Es gibt keine Wasserstandsmeldungen zum Etat, keine zur voraussichtlichen Mannschaft und erst recht keine zu Zielen und Visionen. Und so verschwindet der TSV (zunächst) in Liga 3, wie er vor 29 Jahren begonnen hatte: als Provinzverein mit amateurhaften Strukturen. Nach dem nun feststehenden dritten Zwangsabstieg ist das Kapitel Bundesligahandball (Erste und Zweite Bundesliga) offiziell erledigt. Dormagen verschwindet von der Bundesligalandkarte. Was bleibt ist Platz 16 von 88 in der ewigen Tabelle der Bundesliga mit 16 Spielzeiten, Platz 18 von 158 in der ewigen Tabelle der zweiten Bundesliga mit nur 12 Spielzeiten – und diese Erinnerungen. Mach´s gut, TSV. Danke für viele schöne Jahre und Momente in meinem Leben. Christian Wölm (Bayerwisser) c.woelm@t-online.de Juni 2012 Mein persönlicher Rückblick auf 29 Jahre Dormagener Handball. © 2012 –c.W. Seite 2 von 3